: Südafrika stellt UDF–Mitglieder unter Anklage
■ Leitendes Mitglied Pastor Stofile lehnt Vorwurf des „Terrorismus“ ab / Prozeß soll gemäßigtes Oppositionsbündnis diskreditieren / Annäherung an ANC soll verhindert werden / Prozeß im „unabhängigen“ Homeland Ciskei / Franzose als Kronzeuge
Von Franz Krüger
East London (taz) - Am Montag wurde vor dem obersten Gericht des „unabhängigen“ südafrikanischen Homelands Ciskei das Verfahren gegen Pastor Mankhenkesi Arnold Stofile, leitendes Mitglied des Oppositionsbündnisses „Vereinigte Demokratische Front“ (UDF), eröffnet. Stofile, Theologiedozent an der schwarzen Fort Hare Universität, werden zusammen mit vier anderen „terroristische Aktivitäten“ vorgeworfen. Er soll direkte Kontakte mit dem verbotenen Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) gehabt haben und Briefe und Gelder vom ANC– Hauptquartier in Lusaka, der Hauptstadt Sambias, empfangen haben. Alle fünf Angeklagten bekannten sich nicht schuldig. Für die UDF steht im Fall Stofile viel auf dem Spiel. Noch nie ist ein so hohes Mitglied der Organisation der direkten Mittäterschaft bei militärischen Aktionen des ANC angeklagt worden. Die südafrikanische Regierung hat wiederholt versucht, die UDF als internen Flügel des ANC darzustel len. Die UDF hat das vehement bestritten und sich statt dessen zum gewaltlosen Widerstand bekannt. Beobachter sehen in der Prozeßeröffnung einen weiteren Versuch des Apartheid–Regimes, die UDF zu diskreditieren, um dadurch den Annäherungsprozeß zwischen der außer– und innerparlamentarischen Opposition zu torpedieren. Bei seinen Kontakten mit dem ANC soll ein französischer Staatsangehöriger, Pierre Andre Albertini, Stofile als Kurier gedient haben. Albertini war damals Dozent der Romanistik an der Fort Hare Universität. Er soll im Auftrag Stofiles ein Auto gekauft und einen falschen Boden in den Kofferraum eingebaut haben. Mit dem Auto soll er von Botswana Waffen nach Südafrika geschmuggelt haben, die er an Stofile übergab. Albertini wird in der Verhandlung eine zentrale Rolle spielen. Er soll als Kronzeuge aufgerufen werden, doch es bleibt unsicher, ob er bereit sein wird, gegen die fünf Angeklagten auszusagen. Albertinis Verhaftung hat in Frankreich großes Aufsehen erregt. An zeichen dafür waren die Anwesenheit des französischen Generalkonsuls in Kapstadt, eines Mitglieds des französischen Senats und von etwa sechs französischen Journalisten im Gerichtssaal. Albertinis Eltern, beide Mit glieder der Kommunistischen Partei Frankreichs, hatten vor wenigen Wochen für Aufregung gesorgt, als sie ohne vorherige Einreiseerlaubnis in Südafrika ankamen und sich weigerten, ohne den Besuch bei ihrem Sohn wieder abzureisen. Die Affaire zwang französische Diplomaten dazu, direkt Kontakt mit den Ciskei–Behörden aufzunehmen und so dem Homeland ein gewisses Maß an internationaler Anerkennung zu gewähren.
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