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Susanne Messmer schwimmt davonHöher die Wellen nie schlugen

Leider leben wir ja selbst in Zeiten des Klimawandels eher in einer Stadt mit gemäßigter Wetterlage. Im Winter fällt eher selten so viel Schnee, dass es zum Rodeln reicht – im Sommer ist es eher selten so heiß, dass man wirklich unbedingt in einen der zahlreichen Seen springen muss. Und wenn es regnet, dann tagein, tagaus und in langweiligen Bindfäden.

Umso größer die Freude, wenn das Wetter nicht nur in Bayern oder im Schwabenland, sondern endlich auch mal in Berlin über die Stränge schlägt. Viele Berliner weilten am Mittwoch gegen 15 Uhr noch in diversen Büroräumen, dafür liefen für sie erste Nachrichten ein: „Der Himmel wird immer schwärzer!“ Und: „Hoffentlich schaff ich’s noch nach Hause.“ Dann der Wolkenbruch, ein Spektakel, die Welt vorm Fenster sieht aus wie ein Wasserfall von innen. Die nächsten Nachrichten: „Wir sind gefangen im Auto!“ Und: „Die Straße ist ein See! Das Wasser steht einen halben Meter hoch!“

Dieses Wasser, das wie aus Wannen ab 15.50 Uhr runterkam, war „ein Starkregen, wie er in Berlin nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommt“, so Stefan Natz, Pressesprecher der Wasserbetriebe. „Das war einfach zu heavy“, fügt er an. Die Kanalisation war überfordert, die Gullys platzten regelrecht auf, Keller liefen voll, Straßen und Autobahnstrecken wurden gesperrt, Busse umgeleitet. Die Feuerwehr rief um 16.02 Uhr den Ausnahmezustand aus, um 22.00 Uhr wurde er wieder beendet. In dieser Zeit rückten rund 1.000 Kräfte zu 357 wetterbedingten Einsätzen aus.

Im nassesten Stadtteil, in Prenzlauer Berg, kam so viel runter wie sonst nur in einem Monat: 46 Liter pro Quadratmeter in 150 Minuten. So bot sich hier auch das fotogenste Bild, und zwar im Gleimtunnel zwischen Prenzlauer Berg und Wedding (Foto): Hier schoben die Wassermassen etwa 40 parkende Autos ineinander.

Die Unwetterfront war von Südwesten her über die Stadt gezogen – relativ langsam, sodass die Wettervorhersage noch lang recht harmlos ausfiel. Dann aber konnte lokal sehr viel Regen zusammenkommen. An einigen Stellen hagelte es auch, Metereologen zählten mehr als 1.000 Blitze über der Stadt.

Und so schnell, wie der Regen begonnen hatte, so schnell war er wieder vorbei. Gegen 18 Uhr deuten in Prenzlauer Berg nur noch vereinzelte Pfützen darauf hin, was hier vor Kurzem noch los gewesen war. Nur die Augen der Kinder, die leuchteten noch immer.

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