"Super 8" von J. J. Abrams: Hommage ans Blockbusterkino

Wie man "Super 8" von J. J. Abrams dreht und wendet – und es gibt eine Menge an versteckten Referenzen zu entdecken – immer wird unten ein Name herausgeschüttelt.

Zu viel gesehen: Elle Fanning und Co. in "Super 8". Bild: F. Duhamel/Paramount Pictures

Die Verbindung von Steven Spielberg und J. J. Abrams ist zwingend. Der letzte große Auteur des Blockbusterkinos moderner Prägung trifft auf den momentan wohl einzigen verlässlichen Hollywoodregisseur, der dem Blockbuster als populäre Erzählform noch den nötigen Ernst entgegenbringt.

Es ist eine Verbindung mit langer Vorgeschichte. Als junger Super-8-Fan durfte Abrams die Amateurfilme Spielbergs restaurieren, von denen einer später auch als Namensgeber für Spielbergs eigene Produktionsfirma Amblin fungierte, die in den achtziger Jahren unter anderem Joe Dantes "Gremlins" und Richard Donners "Die Goonies" finanzierte. Somit führt "Super 8", den Abrams nun ebenfalls für Amblin gedreht hat, seine eigene Geschichte gleich mit im Gepäck.

Der Kreis schließt sich. Abrams tritt in eine Ahnenreihe mit Dante und Donner, vor allem aber in die Fußstapfen Spielbergs, dessen Bio- und Filmografie in "Super 8" deutliche Spuren hinterlässt. Abrams Film ist eine Hommage an eine Kinoära, die weit genug zurück liegt, um nostalgische Verklärung auszulösen, ohne dabei schon vollends historisiert zu sein - und die darüber hinaus unweigerlich mit dem Namen Spielberg verbunden ist.

Der Film kann nur in den 70ern spielen

Abrams macht kein Hehl daraus, dass sein Kino durch eine große zeitliche Distanz zum gegenwärtigen Geschehen erzählerisch relativ abgesichert ist. Es ist gewissermaßen die Gunst des Zuspätgeborenen, die man ihm wohlwollend zugute halten muss. Ein Film wie "Super 8" kann nur in den siebziger Jahren spielen, als der Zombiefilm gerade in voller Blüte stand und als dem jungen Sam Raimi, heute selbst ein Blockbusterregisseur, zum ersten Mal die verrückte Idee für einen kleinen matschigen Horrorfilm gekommen sein muss, der später unter dem Titel "Evil Dead" Kultstatus erlangen sollte.

Bei Abrams wollen also ein paar Teenager (gespielt von unbekannten Gesichtern wie Joel Courtney und Riley Griffiths sowie einer für ihre 13 Jahre schon irritierend glamourösen Elle Fanning) in der tiefsten amerikanischen Provinz einen Zombiefilm drehen; als Produktionswerte müssen notgedrungen die realen Kulissen ihres verschlafenen Städtchens und die bescheidenen Make-up-Effekte eines Freundes herhalten.

Es kommt allerdings noch besser. Bei einem Nachtdreh werden sie Zeuge einer spektakulären Zugkarambolage. Genauer gesagt finden sie und mit Hilfe inzwischen nahezu perfekter CGI-Technik auch die Zuschauer sich plötzlich inmitten eines Infernos explodierender Waggons wieder, das in seiner schieren Wucht bereits andeutet, dass sich hinter der gemächlichen Vintagerekonstruktion einer vergangenen Ära eine neue, kinetischere Form von Blockbusterkino anbahnt (welche Abrams in der zweiten Hälfte seines Films dann auch nicht verleugnet). Aus dem Wrack entkommt etwas, das die kleine Gemeinde bald in Angst und Schrecken versetzt. Das Militär riegelt die Kleinstadt innerhalb von Minuten weitläufig ab. Niemand ahnt, dass die Super-8-Kamera der Kids etwas festgehalten hat, was sie besser nie gesehen hätten.

Freundliche Außerirdische

Der Titel von Abrams Film verweist jedoch nicht nur auf eine Produktionsweise, sondern auch auf eine Materialität der Erinnerung, die im Kino Spielbergs schon immer eine zentrale Rolle gespielt hat. Wie man "Super 8" also dreht und wendet, und es gibt eine Menge an liebevollen Details und versteckten Referenzen zu entdecken, immer wird unten der Name Spielberg herausgeschüttelt.

Diese Patenschaft stellt sich für Abrams als Bürde heraus. "Super 8" bleibt bis zum zuckersüßen Finale dem Blockbusterkino der frühen achtziger Jahre treu, in denen Kinder und freundliche Außerirdische das Science-Fiction- und Fantasy-Genre nachhaltig popularisierten. Spätestens hier wird aber auch deutlich, von welch geringer Fallhöhe aus Abrams heute operiert.

Im Jahr 1977 konnte Spielberg in "Unheimliche Begegnung der dritten Art" als fernen Bezugspunkt für ein integres, besseres Kino (ein Versprechen, das seine damaligen Filme schon nicht mehr einlösen konnten) immerhin noch einen François Truffaut aufbieten. Über solche Referenzgrößen verfügt Abrams nicht mehr. Bei ihm ist es bloß ein trauriger Gnom, der eigentlich nur nach Hause telefonieren wollte.

"Super 8", Regie: J. J. Abrams. Mit Elle Fanning, Kyle Chandler u. a., USA 2011, 112 Min.

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