Sven-Michael Veit über das Schicksal norddeutscher Häfen: Gemeinsam überleben
Die Zukunft des europäischen Warenhandels liegt in Afrika. Im marokkanischen Hafen Tanger an der Straße von Gibraltar könnte mittelfristig die Drehscheibe für den Güterumschlag zwischen Europa und Ostasien entstehen. Und das würde nicht ohne bittere Folgen für die norddeutschen Häfen sein. Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steueraufkommen wären in Gefahr.
Für Hamburg und Bremerhaven, die beiden größten Häfen Deutschlands und in Europa die Nummern 3 und 4 hinter Rotterdam und Antwerpen, würde das den Abstieg zum Regionalhafen bedeuten. Das wird eine Entwicklung sein, die auch mit den geplanten Ausbaggerungen von Unterelbe und Außenweser nicht gestoppt werden kann, höchstens verlangsamt. Die mindestens eine Milliarde Euro für die Buddelei in den beiden Hafenzufahrten wäre rausgeschmissenes Geld.
Die jahrelange Fusionswelle unter den weltweiten Reedereien hat Fahrtrouten geändert und zu immer größeren Schiffen geführt. Binnen 20 Jahren hat sich die durchschnittliche Tragfähigkeit der Containerschiffe fast verdreifacht, aktuell sind 30 neue Frachter mit Kapazitäten von 23.000 TEU bestellt, über 25.000er wird bereits ernsthaft nachgedacht. Flusshäfen wie Hamburg und Bremerhaven werden kurzfristig die Grenzen des Machbaren erreichen – ein Schicksal, das zum Beispiel London schon vor langer Zeit ereilte.
Deshalb werden sich Warenströme neu verteilen und neue logistische Zentren werden sich etablieren. Der Westausgang des Mittelmeers ist geostrategisch prädestiniert als globales Drehkreuz zwischen Europa, Ostasien, Amerika und Südafrika. Dort liegt der Schnittpunkt, und Kaufleute, die immer zuerst ans Geld denken, werden sich diesen Vorteil sichern.
Und deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass Bremen und vor allem Hamburg die Kleinstaaterei beenden und die Hafenkooperation mit Wilhelmshaven suchen. Überleben kann man gemeinsam, untergehen aber auch alleine.
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