Studierende fordern bessere Bezahlung: Tarifberatung mit Techno
Die studentischen Beschäftigten in der Verwaltung fordern eine gerechtere Bezahlung. Sie möchten nun eine Klagekampagne starten.
Der Campus der Technischen Universität ist menschenleer. Es sind Semesterferien und die Studierenden schreiben gerade Hausarbeiten oder sind im Urlaub. Nicht so die rund 8.000 studentischen Beschäftigten der Berliner Universitäten. Besonders gefordert sind derzeit diejenigen in der Verwaltung: Sie halten die Unis auch in den Ferien am Leben. Und fordern dafür eine gerechte Bezahlung.
Das Café Shila liegt hinter dem Mathegebäude der TU. Im großen Gruppenraum brennt grelles Licht, ein Dutzend Studierende sitzen am Dienstagabend um einen Tisch. Zwei davon moderieren die Versammlung und leiten eine Vorstellungsrunde ein: Name, Uni, Arbeitsverhältnis. Die Anwesenden aus verschiedenen Unis und Hochschulen arbeiten in der IT, in Zweigbibliotheken und in der Studi-Beratung. Manche schon seit drei Jahren, andere erst seit zwei Wochen. Sie alle sind gekommen, um sich zu informieren.
Die Initiative #TVLfuerStudis fordert, dass Beschäftigte im nichtwissenschaftlichen Bereich in den Tarifvertrag der Länder (TV-L) eingruppiert werden. Derzeit werden sie über weite Teile nach TV-Stud entlohnt, einem Tarifvertrag, der für studentische Beschäftigte in der Wissenschaft vorgesehen ist. Seit Jahren hatten die nichtwissenschaftlichen Beschäftigten versucht, darauf aufmerksam zu machen.
Nach der Klage einer studentischen IT-Beschäftigten der Humboldt-Universität (HU) kam dann das Landesarbeitsgericht Berlin im Juni 2018 zu dem Ergebnis, dass sie unrechtmäßig nach TV-Stud beschäftigt sei und ihr mehr Geld zustehe. Die Begründung ist sehr allgemein, kann aber auf viele studentische Beschäftigte übertragen werden. Vor allem auf solche, die mit administrativen Aufgaben betraut sind.
Hochschulgesetz: TV-Stud deckt Verwaltung nicht ab
Denn: Der TV-Stud deckt laut Hochschulgesetz nur unmittelbar der Wissenschaft dienende Arbeiten und Hilfstätigkeiten ab. Zudem würden viele die gleiche Arbeit leisten wie TV-L-Kolleg*innen, also keine Hilfstätigkeit. Aber eben mit Befristung und deutlich weniger Lohn. Die Unis reagierten auf die Forderungen, indem sie mit Antrags- und Einstellungsstops drohten. Die HU setzte die Drohung im Herbst 2018 um.
Im Gruppenraum des Café Shila untersuchen Expert*innen die einzelnen Fälle und geben Tipps, während im Hintergrund Techno läuft. „Wie kann ich mehr Geld verdienen?“, fragt ein Beschäftigter der Freien Universität. Hierfür gebe es zwei Möglichkeiten: „Nach zwei Jahren Beschäftigung kann ein Antrag auf Entfristung gestellt werden. Oder schon davor eine Geltendmachung auf eine TV-L-Eingruppierung“, antwortet eine Expertin. Beides landet im Zweifel vor Gericht. „Eure Tätigkeiten solltet ihr genau protokollieren, um den Anspruch auf den TV-L nachweisen zu können.“
Sie möchten durch die individuellen Beratungen eine Klagekampagne starten und so ihren Arbeitskampf fortführen. Das Ziel: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!