■ Südostasiens Außenministern fällt zur Asienkrise nichts ein: Aseans Golfdiplomatie ist gescheitert
Aus der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean, dem Club der Tigerstaaten, ist binnen Jahresfrist ein Papiertiger geworden. Der schon an Arroganz grenzende Stolz mancher Diplomaten der neureichen asiatischen Staaten wich mit der Krise einer tiefen Verunsicherung. War Asean vor kurzem noch ein Forum der Vertreter „asiatischer Werte“, so sind diese durch die Wirtschaftskrise diskreditiert. Und den in Manila versammelten Außenministern fiel jetzt nicht mehr ein, als die Industriestaaten zu verstärkter Hilfe für die angeschlagene Region aufzufordern. Deutlicher als die Minister selbst hätte wohl niemand den dramatischen Bedeutungsverlust des Bündnisses der neun südostasiatischen Staaten dokumentieren können. Für die drängenden Probleme der Region bietet Asean derzeit keine Lösungen an.
1967, zu Zeiten des Vietnamkriegs, ursprünglich als antikommunistisches Bündnis gegründet, bekam Asean in den vergangenen Jahren sein politisches Gewicht durch das unbegrenzt scheinende Wirtschaftswachstum der Region. Zum Markenzeichen Aseans avancierte die Entwicklungsdiktatur. Das Wirtschaftswachstum verlieh den autoritären Staatschefs der Region, allen voran Indonesiens Suharto und Malaysias Mahathir, die Legitimation, gegen Kritiker im In- und Ausland vorzugehen. Sich selbst dagegen faßten die Asean-Politiker mit Samthandschuhen an. Mit den Worten „Alle Diskussionen wurden in gutem Glauben geführt und endeten immer fröhlich auf dem Golfplatz" beschrieb der bis zum vergangenen Jahr amtierende Asean-Generalsekretär Aji Singh das für heilig erklärte Prinzip, sich über die jeweiligen Nachbarn nie kritisch zu äußern. Doch die Wirtschaftskrise und die Waldbrände in Indonesien vom vergangenen Jahr haben nicht nur gezeigt, daß der Mangel an Demokratie inzwischen ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung der Region ist. Vielmehr wurde auch deutlich, wie die Ereignisse in einem Land auch die Nachbarn empfindlich treffen können.
Doch in Manila scheiterte der Versuch der Vertreter der Philippinen und Thailands, der zwei demokratischsten Länder der Region, wenigstens einen offeneren Diskussionsstil durchzusetzen. Manila und Bangkok haben eingesehen, daß die bisherige Golfplatzdiplomatie gescheitert ist. Doch solange sich die Vertreter der Region nicht darauf einigen können, die Umsetzung von Beschlüssen auch öffentlich einzufordern, bleiben die wenigen in Manila beschlossenen Ziele wie eine drogenfreie Asean-Region im Jahr 2020 nur Makulatur. Sven Hansen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen