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Stuttgart 21Kostenexplosion bei Bahnprojekten

Die Kosten für das Bahnprojekt sind deutlich höher als geplant. Politik und Bahn halten aber weiter an Stuttgart 21 und dem Streckenausbau fest.

Stark umstritten: Zahlreiche Stuttgarter zweifeln Sinn und Zweck des mittlerweile 4,1 Milliarden teuren Projekts an. Bild: dpa

STUTTGART dpa | Nach dem Bahnprojekt Stuttgart 21 wird auch die Schnellbahnstrecke Stuttgart-Ulm deutlich teurer als geplant: Mit Mehrkosten von 865 Millionen Euro rechnet die Bahn nach eigenen Angaben. Die Baukosten sollen nun rund 2,89 Milliarden Euro betragen, bisher war das Projekt auf 2,025 Milliarden Euro veranschlagt worden. Die Mehrkosten trägt allein der Bund.

Ein Grund für die Kostensteigerung bei der Neubaustrecke sei die Inflation, die mit rund 200 Millionen Euro zu Buche schlage, erläuterte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Dienstag. Zusätzliche Kosten von 665 Millionen Euro entstünden unter anderem durch aktualisierte Berechnungen für den Tunnelbau, Bahnanlagen, für Brücken und Stützbauwerke sowie für moderne Eisenbahn- und Sicherheitstechnik.

Die 60 Kilometer lange Trasse, die zur Hälfte über Brücken oder in Tunneln geführt wird, soll die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Ulm von derzeit 54 auf 28 Minuten verkürzen. Kritiker hatten in den vergangenen Monaten mehrfach vor einer Kostenexplosion gewarnt. Bei Stuttgart21 mit der Tieferlegung des Hauptbahnhofes und seiner Anbindung an die Trasse nach Ulm waren die Kosten von ursprünglich 2,6 auf 4,1 Milliarden Euro geklettert – ein Grund für die häufigen Demonstrationen der Gegner des Vorhabens.

Trotz der Mehrkosten für die Schnellbahntrasse sei das Projekt "volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich weiterhin sinnvoll", sagte Bahn-Infrastruktur-Vorstand Volker Kefer. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hält die neu errechnete Summe für "überschaubar und begründbar". Bahn-Chef Grube kündigte an, dass die Arbeiten für die Neubautrasse in diesem Herbst beginnen. Stuttgart 21 und die Schnellbahnstrecke sollen zeitgleich 2019 fertiggestellt werden, betonte er.

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14 Kommentare

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  • T
    Thea

    Die Kosten für die Inflation mögen stimmen, warum hat man die nicht vorn Beginn an als SChätzung eingerechnet? Ist klar, eigentlich kennt man die tatsächlichen Kosten aber wenn man die von Anfang an Publiziert könnten ja alle nachrechnen ob (und für wen) sich das was rechnet. Scheinbar wurde jetzt auch nach dem Köllner Desaster ein "wenig" mehr für die Sicherheit kalkuliert was man vorher weggespart hatte (weil passiert schon nix). ICh wünsche den Stuttgarterinnen und Stuttgartern viel Erfolg beim Kampf gegen diesen Blödsinn!

  • M
    Mark

    In Stuttgart steht direkt neben dem Bahnhof die LBBW. Dort wurden vermutlich mehr Milliarden in ein Loch geworfen als mit Stuttgart 21. Mir ist es lieber es können sich mehr Bauarbeiter und Ihre Manager eine Currywurst kaufen als die Banker und ihre Manager.

    Bei den einen bleibt Nix und bei den anderen zumindest ein Loch.

  • V
    vic

    Sie werden das durchziehen, da habe ich keine Zweifel.

    Aber wir werden uns bis 2019 noch öfter über Überschreitung der Kostenkalkulation unterhalten müssen.

  • W
    walter

    @taz: Wie hoch waren die Summen, die der Bund per Sparpaket einsparen will nochmal? Gibt's da eine Übersicht, was-wieviel-wo? Das Berliner Schloss, das wegen 400 Mio. EUR Baukosten erst mal auf Eis gelegt wurde, ist ja auch Ramsauer-Ressort. Und jetzt mehr als das Doppelte an Mehrkosten (vorerst!) für ein Projekt, an dessen Nutzen die Experten zweifeln? Das bisher geheim gehaltene SMA-Gutachten zu S21 ist im Übrigen jetzt veröffentlicht (www.kopfbahnhof-21.de).

  • Z
    Zulu

    Pah, Inflation... was für eine faule Ausrede. Jeder, der sich mit Finanzierung und Investition beschäftigt weiss, dass die erwartete Inflation immer mit einberechnet wird. Weil die reale Inflation seit vielen Jahren nicht wesentlich von den Erwartungen abgewichen ist, ist dieses Argument definitiv an den Haaren herbeigezogen.

    Jedes so große Projekt wird "unerwartet" teurer. Von der Elbphilharmonie über Atomkraftwerkerückbau bis zum Transrapid. Ich bin mir auch sicher, dass noch weitere "unerwartete" Verteuerungen kommen.

     

    Das Projekt Stuttgart 21 ist eine Totgeburt. Nur wer hat den Mumm die Notbremse zu ziehen?

  • M
    MaikL

    E gibt keine reale Kostenexplosion. 'Nur' zuvor verschleierte Kosten.

    Seriöse Geschäftsleute, Unternehmer und Bauherren berücksichtigen einen geschätzten Wert einer Inflation usw.

    Da ich davon ausgehe, dass die Bahn intern seriös rechnet, wurden 'lediglich' offiziell andere Zahlen genannt. Was schlimm gfenug ist. Sollte doch hier das gemeine Volk im Vorfeld mit falschen Zahlen ruhig gestellt werden.

    Dieses Muster wird bundesweit von bananenrepublikanischen Politikern angewandt. Schon mal zB von der Elbphilharmonie in Hamburg und deren Verteuerung gehört?

    Mich verwundert, dass der Widerstand aus der Bevölkerung gegen diese Geldverschleuderung so gering ist. Mit Demokratie hat dieses Verschleierungsspiel der Herrschenden nichts zu tun.

  • JS
    Jens Schlegel

    Stuttgart 21 wird also teurer als geplant? War ja nicht zu erwarten. (http://www.kopfbahnhof-21.de/index.php?id=501 hier besonders dann Punkt 2)

     

    Gegen Stuttgart 21 sprechen zahlreiche Gründe. Diese wiederkäue ich hier aber nicht, kann man schneller googeln".

     

    Und interessant fände ich als Pendler in Stuttgart, wie viel die ganze "Werbekampagne" alá "Es stimmt, ... Es stimmt aber auch, ..." gekostet hat, die nur fadenscheinig versucht Argumente durch bla bla zu entkräften. Beispiele hier http://www.das-neue-herz-europas.de/default.aspx unten auf der Seite.

     

    S21 ist ein kompletter Skandal und sollte Bundesweit bewusster werden. S21 und seine Auswirkungen sind nicht nur auf Stuttgart oder Süddeutschland bezogen. Es ist ein Lehrstück darüber, wie Demokratie vermieden wird.

  • I
    iBot

    "eine Inflation von über 10 % das soll er mir mal erklären."

     

    Kann ich auch: Geplanter Bauabschluss ist 2019. Wenn man eine konstante Inflation von 2% pro Jahr annimmt, vereinfachend zugrunde legt, dass in jedem Jahr bis dahin gleich viel Geld ausgegeben wird und die Inflationsraten hochrechnet, kommt man auf fast genau 9,9% Mehraufwand durch Inflation.

  • SN
    stefan notter

    ich denke wir haben "nur" eine Inflation von 1,5% wenn man den Mainstreammedien glauben darf.

    Oder ist sie in der Realität doch höher?

  • M
    Messias

    Naja,wie immer: Das Volk hat nix zu sagen, der Geldbeutel einiger weniger, die viel zu sagen haben, aber umso mehr.

    Und der BUND darf es zahlen, die Fahrzeitverkürzung von einer halben Stunde, und die im Neckartal bald stehenden Luxuswohnugen für Reiche.

    Das Volk verliert dafür den historischen Bahnhof zu grossen Teilen und darf die Kosten übernehmen.

    Ich liebe unsere Demokratie, wir alle tun es !

    Dass dieses System besonders den Reichen hilft werden wir auch bald verstehen und es nicht ändern.

    Ich liebe diese (!) Demokratie.

    Lass uns mal was anderes versuchen.

    Das bisherige wird uns zerstören.

    Liebe Grüsse.

  • W
    Wolfgang

    Die Bahn geht unter die Erde.

    Das wird die teuerste Beerdigung in Deutschland.

  • J
    Jakob

    Auf sechs Jahre beträgt die Inflation 1,6%, was laut Wiki für die letzten Jahre in Ordnung geht. Ist bei der Summe halt gleich eine Menge Geld.

  • CM
    Chris Müller

    @DerPestbeamte: Die letzte Schätzung stammt von 2004, ist also 6 Jahre her. Daher ist die 10% (die ein Infaltion etwas unter 2% pro Jahr bedeutet) schon korrekt.

  • D
    DerPestbeamte

    "die Inflation, die mit rund 200 Millionen Euro zu Buche schlage"

     

    Ja immer doch, eine Inflation von über 10 % das soll er mir mal erklären.

     

    So Bauprojekte fallen doch immer teurer aus als erwartet, sonnst würde sowas erst gar nicht durch den Rat kommen und in D-Land nix mehr gebaut weils alles zu teuer wäre