: Suche nach dem Gral
Erstmals in Berlin inszeniert: „Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst an der Schaubühne
Wenn man nicht mehr weiterweiß, wenn die Moderne nur noch ermüdet, die Modernisierung allein ein Kleinkrieg um Paragraphen ist, dann wünscht man sich auf seine Ritterburg zurück. Wenigstens versuchsweise. Kostümproben in Vorzeitlichkeit. Rollenspiele mit Archaischem. Der Herr der Ringe und seine Kollegen. Was auf den Theaterbühnen ein Mehr an Vollbeschäftigung verheißt, weil bei solcher Rückschau gern in die Vollen gegriffen wird, wenn man schon mal komplett weltenschöpfend tätig sein kann (eine seltsame Inversion zur Theatralisierung aktueller Sujets, die aller Weltüberbevölkerung zum Trotz stets mit knappstem Personal auskommt). Auch „Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst – 1981 im Düsseldorfer Schauspielhaus uraufgeführt – ist so ein Mammutunternehmen: komplett ausgespielt könnte es das Publikum zwei Abende lang unterhalten, und in der Berliner Streichfassung beschäftigt es an der Schaubühne immerhin noch achtzehn Schauspieler bei der Geschichte um König Artus, um Lancelot und Parzival. Wenn aber auf der Bühne Rüstung getragen wird, ist das nur die Geschäftskleidung der Zeit. Was also wieder mit der Gegenwart gegengelesen werden darf bei dieser düsteren, nebelverhangenen Suche nach dem Gral.
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