Studie zur tropischen Artenvielfalt: Schutzlose Schutzgebiete
Nur die Hälfte der tropischen Naturreservate ist intakt. Auch im Umland sieht es schlecht aus, wie eine Studie der australischen James Cook University zeigt.
BERLIN taz | Schutzgebiete auszuweisen reicht nicht, um die Artenvielfalt in den Tropen zu erhalten. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie der australischen James Cook University. Die Forscher befragten 215 Wissenschaftler, die im Schnitt seit 20 Jahren in tropischen Schutzgebieten in Afrika, Asien und Amerika arbeiten.
Sie sollten bewerten, wie sich das Gebiet entwickelt hat – unter anderem mittels Faktoren wie Niederschläge, Populationsdichte oder Eingriffe des Menschen. Die Aussagen verglichen die Forscher mit Daten über die Region; die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Nature veröffentlicht.
31 Tier- und Pflanzenarten in 60 Schutzgebieten untersuchten die Wissenschaftler. „Diese Studie belegt erstmals empirisch und weltweit den tatsächlichen ökologischen Zustand in den tropischen Schutzgebieten“, sagt Carsten Brühl vom Institut für Umweltwissenschaften an der Universität Koblenz-Landau, die ebenfalls beteiligt war.
Das Ergebnis: Etwa die Hälfte der Gebiete sei intakt, in der anderen Hälfte gehe die Artenvielfalt stark zurück. Auch der Zustand um die Schutzgebiete herum sei maßgeblich: In 85 Prozent der Fälle würden die umgebenden Wälder zunehmend zerstört.
„Das Ausmaß des Artensterbens in den untersuchten Gebieten ist beängstigend“, sagt Brühl. Es gehe nicht nur um wenige Gruppen, die betroffen seien, sondern um eine große Anzahl an Arten. Die Befunde der Wissenschaftler passen dazu, dass ein Teil der Artenschützer das Konzept der Schutzgebiete zunehmend kritisch sieht.
Sie fordern, der Natur einen ökonomischen Wert beizumessen – etwa danach, wie viel ein Ökosystem zur Luftreinhaltung beiträgt. Das könnte einen ökonomischen Anreiz zur Erhaltung schaffen. Doch einfach ist diese Lösung nicht: So ist beispielsweise der Beitrag eines solchen Wertes deutlich schwieriger zu ermitteln als der Preis für das auf dem Areal wachsende Holz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW