Symposium zur Filmfinanzierung: Der virtuelle Klingelbeutel

Das Symposium "Die Farbe des Geldes" in Köln stellte alternative Finanzierungskonzepte vor. Doch das Einwerben von Geld über die Onlinegemeinde funktioniert nur begrenzt.

Neues Finanzierungsmodell: Sponsoring mit dem Klingelbeutel der interessierten Onlinegemeinde. Bild: dpa

Ganz neu ist die Idee nicht: Eigentlich sind ja auch die Großkollekten für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche und des Berliner Schlosses nichts anderes als Crowdfunding-Unternehmungen.

Ja, es sieht fast so aus, als hätte der Regisseur Carl Fechner sich ausgerechnet von der Schloss-Kampagne die Bausteinmetapher für die Sammelaktion ausgeliehen, die seinem Energiewendefilm "The Fourth Revolution" doch noch eine finanzielle Basis gab, nachdem er von öffentlichen Förderstellen abgewiesen worden war.

Auf einem mit "Die Farbe des Geldes" betitelten Symposium des Filmbüros NRW am Wochenende in Köln bekannte der Regisseur freimütig, den Begriff "Crowdfunding" vor der Tagungseinladung noch nie gehört zu haben, auch wenn er deren Praxis regelgetreu betrieben hatte.

Kann gut sein: Denn der Begriff ist erst seit etwa vier Jahren unterwegs, mit exponentiell wachsender Tendenz. Während Fechner als langjähriger Friedensaktivist aus einer handfesten Bewegungsvernetzung agierte, handeln die meisten aktuellen Projekte auf Web-Basis wesentlich virtuell. Das Prinzip ist das Gleiche: soziale oder kulturelle Projekte statt durch Bankkredite oder Fördergelder mit dem Klingelbeutel der interessierten Onlinegemeinde zu sponsern. Wie in der Kirche werden die Unterstützer eher symbolisch als materiell belohnt.

Auch im Filmbereich weckt das Konzept Hoffnung: Schließlich streben in Deutschland jedes Jahr tausende junger Filmemacher neu auf den engen Markt. Selbst gestandene Regisseure, das war in Köln zu hören, haben immer weniger Lust, sich in langwierigen Abstimmungsverfahren mit Redaktionen oder Fördergremien rumzuschlagen. Warum also nicht, statt die zigste Quotendebatte zu führen, selbst das Publikum animieren, für genau die Filme zu zahlen, die es sehen will?

Vier solcher Filmprojekte und die französische Internet-Plattform Touscoprod.com wurden in Köln vorgestellt. Realisiert ist davon eben "The Fourth Revolution" und Franny Armstrongs "The Age of Stupid", ebenfalls ein Bewegungsfilm mit ähnlicher Thematik. Auch mit ihren gezielten Medienkampagnen liegen beide Projekte nah beieinander. Hauptmotiv für die unterstützergenerierte Finanzierung war in beiden Fällen, völlige Unabhängigkeit in Herstellung und Distribution zu sichern. Notwendige Bedingung wie Aktivposten ist dabei die frühe und leidenschaftliche Bindung an ein engagiertes Publikum, das so selbst zum Teil der Vermarktungsstrategie wird - und zum erhofften politischen Akteur.

Etwas anders liegt die Sache bei einem Projekt wie Jan Georg Schüttes Spielfilm "Leg ihn um!", in dessen Gesamtbudget von 500.000 Euro zu etwa drei Vierteln Crowdfunding-Gelder fließen sollen. Schütte sieht die soziale Finanzierung als Karrierestrategie für Darsteller und Macher, statt sozialem Gestaltungswillen sollen Hipness-Faktor und Community-Feeling zum Geldgeben motivieren. Für die von 25 bis 10.000 Euro gestaffelten Supporter-Kategorien gibt es wie üblich neben der Erwähnung im Abspann Urkunden, Filmposter, DVDs, T-Shirts und als Highlight Rohschnitt-Sichtungen mit dem Regisseur.

An seiner Seite hat Schütte professionelle Marketingstrategen, die gelernt haben, Hypes zu erzeugen, ohne das Interesse zu verbrennen, ein Hauptproblem im Crowdfunding-Geschäft. Erleichtert wird das hier durch die Tatsache, dass der Plot so schlicht ist, das er sich gut im Smalltalk eines Sektempfangs pitchen lässt. Auch der Auftritt auf der Kölner Tagung ist Teil der Marketingstrategie. Denn "Leg ihn um!" steht noch ganz am Anfang der erhofften Karriere.

Ein Blick auf die im September eröffnete deutsche Plattform startnext.de fällt ernüchternd aus: Von drei dort eingestellten - zugegebenermaßen nicht gerade erhebenden - Filmprojekten ist bisher keines über 1 Prozent der erhofften Fördersumme hinausgekommen. Sechs Jahre hat auch Produzentin Lizzie Gillet gebraucht, um das Millionen-Budget für "The Age of Stupid" zu akkumulieren - das geht selbst bei Arte schneller.

So schön es wäre: Bei einzelnen politisch brisanten Themen oder Special-Interest-Stoffen kann das Modell der Fan-Finanzierung durchaus Sinn machen. Als auch nur halbwegs zuverlässige Quelle zur Budgetierung ästhetisch eigensinniger Filme scheint es derzeit keine praktikable Alternative.

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