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Syrische Redakteurin über Militäreinsatz„Jetzt ist unsere Angst noch größer“

Schaltet Assads Luftwaffe aus und helft den Flüchtlingen. Den Rest bekommen wir selbst hin. Das sagt eine Redakteurin der größten Oppositionszeitung in Syrien.

Assad besucht am 1. August Teile von Daraya, die von seinen Truppen zurückerobert wurden. Bild: reuters
Ines Kappert
Interview von Ines Kappert

“Enab Baladi“ (“Einheimische Trauben“) ist die größte Oppositionzeitung innerhalb Syriens. Die Zeitung erscheint wöchentlich, sowohl als Printausgabe – hauptsächlich in Daraya – als auch per PDF online, und wird teilweise ins Englische übersetzt. Jede Ausgabe umfasst zwischen 10 und 15 Seiten. Behandelt werden Themen wie die aktuelle (Sicherheits-)Lage in Daraya sowie in Syrien ingesamt, geopolitische Fragen und die internationalen Haltungen zu Syrien, Wirtschaftsthemen, aber auch Informationen zu Internetsicherheit: Wie entgehe ich einer Verhaftung? Seit 2013 erscheint eine wöchentliche Ausgabe speziell für Kinder.

taz: Wie ist heute die Lage bei Ihnen, im Südwesten von Damaskus?

Aasma* (Redakteurin): Genauso schlecht wie seit Monaten, da hat sich nichts groß verändert. Nur, dass wir jetzt auch noch große Angst vor dem bevorstehenden Militärschlag haben. Die meisten hier sind damit beschäftigt, Lebensmittel zu organisieren. Wir wissen ja nicht, wie die Situation in ein paar Tagen sein wird.

Sie lehnen den Militärschlag ab?

Wir fänden es gut, wenn das Assad-Regime ausgeschaltet würde. Das würde uns helfen. Aber wenn es bei der angekündigten „Bestrafung“ bleibt, dann bringt uns das nichts. Im Gegenteil: Assad wird seine Vergeltungsattacken ja nicht gegen die USA richten, sondern gegen uns. Das heißt, wir müssen damit rechnen, dass es noch schlimmer wird. Was immer das bedeuten mag.

Was würde Ihnen helfen?

Wenn Assads Luftwaffe getroffen würde.

Es gibt Stimmen, die fordern, dass die Nato oder wie immer das westliche Militärbündnis genau aussehen wird, nicht nur Assad bekämpfen müsste, sondern auch die vielen Al-Quaida-Leute, die inzwischen in Syrien kämpfen. Die wären ein mindestens so großes Problem wie das Regime.

Im Interview: 

Ja, aber man muss hier unterscheiden. Mit den Al-Quaida-Kämpfern müssen wir Syrer selbst fertig werden. Und wenn Assad uns nicht mehr von der Luft aus bombardieren kann, dann schaffen wir das auch.

Nicht dass die USA eine Entsendung erwägen würden, aber auch Sie lehnen Bodentruppen ab?

Absolut. Die Revolution ist eine Angelegenheit der Syrer. Wir wollen keine ausländischen Bodentruppen, auf keinen Fall. Die Amerikaner sind hier nicht willkommen.

Ist das jetzt Ihre Meinung beziehungsweise die der jungen AktivistInnen oder denken viele Leute so?

Die meisten hier wollen keine Amerikaner im Land haben. Aber wissen Sie, das Problem ist doch, dass das, was wir wollen oder brauchen, für den Westen überhaupt keine Rolle spielt. Deshalb sind wir ja jetzt auch so skeptisch. Wenn der Westen uns wirklich helfen wollte, dann könnte er zumindest die Sicherheit und Versorgung der Flüchtlinge garantieren. Aber noch nicht einmal das tut er.

Inzwischen sollen zwischen sechs und sieben Millionen Syrer auf der Flucht sein.

Ja, und auch im Moment versuchen wieder viele, das Land zu verlassen, bevor die USA angreifen.

Sie aber bleiben?

Ja, wir bleiben.

Können Sie Ihre Zeitungsarbeit unter den gegenwärtigen Bedingungen überhaupt noch aufrecht erhalten?

Schon. Als wir 2012 Enab Baladi gegründet haben, mussten wir noch im Untergrund arbeiten, da die oppositionelle Presse in Syrien massiv verfolgt wird. Mittlerweile hat die Opposition Teile von Daraya erobert, andere stehen unter der Kontrolle des Regimes. Die Lage ist also kompliziert. Wir publizieren vor allem online. Unsere Facebookseite hat mittlerweile mehr als 26.000 Follower. Trotzdem versuchen wir, ein Mal pro Woche auch eine Printzeitung herauszugeben, die wir dann umsonst verteilen. Auflage 900 Stück. Aber im Moment gelingt uns das nicht jede Woche.

Das Redaktionsteam setzt sich aus StudentInnen zusammen?

Die meisten ja. Wir sind zwischen 20 und 35 Jahre alt, Männer und Frauen gemischt.

Wie finanzieren Sie sich?

Wir arbeiten alle ohne Bezahlung, die Autoren genauso wie die Redakteure. Aber wir werden von Leuten vor Ort unterstützt.

* Aus Sicherheitsgründen wurde der Name geändert.

Anmerkung der Redaktion: Der Kontakt kam mithilfe von Adopt a Revolution zustande. Der Verein sammelt Spenden, um in Syren zivilgesellschaftliche Organisationen zu unterstützen, darunter auch den Aufbau von „Enab Baladi“.

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17 Kommentare

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  • G
    Gerry

    Ahje, ist das die gleiche Rebellen-Redaktion die vor einigen Tagen in einer TV Doku gezeigt worden ist? Da hieß es "Die Rebellen haben uns gesagt, wenn wir sie kritisieren töten sie uns"... Es ist nicht leicht dort noch Journalismus zu betreiben.

  • Zumindest sagt die Redakteurin was viele auch hier gut verstehen:

    Die Amerikaner sind hier nicht willkommen.

     

    *Zustimmung*

    • G
      gast
      @Johannes Kühn:

      mhm, so ist es wohl mit der "kritischen deutschen öffentlichkeit". da kann eine position noch so differenziert sein, bei euch bleibt immer nur hängen: "amis... blubb... böse... blubb... raus..."

  • KS
    Kritische Stimme

    Die Redakeurin vergisst eines.

    Es wird viel schlimmer wie Irak weil Syrien besitzt echte chemische Waffen im Gegenteil zu Irak.Auch wird jede Attacke vom Westen wirklich den Einsatz von chemischen Waffen ausloesen.Egal ob Bombardierungen,einmarschierende Truppen oder geheime Operationen,Assad hat dann nichts mehr zu verlieren und wird diese Waffen voll einsetzen.Zugleicher Zeit verstehen viele Regimes in der Welt dass man sich schnellstens chemische Waffen beschaffen muss,will man ueberleben

  • P
    Pizzafahrer

    ROFL!

    Da wird ein kostenloser "Call an air-raid" Lieferservice gefordert, aber gleichzeitig haben sich gefälligst alle aus den innersyrischen Streitigkeiten herauszuhalten.

    Um einmal Wilhelm II zu zitieren:

    "Sollen sie ihren Dreck doch alleine machen!"

    • GS
      Günter Scholmanns
      @Pizzafahrer:

      Ohne Wilhelm II. wurde der Dreck dann auch weniger.Ist doch auch gut.

  • B
    bonker

    Nietzsche sagte einmal: "Die es gut meinen, sind die Schlimmsten!" und die USA meinen es wirklich gut.

  • I
    IKL

    Warum wird in diesem Artikel mal ja, mal nicht Gender Mainstreaming mit Binnen-I betrieben?

  • D
    Dodi

    Ist es richtig, dass die Jabhat-als-Nusra Rebellen sämtliche Christen bzw. die dort ebenfalls zahlreich siedelnden Schiiten aus Darayya vertrieben haben?

    Wenn ja, welche Position vertritt die "syrische Redakteurin Aasma" zu diesen Geschehnissen?

  • M
    mensch

    was ist eigentlich los bei der taz? euch ist schon klar das die sogenannte opposition da unten zu einem großteil aus radikalen islamisten besteht. euch ist ebenfalls klar das es auf diversen internetquellen aus der ganzen welt foto- und videomaterial gibt, welches zeigt wie rebellen chemiewaffen abfeuern. aber das wird alles sauber ignoriert. es ist unfassbar das hier in europa allermedial eine radikale bewegung, durchsetzt von terorristischen elementen unterstützt und hofiert wird. wacht endlich mal auf! hat keiner aus dem irak, afghanistan, lybien und ägypten gelernt? ihr mögt euch in einer hippie, die welt braucht frieden und diktatur ist schlecht trance befinden, allerdings verschließt ihr euch hierbei vor der wahrheit. nämlich das auf jede vom sog. "westen" gestürtzte diktatur radikale islamisten gefolgt sind. merkt ihr nicht wie jede einmischung weitere radikale elemente fördert, welche die sharia einfüren wollen und einen dreck auf frieden, demokratie und rechtstaatlichkeit geben? es ist unfassbar!

    • M
      Mensch
      @mensch:

      So ein quatsch! Sprich doch mal mit den Menschen, die sich in Syrien engagiert hatten und jetzt hierher fliehen mussten. Die werden Dir sicherlich nicht den Koran runterbeten, sondern erklären, wie sie unter der brutalen Diktatur gelitten haben.

    • @mensch:

      Gut auf den Punkt gebracht.

  • GS
    Günter Scholmanns

    Wäre ja nett, wenn Ines Kappert auch mal einfache syrische Regierungssoldaten nach ihren Mentalitäten befragen würde. Das wäre doch mal ein Beispiel für eine redliche journalistische Glaubwürdigkeitsabsicht.

    • E
      Einer
      @Günter Scholmanns:

      Klar, da findet sich bestimmt einer, der so richtig frei von der Seele spricht …

       

      Also wenn "die andere Seite" zu Wort kommen soll, ist es bestimmt kein einfacher Soldat.

      • GS
        Günter Scholmanns
        @Einer:

        Etwas mehr Begründung Ihrer hier gemachten Andeutungsversuche würden hier, die von den meisten ernsthaft geführten Debatte, vielleicht substanziell weiter voran treiben können. Ich habe im Übrigen nichts gegen Ihre Meinung, welche hier von Ihnen mglw. angesprochen wird.

    • @Günter Scholmanns:

      Ich glaube sie übertreiben das hier ein wenig mit der Demokratie. Demokratie bedeutet nicht, das jeder einzelne bei Entscheidungen berücksichtigt wird, sondern das eine Mehrheit für oder gegen etwas stimmt. Der Regierungssoldat ist mit der Regierung sonst soll er desertieren,auch wenn das andere Gefahren birgt. Ihre Vorstellung klingen nach linken Parolen nicht nach Realität.

      • GS
        Günter Scholmanns
        @DerDemokrator:

        Merkwürdig, wenn unter dem selbstvergebenen Bühnennamen "DERDEMOKRATOR" von Übertreibung der Demokratie gesprochen werden kann. Klingt wie ein "Terminator", der eigentlich eine ihm auf die Nerven gehende, unliebsame Demokratie zerstören will. Überall "linke Parolen" beklagen zu wollen, erinnert sehr verdächtig an die Zeiten, als die Demokratie in Deutschland aufgegeben wurde.