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■ Sven-Olaf Hansen zur KenntnisNackt bis aufs Pflaster

„Autsch!“ sagte ich und bleckte die Zähne: Da hatte ich mir doch tatsächlich in den Finger geschnitten. Doch auf der Suche nach einer adäquaten Wundversorgung mischte sich plötzlich ein Lächeln in die schmerzverzerrten Mundwinkel: Diesmal nicht. Nein, diesmal würde ich wegen dieser kleineren Wunde vielleicht nicht tagelang ungeduscht und ausgebuht die Öffentlichkeit meiden müssen, bis wieder Schorf über die Sache gewachsen wäre.

Liebe Redakteurin, lieber Redakteur, war es nämlich bereits im Frühjahr 1997 in die Wahrheit-Redaktion geflattert, haben Sie schon einmal auf die tägliche Dusche oder auf das Händewaschen verzichten müssen, weil Sie verletzt waren? Ein gewisser Sven-Olaf Hansen fragte das mit freundlichen Grüßen von Beiersdorf medical. Und die beigefügte Broschüre gab sich alle Mühe, das in Herrn Hansens Anschreiben mit leichter Hand skizzierte Horrorszenario zu vertiefen: Hamburg, im Februar 1997. Morgens unter der Dusche, das Wasser spritzt. Das erfrischende Naß rinnt über die Haut. Schwierig nur, wenn eine kleinere Wunde nicht naß werden darf. Auf die tägliche Pflege braucht jetzt nicht mehr verzichtet zu werden. Denn dank neuer Pflastertechnik wird Baden oder Duschen selbst mit Verletzungen möglich, ohne daß Wasser an die Wunde gelangt. Ans Ende der naturalistischen Produktinformationsprosa hatte Sven-Olaf Hansen mit dem Hinweis: Bitte testen Sie, ein Muster angeheftet.

Fast zwei Jahre lang hatte das kleine Musterpflaster mit dem schönen Namen „Hansaplast Aqua Protect“ seitdem in der heimischen Medizinschublade gelegen und war zwischen Aspirin, Heilpflanzenöl, Heuschnupfentabletten und meiner US-amerikanischen Do-it-yourself-Zahnfüllung („You can eat on it®“) dem Vergessen entgegengedämmert, bis mir – „Autsch!“ – nun der Zufall Unfall zur Hilfe und jenes jüngste Kind in einer Reihe weiterer Innovationen auf dem Sektor der Wundversorgung wieder in die Finger kam.

Doch schon beim Versuch, das Testpflaster mit seiner hauchdünnen und durchsichtigen Folie aus Polyurethan vorschriftsmäßig fest und faltenfrei um die verletzte Fingerkuppe zu wickeln, kommen mir Zweifel, ob es denn diesmal mit dem sorgenfreien Duschen klappen könnte. (Vermutlich hätte ich mir — in Anbetracht der von Hansen und Hansaplast vorgeschlagenen Verletzungsexempel (Knöchel, Handrücken, Schulterblatt) — für den spontanen Pflastertest besser die Pulsadern aufgechlitzt.)

Aber so schnell wollte ich nicht aufgeben und Sven-Olaf Hansen enttäuschen. Immerhin wand sich das Polyurethan tatsächlich irgendwie hauchdünn und durchsichtig um meinen Finger, als ich die Duschwanne bestieg – auch wenn sich das Wasser, kaum daß der Hahn aufgedreht war und ich nackt bis aufs Pflaster dastand, durch die kleinen, unsachgemäßen Fältchen kapillarisch in die Wundauflage saugte. Und vielleicht würde sich das kleine Wunder, das da in Hamburg im Februar 1997 und morgens unter der Dusche geschehen sein sollte, ja dennoch wiederholen lassen.

Und tatsächlich ließ sich die Sache auch in Berlin im November 1998 gut an: Das Wasser spritzte. Das erfrischende Naß rann über die Haut. Und auf die tägliche Pflege braucht jetzt nicht mehr verzichtet zu werden! Das hat Sven- Olaf Hansens Aqua Protect ja sauber hingekriegt: Auch mit kleineren Wunden ist Duschen nichts Unmögliches mehr – wenn natürlich die letzte Tetanusimpfung nicht allzu lang zurückliegen sollte. Christoph Schultheis

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