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Syrische OppositionOffene Debatte im Hotel

Unter den Augen des Regimes: Erstmals seit Jahrzehnten findet in Damaskus ein großes Treffen politischer Dissidenten statt. Andere sehen darin eine Instrumentalisierung.

Die Oppositionellen Munther Khaddam, Hanan Laham and Shawki Baghdadu bei der Diskussionsleitung. Bild: reuters

Es war nicht nur das erste Treffen dieser Art seit Beginn des Aufstands gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad im März. Eine derartige Zusammenkunft hat es in Syrien in den fast fünf Jahrzehnten nicht gegeben, in denen die Baath-Partei das politische Leben kontrolliert.

Unter dem Druck des Aufstands ließ das Regime am Montag erstmals in einem Hotel in Damaskus eine Zusammenkunft von über hundert seiner Kritiker zu, unter ihnen der prominente Demokratieaktivist Michel Kilo, der unter Baschar al-Assad drei Jahre im Gefängnis saß. Auch bekannte Dissidenten wie der Journalist Loay Hussein, der erst vor einer Woche aus dem Gefängnis entlassen wurde, und Abdel Karim Rihawi, der Chef der syrischen Liga für Menschenrechte, waren anwesend.

Schon der Beginn der Versammlung war spektakulär, als die Teilnehmer nach dem Singen der Nationalhymne eine Schweigeminute für die Opfer des Aufstands einlegten. In einer gemeinsamen Erklärung unterstrichen sie ihre Unterstützung "für den Aufstand für Freiheit und Pluralismus, durch den mit friedlichen Mitteln eine demokratischer Staat errichtet werden soll".

Die Regierung wird aufgerufen, die brutale Niederschlagung der Proteste sofort zu beenden und die Armee aus allen Städten abzuziehen. Gefordert wurde auch die Gründung eines unabhängigen Komitees, das die Tötung von Zivilisten und Militärpersonal untersuchen soll. Außerdem wandte sich die Versammlung gegen jede Diskriminierung "auf konfessioneller oder ethnischer Basis".

"Das Regime muss gestürzt werden"

Teilnehmer Kilo sprach deutliche Worte. "Das Regime muss gestürzt und von einem demokratischen System ersetzt werden", lautete seine Forderung. "Wir haben miteinander gesprochen, um einen Weg aus der Krise zu finden", erklärte Rihawi etwas vorsichtiger, betonte aber auch, dass die Konferenz kein Ersatz für die Proteste sei.

Denn die Teilnehmer machten eine Gratwanderung. Einerseits stellte die Zusammenkunft eine einmalige Gelegenheit dar, sich zu treffen, eine gemeinsame Position zu finden und zu veröffentlichen. Aber den Beteiligten wird von anderen Teilen der Opposition vorgeworfen, sich vom Regime vereinnahmen zu lassen, während im ganzen Land Massenverhaftungen stattfinden und Menschen von den Sicherheitskräften getötet werden.

Der Dissident Aref Dalila zog seine Teilnahme in letzter Minute zurück, weil er befürchtete, dass das Regime die Versammlung in ihrem Sinne manipuliert. Ebenfalls nicht erschienen waren Mitglieder der sogenannten Koordinationskomitees, die die Proteste im ganzen Land im Hintergrund organisiert hatten. Abwesend war auch die Opposition aus dem Exil, allen voran die Muslimbruderschaft. Letztere hatte sich eine Woche zuvor im türkischen Antalya getroffen.

So hat das Regime mit dem Zulassen des Treffens in Damaskus vermutlich auch das Ziel erreicht, die Opposition zu spalten. Die Regierung nutze die Veranstaltung denn auch, um sie als Teil der versprochenen Reformen zu vereinnahmen und kündigte an, dass der nationale Dialog, den Assad bei seiner Rede vergangene Woche versprochen hatte, am 10. Juli beginnen soll. Assad fährt nun eine Doppelstrategie: Er sendet seine Truppen aus, um die Aufstände in verschiedenen Teilen des Landes brutal niederzuschlagen, wobei nach Angeben von Menschenrechtsgruppen mindestens 1.300 Zivilisten ums Leben gekommen und 10.000 verhaftet worden sind - und er bitte zum Gespräch.

Viele Dissidenten blieben skeptisch

Auf der Tagesordnung des von ihm angebotenen Dialogs soll ein Ende des politischen Führungsanspruch der regierenden Baath-Partei stehen, der bisher in Artikel 8 der syrischen Verfassung festgeschrieben ist, wie die offizielle syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete. "Es gibt keine Alternative, als die Tür gegenüber allen Syrern weit zu öffnen, damit sie am Aufbau einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft teilnehmen können, die ihre Wünsche erfüllt", heißt es dort weiter.

Viele Dissidenten bleiben aber skeptisch gegenüber solchen Tönen und fürchten, dass diese nur einen weiteren Versuch des bedrängten Regimes darstellen, Zeit zu gewinnen. "Kritiker des Regimes werden an einem solchen Dialog nur teilnehmen, wenn die Regierung friedliche Demonstrationen zu- und politische Gefangene freilässt", erklärte der Anwalt Walid al-Bunni.

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