Stuttgart 21: Die Stimmung kippt

Druck von der Basis: Stuttgart-21-Gegner forderten auf der Montagsdemo, dass Ministerpräsident Kretschmann "umgehend" aus dem Projekt aussteigen solle.

Ist das die Ruhe vor dem Sturm – oder werden sich die Wogen wieder glätten? Bild: dapd

STUTTGART taz | Die Stimmung unter den Stuttgart-21-Gegnern beginnt zu kippen. Sie richtet sich nun zunehmend auch gegen die grün geführte Landesregierung und Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Auf der Montagsdemonstration forderte Gerhard Pfeifer vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 den Ministerpräsidenten auf, umgehend aus dem Projekt auszusteigen. "Schließlich sind Sie der Ministerpräsident, der dieser Regierung vorsteht. Und die SPD ist der Juniorpartner – nicht umgekehrt", sagte Pfeifer. Die Leute wünschten sich einen starken Ministerpräsidenten, der sich nicht vom Koalitionspartner vorführen lasse.

Für seine klaren Worte erntete Pfeifer lauten Beifall der nach Veranstalterangaben rund 4.500 Teilnehmer. Die Polizei sprach von 3.000 Demonstranten.

Luschen-Vorwurf

"Der hats mal auf den Punkt gebracht", rief eine Frau aus den hinteren Reihen. "Mir gefällt das schon lange nicht mehr, wie die Regierung untätig bleibt." Auch Aussagen wie "der Kretschmann ist eine Lusche" waren zu hören.

Seit Langem sind die Grünen eng mit der Bürgerbewegung verbunden. Neben der Atomdebatte war der Tiefbahnhof das Wahlkampfthema, das den Grünen zur Macht verholfen hat. Bis heute sind sie Mitglied im Aktionsbündnis. Ihr Koalitionspartner jedoch, die SPD, ist mehrheitlich für den Tiefbahnhof.

Inzwischen mehren sich die Briefe mit Kritik an den Grünen, die auch das Aktionsbündnis erhalte. "Ich finde, die Grünen machen es sich zu einfach, wenn sie sich nur auf die Koalitionsvereinbarung zurückziehen", sagte Pfeifer der taz. Die Regierung müsse "einfach mal so ein bisschen die Folterwerkzeuge aufzeigen", vor allem gegenüber der Deutschen Bahn.

Fehlende Handschrift

Der grüne Stadtrat Jochen Stopper, der die Stuttgarter Grünen im Aktionsbündnis vertritt, teilt diese Kritik teilweise. "Wir präsentieren uns auf der Landesebene ziemlich gehemmt", sagte er der taz. Auch wenn es klar gewesen sei, dass die Grünen mit der SPD an ihrer Seite das Milliardenprojekt nicht ohne Weiteres stoppen können, "muss man zumindest die grüne Handschrift erkennen können".

Das Staatsministerium hält die Kritik für "inhaltlich unbegründet". "Wir haben nun mal einen Koalitionspartner, der für Stuttgart 21 ist. Und Kretschmann spricht als Ministerpräsident für alle Bürger", so ein Sprecher. Die Alternative wäre, nicht zu koalieren. "Und dann würde S 21 auch gebaut."

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