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„TA Luft“ nichts als heiße Luft

■ Ein Jahr nach Inkrafttreten der „Technischen Anleitung Luft“ sieht der BUND keine nennenswerten Erfolge in Sachen Verringerung der Luftverschmutzung durch die Industrie / Gewerbeaufsichtsämter heillos überlastet

Von Charlotte Wiedemann

Bonn (taz) - Die Verminderung des Schadstoffausstoßes von industriellen Altanlagen kommt nicht voran. Ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen „Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ zog der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gestern in Bonn eine negative Bilanz. Die „TA Luft“ genannte Vorschrift legt fest, in welchen Fristen die schlimmsten Dreckschleudern mit Reinigungstechnologien nachgerüstet werden müssen. Für die Umsetzung sind die Gewerbeaufsichtsämter der Länder verantwortlich. Bis zum März diesen Jahres hätten sie die technische Nachrüstung für die Betriebe anordnen müssen, die die Luft– Schadstoff–Grenzen um das Dreifache überschreiten. In den meisten Bundesländern ist dies aber nach einer Untersuchung des BUND bisher nur in zarten Ansätzen geschehen. Die Gewerbeaufsichtsämter seien schon allein aus personellen Gründen mit der Überprüfung der insgesamt 50.000 Altanlagen in der BRD völlig überlastet. So wurde aus Berlin ein Defizit von mindestens 60 Stellen bekannt. Da die „TA Luft“ nur eine Vorschrift, aber kein Gesetz ist, sind die luftverschmutzenden Betriebe angesichts dieser Lage fein raus: Sie verletzen zwar die Luftreinhaltungs–Bestimmungen, können aber solange nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wie die Aufsichtsämter ihnen nicht mit ei ner Anordnung auf den Pelz rücken. Zudem legten nach BUND– Angaben die Mehrzahl der bisher erfaßten Firmen Widerspruch gegen die Anordnungen der Aufsichtsämter ein, um die kostenträchtigen Umrüstungen im Betrieb möglichst lange hinauszuschieben. Dr. Wilfried Kühling vom BUND: „Unsere Skepsis hat sich bestätigt. Die TA Luft war ein fauler Kompromiß zwischen Politik und Wirtschaft.“ Bonn habe Umweltpolitik auf dem Rücken der Länder gemacht und den Behörden ein „stumpfes Instrument“ in die Hand gegeben. Der Umweltschutzverband fordert die Einrichtung von handlungsfähigen Umweltabteilungen bei den Gewerbeaufsichtsämtern, die generelle Befristung von Genehmigungen umweltverschmutzender Anlagen und die Einführung von betrieblichen Abgaben gemäß ihrer Luftverschmutzung.

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