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Susanne Messmer schlägt sich auf Seitenstraßen quer durch die StadtWie schön es ist, nach Hause zu kommen

Wie üblich treten wir die Rückreise aus der westdeutschen Provinz nach Berlin viel zu spät an – es mussten, da Ostermontag, noch Brötchen gebacken und Schokoladeneier gesucht werden. Also ist es schon später Nachmittag, als wir uns der Heimatstadt nähern und der Navi diverse Staus auf der Avus anzeigt. Wild entschlossen lassen wir die Autobahn links liegen. Wir wollen uns quer durch die Stadt schlagen – auf Seitenstraßen von Zehlendorf bis Pankow.

Wie schön es ist, nach Tagen im Funkloch nach Hause zu kommen! Warum hat man das eigentlich nur am Anfang gemacht, in der Zeit der ersten Liebe zu dieser Stadt: sich absichtsvoll mit dem Rad verfahren, Buslinien von Endhaltestelle zu Endhaltestelle durchprobieren, drei Stunden früher zu Fuß zur Verabredung aufbrechen?

In Zehlendorf stehen Villen, die kaum zu fassen sind. Wahlweise könnte man in ihnen Hitchcocks „Psycho“ nachstellen oder „Die oberen Zehntausend“. In der Lindenthaler Allee steht ein Haus, das mich an Modelle erinnert, die wir in der siebten Klasse unter dem Motto „Traumhaus“ gebastelt haben. Als hätte jemand etwas unbeholfen seinen Kinderwunsch in Stein gegossen, in einem UFO zu leben.

Lustig, wie sich die Klientel von Straßenkreuzung zu Straßenkreuzung verändert. Hier unten sieht man viele Männer mit weißen Haaren und schwarzen Trenchcoats. Da es windig ist, wehen tatsächlich ihre Rockschöße. Eine Viertelstunde später geht es parallel zum Kurfürstendamm weiter, Sybel-, Mommsen-, Bleibtreustraße und so. Die Kinder schreien vor Vergnügen, als sie eine platinblonde Dame mit hohen Hacken und zwei Königspudeln sichten.

Bald durchqueren wir Moabit und unterhalten uns über Freunde, die hier schon länger gern wohnen. In den 90ern gab es hier außer ausgedehnten Winterspaziergängen an der zugefrorenen Spree und Baumkuchen im Café Buchwald wenig, was einen hätte verzaubern können.

Aber warum wohnen wir nicht im Wedding, fragen wir uns wie so oft, als es weiter Richtung Nordosten geht. Der S-Bahnhof Wollankstraße trennt in einer Art die Kieze, wie man es in dieser Stadt nur selten krasser findet. Auf der einen Seite Westberlin pur. Gerade hat ein Kaiser’s dichtgemacht, stattdessen gibt es jetzt einen türkischen Supermarkt. Auf der anderen Seite Ostberlin pur: das bürgerliche, biodeutsche Pankow. Die Villa in der Florastraße, die für eine Baugruppe weichen muss (taz berichtete), hat schon keine Fenster mehr, nur noch gähnende Löcher.

Am Ende sind wir eine Stunde später zu Hause als geplant, aber ganz erfüllt von all den Geschichten, die man in dieser Stadt durchs Autofenster an sich vorüberziehen lassen kann. Es wird Zeit, das Rad aufzupumpen und sich öfter mal wieder absichtsvoll zu verfahren.

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