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■ SurfbrettDie Regierung ist immer noch offline

Die neue Website unter www.bundesregierung.de ist dem Bonner Presseamt gut gelungen. Sie gleicht in allem dem Chef, das Design ist smart, aber arm an Gedanken. Gerhard Schröder, so ist unter anderem im Java-Ticker zu lesen, sei in einer Umfrage unter Managern zum besten politischen Redner Deutschlands gekürt worden. Dieses Talent pflegt er offenbar nur offline. Im Web begnügt er sich mit Kernsätzen, die beweisen sollen, daß auch er Überzeugungen hat. Darüber ließe sich reden, auch mit den anderen, profilierteren Mitgliedern seines Kabinetts, bei denen die Frage nach den politischen Grundsätzen weniger dringend ist. Aber man kann nicht. Das Presseamt hat peinlich darauf geachtet, daß an keiner einzigen Stelle die Chance einer Rückantwort besteht, nicht einmal für ein bescheidenes „mailto“ unter den Namen oder den Köpfen hat es gereicht. So ist diese neue Regierung zwar recht hübsch vorhanden im Internet, aber erreichbar ist sie dort noch weniger als die alte, in der immerhin der Forschungsminister eine Mailadresse besaß. Danach sucht man auch auf den Homepages der einzelnen Ressorts vergeblich. Otto Schilys Innenministerium beginnt statt dessen seine Selbstdarstellung mit der erstaunlichen Mitteilung, es setze „eine über 130jährige Tradition fort, die bis zum Bundeskanzleramt von 1867 zurückführt“. Das „aktuelle Aufgabenspektrum“ sei daher „vielfältig und breit gefächert“; wer hätte es geahnt. Der Obrigkeitsstaat, der sich hier noch einmal in seiner voller Größe spreizt und bläht, hat keine Zeit, die Briefe seiner Untertanen auch nur zu empfangen, geschweige denn zu beantworten. Die Grünen haben daran nichts geändert. Die Gesundheitsministerin Fischer hat lediglich die Mailadresse einer ihrer Angestellten auf die Homepage ihres Hauses gesetzt. Interessierten Nachfragen vorbeugend, läßt sie zur Abschreckung jedoch mitteilen, daß Briefe nur beantwortet werden, „wenn sie eine Postanschrift enthalten“.

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