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Suche nach Ehec-ErregerKritik an Lebensmittelüberwachung

Falscher Alarm bei spanischen Gurken, vorschneller Verdacht gegen niedersächsischen Bauern: Verbraucherschützer kritisieren das Vorgehen der Behörden in der Ehec-Krise.

In der Kritik: Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU). Bild: dpa

BERLIN/LUXEMBURG dpa/dapd | Nach der EHEC-Warnung vor Sprossen kritisieren Verbraucherschützer Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann. Aufgrund von Indizien hatte der CDU-Politiker am Sonntag Sprossengemüse aus einem Biohof im Kreis Uelzen als mögliche Quelle des aggressiven Darmkeim Ehec genannt. Laborergebnisse dazu liegen bislang noch nicht vor.

"Es ist ein bisschen unglücklich, wenn einzelne Landesminister dann vorpreschen mit Befunden", sagte der Leiter des Fachbereichs Gesundheit und Ernährung beim Verbraucherzentrale Bundesverband, Stefan Etgeton, am Montag dem Deutschlandfunk.

"Ich hätte mir gewünscht, dass die Kommunikation möglichst von einer legitimierten Organisation auf Bundesebene ausgeht., sagte Etgeton. In solchen Fällen sei es wichtig, dass die Dinge gemeinsam kommuniziert und auch eingeordnet würden. Bereits zuvor habe es Unklarheiten und Unstimmigkeiten bei Verzehrwarnungen gegeben, weil die Lebensmittelüberwachung in Deutschland sehr zersplittert sei. Diese sei teils auf regionaler Ebene unterschiedlich organisiert, so Etgeton. Einige Kompetenzen müssten aber auf Landes- oder Bundesebene angesiedelt werden.

Die Bundesregierung verteidigt sich derweil gegen Vorwürfe, vorschnell spanische Gurken als mutmaßliche Ursache der Ehec-Ausbreitung genannt zu haben. "Der Erreger ist derart aggressiv, dass wir jeder Spur nachgehen mussten", sagte Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz am Montag bei einem Treffen der EU-Gesundheitsminister in Luxemburg. "Wir hatten den Verdacht, und deshalb war es richtig, die entsprechenden Verzehrempfehlungen zu geben. Das sind wir den Menschen wirklich schuldig."

Ergebnisse am Montagmittag

In den kommenden Tagen sollen Experten der EU-Mitgliedsstaaten über mögliche Unterstützung für die betroffenen Landwirte in Spanien, aber auch in Deutschland beraten. Brüssel könnte bei erheblichen Marktstörungen und Einkommenseinbußen Sonderhilfen bereitstellen oder nationale Beihilfen zulassen. Doch sind die Hürden dafür im Falle von Störungen, die auf regionale Krankheitsausbrüche zurückzuführen sind, hoch.

Die ersten Untersuchungsergebnisse von Proben aus Uelzen sollen am Montagmittag bekannt gegeben werden. Es seien insgesamt 40 Sprossenproben unter anderem aus dem Wasser, von Arbeitstischen und aus der Lüftungsanlage des inzwischen geschlossenen Betriebs in Bienenbüttel genommen worden, teilte das Ministerium am Montag mit. Allerdings sei völlig unklar, ob der Ehec-Erreger nachgewiesen werden könne. Der verdächtigte Hof in Bienenbüttel war schon zuvor ins Visier der Ermittler geraten, damals wurde jedoch der Ehec-Keim mit Labortests nicht bestätigt.

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3 Kommentare

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  • IW
    Inula Wolter

    Also ich lebe im nördlichen Niedersachsen im Dorf. Einmal die Woche gibt es hier Markt, nur ein Gemüsehändler, ein Insider vom Hamburger Grossmarkt. Er hat immer sehr gute Ware, ich kaufe meistens ua einen Suppenbund. Davon blieb vom 12.Mai der Porree übrig. Den wollte ich vergangene Woche endlich in der Suppe versenken. Aber der war so dreckig, dass ich ihn kaum gewaschen kriegte. Oben wo er auseinandergeht waren sogar die inneren Blätter grau gerändert (ein traditioneller Koch weiss, wie schwer man es manchmal mit dem Lauch hat ...) Gut dass ich ihn nicht roh verwenden wollte (Eiersalat, Käsesalat, Möhren-Lauch-Rohkost, etc). Für die EHEC-Fahnder habe ich was vom Abfall desselben in eine Zip-tüte getan. Habe schon persönlich, telefonisch und per e-mail die Analysten aufmerksam gemacht. Null Resonanz. Die Proben werden nur von Profi-Probennehmern gesammelt. Ich heb sie trotzdem auf. Vielleicht finde ich ja auf diesem Wege Gehör.

  • C
    Celsus

    Das Verhalten der Behörden einschließlich des Robert-Koch-Institutes ist für mich auch nicht nachvollziehbar. Da wissen wir also, dass dieses Bakterien Darmerkrankungen auslöst und seine besten Lebensbedingungen mithin im Darm hat. Ganz und gar üblich rechnet man also damit, dass die Herkunft aus nicht nur einem Tierdarm ist. Es müssen doch ein paar mehr erkrankte Tiere gewesen sein. Auf Pflanzen hingegen sind diese Bakterien doch gar nicht vermehrungsfähig oder sterben gar schnell ab.

     

    Und der Tierdarm dürfte dann die Quelle von EHEC sein. Warum um alles in der Welt wird so oft auf Gemüse gesucht und kein einziges Mal Misthaufen, Tierausscheidungen und Massentierhaltungen??? Will man von Seiten der Behördenspitzen dort, wo die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, am liebsten gar nichts finden? Was ist da los?

  • HS
    Hans Siekmann

    Hhaha,

    wenn ich schon Bescheid weiss über Verstrickungen des ehemaligen Wirtschaftsministers Möllemann mit der Fresenius AG, Lebensmittelkontroll-Behörde, und der Zusammen arbeit von kleinen und mittleren Betrieben in China, als Vollstrecker eine Firma in Münster, wieso wissen es dann die zuständigen staatsanwaltschaftlichen Behörden nicht?

    Ich glaube eher das es sich auch hier wieder um rein finanzielle Interessen handelt. die politischen Auswirkungen, damit auch Aufmerksamkeit von anderen Veränderungen wegzunehmen werden natürlich in Kauf genommen.

    Freunde von mir nenne so was PROPAGANDA.

    ... zur Aufrechterhaltung des Status Quo.