: Stunde der Appelle
■ Hearing zur Menschenrechtssituation in deutscher Innen- und Außenpolitik
Bonn (taz) – Vorbei die Zeiten, in denen man sich ausschließlich der Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern annahm. Das bewies die gestern zu Ende gegangene Tagung von 23 deutschen Menschenrechtsorganisationen in Bonn, die die Situation der „Menschenrechte in der deutschen Innen- und Außenpolitik“ zum Thema hatte.
Einen der brennendsten Tagesordungspunkte stellte die Problematik der in Deutschland lebenden Auländer und Asylbewerber dar. Übereinstimmend forderten alle 23 Organisationen die Novellierung des Ausländer- und Staatsangehörigkeitsgesetzes, sowie ein Einwanderungs- und Antidiskriminierungsgesetz zum Schutz der Einwanderer. Einigkeit bestand weiterhin bei den Teilnehmern – unter anderem von Pro Asyl, amnesty international, der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und terre des hommes – darüber, daß die geplante Änderung des deutschen Asylrechts mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vereinbar sei.
„Damit ist ein Fortschritt in der internationalen Menschenrechtsdiskussion preisgegeben“, beklagte vor allem Herbert Leuninger, Sprecher von Pro Asyl, dessen Organisation das Grundrecht auf Asyl als Menschenrecht betrachtet und seit Jahren in die internationale Diskussion einzubringen sucht. – Während das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit der Einladung der Veranstalter folgten und sich den Fragen stellte, „boykottierte das Bundesinnenministerium die Hinterfragung der Ausländer- und Asylpolitik“, wie Joachim Krause von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen bei der abschließenden Podiumsdiskussion feststellte.
Die über 200 TeilnehmerInnen des Hearings wollen darüber hinaus, daß die Bundesregierung sich in Zukunft dem Problem der „Illegalen“ in Deutschland annimmt. Vor allem wegen der neuen Asyl- und Ausländerpolitik gäbe es eine jährlich wachsende Zahl von illegal hier lebenden Ausländern, die hier vollkommen ungeschützt, ohne Krankenversicherung und in der ständigen Angst vor Ausweisung leben. Eine von ihnen: „Letzte Woche hat die Polizei acht Illegale festgenommen, darunter drei Kinder. Man weiß nie, ob man nicht angezeigt wird, weil jemand das Zimmer haben will, in dem man wohnt.“ Julia Albrecht
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