Syrien-Diskussion in Deutschland: Parteiübergreifende Ablehnung
Grüne und Linke fürchten, Deutschland werde sich seinen Partnern beugen. Dabei lehnt die Bundesregierung einen Militäreinsatz in Syrien ab.
BERLIN taz | Fragte man deutsche Politiker in den letzten Tagen nach ihrer Meinung zu einem militärischen Eingreifen in Syrien, dann stieß man parteiübergreifend auf Ablehnung.
„Ich sehe ein militärisches Eingreifen sehr kritisch“, sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, noch am Montag der taz. „Jeder, der dafür ist, sollte sagen, was danach kommen soll und wie dauerhaft für Frieden gesorgt werden kann“.
Doch der mutmaßliche Giftgasangriff in einem Vorort von Damaskus von letzter Woche bringt Deutschland unter Druck. Außenminister Westerwelle hat deshalb seine Wortwahl verändert. Noch immer ruft er zu „Besonnenheit“ auf und warnt vor einem drohenden „Flächenbrand“ in der Region.
Der Einsatz von Giftgas aber müsse Konsequenzen haben, sagte er am Montag auf der Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt. Es sei „überfällig“, dass UN-Inspekteure Zugang zu den fraglichen Gebieten erhielten. „Aber das Regime hat sich damit sehr viel Zeit gelassen“, kritisierte er.
Ähnlich äußerte sich Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Der Einsatz von Giftgas sei ein „Tabubruch“, der geahndet werden müsse – und es gebe „keine Anhaltspunkte“ für die Unschuld des syrischen Diktators Baschar al-Assad, so Seibert. Alle weiteren Schritte würden mit den europäischen Partnern abgesprochen.
Ströbele will abwarten
Der Grüne Hans-Christian Ströbele ist deshalb alarmiert. „Ich bin absolut dagegen, dass man an der UN vorbei einen Angriffskrieg beginnt“, sagte Ströbele der taz. „Aber ich fürchte, da ist – wie beim Kosovo und bei Afghanistan – ein Mechanismus in Gang gekommen, der gar nicht mehr zu stoppen ist.“ Die Giftgasvorwürfe gegen Assad müssten genau geprüft werden.
„Ich bin sehr misstrauisch“, so Ströbele. „Es gibt in Teilen des Widerstands gegen Assad sehr skrupellose Gruppen, die möglicherweise eine Intervention des Westens herbeiprovozieren wollen.“ Darum sei es nötig, das Ergebnis einer möglichst unabhängigen Untersuchung durch die UNO abzuwarten.
Gregor Gysi, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, findet, die Bundesregierung müsse sich klar gegen die Forderungen aus Paris, London und Washington stellen. „Ein militärischer Angriff wäre eine Katastrophe – so wie in Afghanistan und dem Irak“, sagte Gysi der taz. Merkel und Westerwelle „müssten den Mut haben, zu widersprechen, falls es einen Angriff der Nato geben sollte“.
Deutschland sei in so einem Fall auch militärisch direkt am Krieg beteiligt, warnt Gysi. „Wenn die Türkei bei dem Einsatz mitmacht und es keinen Beschluss des Sicherheitsrates gibt, dann darf sich Syrien völkerrechtlich gesehen gegen den Angriff aus der Türkei wehren. Und dann sind wir mit unseren dort stationierten Patriots als Kriegspartei beteiligt“, so Gysi.
Deutschland dürfe „auf keinen Fall in einen Krieg im Nahen Osten hereingezogen werden“. Die Verantwortlichen für den Giftgaseinsatz müssten sich vielmehr „in Den Haag vor dem Internationalen Gerichtshof verantworten“, so Gysi.
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