Suche nach Attentätern in Kenia: Nairobis Angst vor dem Terror
Die Polizei sucht die Urheber des jüngsten Bombenanschlags mit über 30 Verletzten. Die Öffentlichkeit fürchtet, dass das nur eine Generalprobe war.
![](https://taz.de/picture/211070/14/anschlag_nairobi_dapd.jpg)
NAIROBI taz | „Seit letztem Jahr werden öffentliche Gebäude, wo Ausländer hinkommen, extra bewacht – aber dort, wo zwar viele Menschen hinkommen, aber kaum Ausländer, gibt es kaum Polizisten.“ Schuhputzer Joseph Mwangi wundert sich. Sein Arbeitsplatz auf einer Straße der kenianischen Hauptstadt Nairobi ist ganz in der Nähe von der Stelle, wo am Montag bei einem Bombenanschlag mehr als 30 Menschen verwundet wurden, davon einige schwer.
Erst einen Tag nach der Explosion konnte die Polizei mit Sicherheit sagen, dass es sich um eine Bombe gehandelt hatte, wahrscheinlich gebastelt aus landwirtschaftlichen Chemikalien. Vorher war über einen Kurzschluss spekuliert worden. Die Bestätigung, dass es sich tatsächlich um einen Anschlag handelte, kam, als US-amerikanische FBI-Beamte in die Ermittlungen eingeschaltet wurden. Jetzt sind Kenianer böse und nervös.
„Bei verschiedenen Anschlägen sind schon zahlreiche unschuldige Kenianer ums Leben gekommen. Was tut die Polizei, um uns zu schützen? Wir bezahlen sie schließlich mit unserem Steuergeld“, bemerkt Sheikh Juma Ngao, Vorsitzender des kenianischen Muslimrates. Er verlangt, dass Mitarbeiter der Antiterroreinheit der Polizei gefeuert werden. Die Polizei hat in Kenia einen schlechten Ruf, sie gilt als korrupt und unprofessionell.
Kenias Sicherheitsminister macht jetzt die radikalislamische Shabaab-Miliz aus dem Nachbarland Somalia für den Anschlag verantwortlich. Die Gruppe hat darauf noch nicht reagiert. Doch seit kenianische Truppen voriges Jahr in Somalia einmarschierten, um die mit al-Qaida liierte Gruppe zu bekämpfen, und die Shabaab daraufhin mit Angriffen in Kenia drohte, sind bereits ein Dutzend Kenianer bei Granatenanschlägen ums Leben gekommen.
Anfangs nur im Nordosten des Landes, der an Somalia grenzt. Aber im März wurde das erste Attentat in der Hauptstadt Nairobi ausgeführt, auf einen vollen Busbahnhof. Dabei wurde ein Mann getötet. Und am vergangenen Montag wurde zum ersten Mal eine Bombe benutzt. Kenianer fürchten: Das war eine Generalprobe für Schlimmeres.
Auch der Tourismus ist getroffen
Die kenianische Währung und die Börse in Nairobi sanken in Reaktion auf den Anschlag. Auch der Tourismus, eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes, wurde getroffen. „Kurz nach dem Anschlag kamen Absagen“, sagt Mike Macharia, Vorsitzender des kenianischen Verbandes der Hotel- und Restauranteigentümer. „Kenia muss jetzt zeigen, dass es die Sicherheit von Besuchern garantieren kann. Sonst wird es eine ganz schlechte Saison.“
Augenzeugen des Anschlags haben berichtet, dass ein Mann mittleren Alters mit Bart eine Tasche in einem kleinen Bekleidungsgeschäft abstellte. Er gab an, ein T-Shirt kaufen zu wollen, und ging schnell nach draußen, um einen Freund zu holen, der ihm bei der Auswahl helfen solle. Kurz nachdem er das Gebäude verließ, explodierte die Bombe.
Die Polizei sucht jetzt zwei Männer. Einer ist Emrah Erdogan, ein Mann deutscher oder türkische Herkunft. Nach Angaben der Polizei reiste er Anfang Mai aus Somalia nach Kenia ein. Es ist unklar, ob die zwei Gesuchten zu einer Vierergruppe gehören, der die Polizei seit längerer Zeit per Handyüberwachung auf der Spur war. Einige Tage vor dem Bombenanschlag verlor die Polizei die Gruppe aus den Augen, nachdem sie die SIM-Karten in ihren Handys auswechselten.
„Die Frage war nicht, ob es einen Bombenanschlag geben würde, sondern wann“, meint die Eigentümerin eines Schuhgeschäftes im Zentrum von Nairobi. „Offensichtlich mangelt es an präventiven Maßnahmen.“
Die Frau hat Angst. Am Montag war nicht ihr erster Bombenanschlag. Sie war auch 1998 im Stadtzentrum Nairobis, als al-Qaida die US-Botschaft mit einer Autobombe in die Luft jagte. Dabei kamen 291 Menschen ums Leben, über 500 wurden verwundet. Vier Jahre später starben 13 Menschen bei einem Angriff auf ein Hotel in der Küstenstadt Mombasa. Diese Erinnerungen sind noch wach.
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