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■ Südafrika und die Vergangenheit: Freispruch für MalanVon nichts gewußt

General Magnus Malan bleibt ein freier Mann. Mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofes ist damit für Südafrika der berühmte Präzedenzfall geschaffen. Der Vorsitzende Richter Jan Hugo war ebenso wie der anklagende Generalstaatsanwalt Tim McNally schon zu Apartheidzeiten in seinem Beruf. Das war eine Schwierigkeit des Verfahrens: Das alte System richtete über die Seinen. Der Vorwurf von Apartheidjustiz seitens der heute Regierenden, so sollte man meinen, würde nicht lange auf sich warten lassen. Doch der ANC machte spontan nicht den Richter, sondern den Ankläger veranwortlich: Der habe mit einer schwachen Anklage das Volk betrogen. Eilends mußte Präsident Mandela abwiegeln.

Klar ist nun: Weitere politische Prozesse dieser Art werden in Südafrika vorerst nicht stattfinden. Auch bei erdrückenden Beweisen wird sich jeder Staatsanwalt hüten, wegen politischer Verbrechen ehemalige Regierungsmitglieder anzuklagen. McNally bleibt vorzuwerfen, daß er seiner Sache offenbar allzu sicher war, obwohl er als gründlicher und eher vorsichtiger Staatsanwalt gilt. Deshalb verzichtete er wohl auf weitere Zeugen neben seinen drei Kronzeugen. Man beneidet den Mann nicht um seine Niederlage.

Ein Triumph indessen ist das Urteil nicht nur für die ehemals Regierenden, sondern auch für die IFP. Die Siegesfeiern von Inkatha-Anhängern ließen gestern nicht auf sich warten. Hugos Urteil ist fatalerweise eine offizielle Bestätigung, daß es keine Inkatha-Todesschwadrone gab. Auch daß Armee und IFP geheim zusammenarbeiteten, war nicht illegal. Die Verantwortung für politische Massaker in den 80er Jahren, so legt das Urteil nahe, tragen einzelne Amokläufer in den Sicherheitskräften, die ihre Kompetenzen mißbrauchten. Die Verantwortlichen in Armee, Polizei und Regierung können weiterhin behaupten, von den Verbrechen nichts gewußt zu haben.

Der Fall Malan ist ein weiteres Beispiel, daß politische Verbrechen kaum justitiabel sind. So empörend das Urteil ist, so sehr man sich Malan und Konsorten hinter Gittern gewünscht hätte: Moral führt auch in Südafrika nicht naturgemäß zu Schuldsprüchen. „Im Recht“ bleiben die in Südafrika, die von Anfang an dafür waren, Täter nicht vor Gericht zu verfolgen, sondern statt dessen eine Wahrheitskommission einzusetzen. Mehr als je zuvor bleibt ihr die – ebenfalls kaum lösbare – Aufgabe, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Kordula Doerfler

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