Sturm „Sandy“ bedroht USA: Der „Frankenstorm“ kommt
New York stoppt Flüge und Nahverkehr: Behörden an der US-Ostküste sind in Alarmbereitschaft. Bis zu 60 Millionen Menschen sind von möglichen Unwetterfolgen betroffen.
LAND O'LAKES/USA afp/dapd | Banges Warten auf „Sandy“: Ein befürchteter Sturm der Superlative hat am Wochenende Millionen Bewohner der US-Ostküste in Atem gehalten und den Präsidentschaftswahlkampf durcheinandergewirbelt. Amtsinhaber Barack Obama sagte für die kommenden Tage vorgesehene Wahlkampfauftritte in den US-Staaten Virginia und Colorado ab. Auch sein Herausforderer Mitt Romney änderte kurzfristig seine Pläne. Mehrere Staaten riefen in Erwartung von „Sandy“ vorbeugend den Notstand aus, Delaware ordnete für küstennahe Gebiete Zwangsevakuierungen an.
Der Hurrikan dürfte laut Experten voraussichtlich am Montagabend oder Dienstagmorgen im Süden von New Jersey auf Land treffen und sich mit einem weiteren Wintersturm zu „Frankenstorm“ vereinen. So wird der befürchtete Sturm in Anspielung auf den bekannten Roman „Frankenstein“ genannt. Zudem wird aus dem Süden Kanadas eine Kaltfront erwartet. Befürchtet werden heftiger Regen, Wind und bis zu 60 Zentimeter Schnee. Von den Folgen des Unwetters könnten bis zu 60 Millionen Menschen betroffen sein, sagte der Leiter der US-Wetterbehörde NOAA, Louis Uccellini.
Der Sturm könnte zudem Verwüstungen auf einem 1.300 Kilometer breiten Streifen von der Ostküste der USA bis zu den Großen Seen Nordamerikas anrichten. Wegen des gewaltigen Ausmaßes des Sturms und weil das Aufeinandertreffen von drei Stürmen so selten vorkommt, „können wir uns nicht festlegen, wer das Schlimmste abbekommt“, sagte Rick Knabb, Direktor des Nationalen Hurrikanzentrums in Miami.
Behörden rechnen mit dem Schlimmsten
Die örtlichen Behörden rechnen mit dem Schlimmsten: In New York sollte aus Sorge vor Überschwemmungen noch am Sonntagabend der U-Bahn-Verkehr eingestellt werden, in New Jersey sollten die Casinos geschlossen und die 30.000 Bewohner von Atlantic City in Sicherheit gebracht werden. Der Direktor der städtischen Notfallbehörde erinnerte an einen Sturm im Jahr 1962, als Wasser aus dem Atlantik und aus mehreren Buchten im Hinterland das Stadtzentrum unter Wasser setzte. „So schlimm wird es nach den Vorhersagen wieder werden“, sagte Tom Foley. Der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, brach eine Wahlkampftour zugunsten des republikanischen Bewerbers Mitt Romney in North Carolina am Freitag ab und kehrte nach Hause zurück.
Ein halbes Dutzend US-Staaten rief die Bürger auf, sich auf mehrere Tage ohne Strom einzustellen. „Wir stehen vor der sehr realen Möglichkeit weit verbreiteter, lange andauernder Stromausfälle“, sagte Ruth Miller, Sprecherin der Notfallbehörde in Pennsylvania. Fluggesellschaften begannen, Flugzeuge zur Vermeidung von Sturmschäden von der Ostküste abzuziehen. In Vorbereitung von Flugabsagen am Montag wurden am Sonntag in New York und Washington zusätzliche Verbindungen eingerichtet. Die Eisenbahngesellschaft Amtrak sagte am Samstagabend erste Verbindungen an der Ostküste ab.
Obama beobachtet weitere Entwicklung
Der mögliche „Supersturm“ droht den Wahlkampf zu überschatten: Amtsinhaber Obama legte für Montag und Dienstag geplante Kundgebungen auf Eis. Der Präsident wolle die weitere Entwicklung des Sturms beobachten, erklärte das Weiße Haus am Samstagabend. An ursprünglich für Montag geplanten Veranstaltungen in Florida und Ohio werde der Präsident teilnehmen, anschließend aber nach Washington zurückkehren.
Auch der republikanische Herausforderer Romney reagierte. Statt wie geplant in Virginia auf Stimmenfang zu gehen, wollte er am Sonntag gemeinsam mit seinem Vizepräsidentschaftskandidaten Paul Ryan in Ohio Wahlkampf machen.
Der Sturm stellt die Lager beider Präsidentschaftskandidaten vor eine schwierige Aufgabe: Sie müssen Wähler mobilisieren und dabei gleichzeitig darauf achten, Politik nicht über die öffentliche Sicherheit zu stellen. Knapp eine Woche vor der Wahl ist das Rennen um das Weiße Haus noch völlig offen.
Am Samstag befand sich der Wirbelsturm etwa 420 Kilometer südöstlich von Cape Hatteras in North Carolina und bewegte sich am Sonntag in nordöstlicher Richtung.
Papst drückt Mitgefühl aus
„Sandy“ hinterließ in der Karibik bereits eine Schneise der Verwüstung und kostete mindestens 65 Menschen das Leben.
Papst Benedikt XVI. drückte seine Solidarität mit den Bewohnern der vom Hurrikan getroffenen Karibikinseln aus. Er fühle mit all jenen, die auf Kuba, Haiti, Jamaika und den Bahamas von "besonderer Gewalt" betroffen seien, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Sonntag. Der Papst rief angesichts der Not zu Solidarität und Hilfsbereitschaft auf.
In New York wurden vorsorglich hunderte Flüge abgesagt worden. Die Behörden der US-Metropole ordneten am Sonntag zudem an, dass ab dem Abend vorerst keine U-Bahnen, Busse und Regionalzüge mehr fahren dürfen.
Leser*innenkommentare
Dingsda
Gast
Mit viel Glück verschwinden dann diese unsäglichen Türme aus Stahl und Beton von der indianischen Insel Manhattan.
SomaRiot
Gast
Herr Meisel, Sie können bestimmt beweisen, dass der Hurricane Sandy nicht entstanden wäre, wenn die USA weniger CO² verbrauch hätten, oder?
Nein? Aber Hauptsache, den Amis einen mitzugeben...
Peter Meisel
Gast
Wer kann den Menschen im Land mit den meisten Nobelpreisträgern mal erklären, dass das Wetter vielleicht doch etwas mit dem Klima und CO2 zu tun haben könnte? Es war wohl ein berühmt gewordener Präsident der USA, ein gewisser Sicherheitsfanatiker, George W. Bush, der die im Irak erprobte "Präemtive Selbstverteidigung" erfunden hatte!
Analog dazu könnte ein kluger Amerikaner den logischen Schluss finden: Heureka, I got it! Peemtive climat defense, that's it!