Synthetische Opioide in Deutschland: Aidshilfe weist Fentanyl nach
Ein Projekt der Deutschen Aidshilfe fordert Vorsorge, denn: Es konnte synthetische Opioide in Heroin nachweisen. Drei Städte sind besonders betroffen.
Das Bundesmodell-Projekt RaFT (Rapid Fentanyl Tests in Drogenkonsumräumen) der Deutschen Aidshilfe testete im letzten Jahr 3,6 Prozent von 1.401 Heroin-Proben positiv auf synthetische Opioide. Die Stärke der Beimengung ginge daraus jedoch nicht hervor, wie RaFT gegenüber der taz sagt. Kleinste Verunreinigungen genügten, damit der Test anschlägt.
Das Projekt RaFT dokumentierte Fälle in verschiedenen Städten: besonders Hamburg, aber auch Düsseldorf und Münster seien betroffen. Einige wenige positive Tests gab es in Berlin, Frankfurt, Hannover und Wuppertal.
Bundesweit boten 17 Drogenkonsumräume an, im Rahmen des RaFT-Projekts die Drogen der Besucher_innen auf Fentanyl und andere synthetische Opioide zu testen. Diese Opioide sind leicht zu produzieren und zudem billig.
Nachdem die Taliban in Afghanistan 2022 den Mohnanbau eingeschränkt hatte und damit langfristig für einen Heroin-Engpass sorgt, war die Sorge groß, dass Fentanyl in Europa Einzug halten würde. Denn das Opium, das aus Schlafmohn gewonnen wird, wird für die Herstellung von Heroin benötigt und macht einen Großteil des europäischen Heroinmarktes aus.
Nun braucht es Maßnahmen
RaFT konnte Fentanyl – wenn auch in noch geringem Maße – in Europa tatsächlich nachweisen. Was die Droge so gefährlich macht, ist ihre Potenz. Denn synthetische Opioide können in der Wirkung 50 bis 100 mal so stark wie Heroin sein. Auch das Risiko, an einer Überdosis zu sterben, ist groß: Während bei Heroin 200 Milligramm tödlich wirken, sind es bei Fentanyl schon 2 Milligramm.
Der Vorstand der Deutschen Aidshilfe, Winfried Holz, warnt nun: „Synthetische Opioide sind in Deutschland angekommen. Es ist nun höchste Wachsamkeit geboten.“ Das Projekt fordert von Bundesländern und Kommunen, Notfallmedikamente für Überdosen leichter zugänglich zu machen, in Konsumräume zu investieren, Betroffene aufzuklären und weiterhin Schnelltests anzubieten.
Sollte nicht vorgesorgt werden, könnte es schwerwiegende Konsequenzen geben. Winfried Holz sagt darüber: „Internationale Erfahrungen zeigen: Viele Menschen könnten so ihr Leben verlieren.“ Denn in einigen Ländern wie Kanada und den USA, die ohnehin schon von einer massiven Opioidkrise betroffen sind, sterben immer mehr Menschen an Fentanyl. Von 107.000 Opioid-Toten in den USA im Jahr 2022 starben etwa 70.000 Menschen an den Folgen von Fentanyl.
Solche Zustände sind in Deutschland nicht zu erwarten. Deutschland liegt mit einer Positiv-Quote von 3,6 Prozent noch in einem relativ milden Bereich, doch darf nicht unterschätzt werden, wie sich die Heroin-Engpässe auf Europa auswirken könnten. Damit es nicht zu Zuständen wie in anderen Ländern kommt, müsse „ die Drogenpolitik dringend Voraussetzungen für angepasste Hilfsangebote schaffen“, sagt Holz.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss