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TROTZ DES TERRORS MÜSSEN DIE VERHANDLUNGEN WEITERGEHENIm Streit um Symbole nachgeben

Terroranschläge haben den Friedensprozess im Nahen Osten seit langem begleitet – ebenso wie die Versuche des fanatischen rechten Lagers in Israel, schmerzhafte Zugeständnisse mit Gewalt zu verhindern. Deshalb muss Ministerpräsident Baraks augenblickliche Bereitschaft zu einer Fortsetzung der Friedenssuche besonders anerkannt werden. Ein Abbruch der gerade auf Hochtouren laufenden Friedensbemühungen zwischen Israelis und Palästinensern würde den Extremisten nur Recht geben und die Opfer an Leib und Seele im Nahen Osten nicht mindern. Davon zeugen drei Monate blutige Intifada-Unruhen mit 330 Toten und über 11.000 Verwundeten. Wenn die diplomatischen Kontakte zum Abschluss eines Friedensvertragsentwurfs jetzt abgebrochen würden, drohten der ganzen Region schlimme Unruhen, wenn nicht gar Krieg.

Beide Seiten sind sich mit amerikanischer Vermittlungshilfe so nah gekommen wie nie zuvor. Der israelische Ministerpräsident hat sogar derart weit reichende Zugeständnisse gemacht, dass selbst im Friedenslager Bedenken aufgekommen sind, ob sich dessen Vorstellungen überhaupt umsetzen ließen. Barak will die Neuwahl zum Posten des Ministerpräsidenten gegen den Herausforderer Ariel Scharon mit dem Entwurf für einen Friedensvertrag gewinnen, muss jedoch auch verständliche israelische Ängste und jüdische Traditionen in Betracht ziehen.

Die Amerikaner ihrerseits wissen nicht nur, welch komplizierte praktische Fragen sich an die Details der Vertragsformulierung knüpfen, sie kennen auch die Schwierigkeiten, die sowohl Barak wie Arafat mit ihrer kompromissfeindlichen Opposition haben. Präsident Clintons bat daher zwar beide Seiten um wegweisende Antworten, setzte ihnen aber klugerweise kein Ultimatum für eine Antwort. Die taktischen Reaktionen – prinzipiell positiv von Israel, kritisch fragend von Seiten der Palästinenser – haben jedenfalls alle Optionen offen gelassen.

Das zentrale Problem ist allerdings klar: Aus religiösen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gründen ist Ostjerusalem das Herz des zukünftigen Palästinenserstaates. Deshalb muss es seine Hauptstadt werden. Die jüdische Sehnsucht nach einer Heimstatt wurde schon durch die Gründung Israels befriedigt. Was ihm fehlt, ist internationale Anerkennung seiner Kapitale Westjerusalem und Frieden mit den palästinensischen Nachbarn. Es würde sich lohnen, im Streit um Symbole nachzugeben und damit nicht nur das Zusammenleben zu erleichtern, sondern auch die eigene Existenz in der Region zu sichern. ANNE PONGER

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