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Studie zur KinderbetreuungTipptoppe Tagesmütter

Kaum beachtet, aber wertvoll: Tagesmütter sollen Kinder besser betreuen als Kita-Kräfte, sagt eine Studie einer Wiener Entwicklungsforscherin.

Die Tagespflege scheint eine gute zeitliche Brücke zwischen der Elternbetreuung und der späteren Kita zu bilden. Bild: Miss X / photocase.com

BERLIN taz | Kleinkinder sind bei einer Tagesmutter besser aufgehoben als in einer Kita – zumindest in Österreich. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Wiener Entwicklungsforscherin Lieselotte Ahnert in Niederösterreich durchgeführt hat und die sie auf einer Konferenz zur Kindertagespflege in Berlin vorstellte. In den drei Themenfeldern Anregung, Geborgenheit und Struktur, nach denen die Qualität der Betreuung gemessen wird, schnitten die Tagesmütter (Tagesväter waren nicht zu finden) besser ab als die Kitas.

Demnach scheint die Tagespflege für ein- bis zweijährige Kinder eine gute zeitliche Brücke zwischen der Elternbetreuung und der späteren Kita zu bilden. Die Kinder waren aufgeschlossener und weniger sicherheitsbedürftig als die daheim erzogenen. Zugleich hatten sie ein stärkeres Geborgenheitsgefühl als die Kinder in Kitas. Sie entwickelten zu den Tagesmüttern sicherere Beziehungen als ihre AltersgenossInnen zu ErzieherInnen.

Aus diesem Geborgenheitsgefühl heraus können Kinder losziehen und lernen: Deshalb war die kognitive Entwicklung bei diesen Kindern schneller als bei den Kita-Kindern. Zudem entwickelten sich Jungen in Kitas langsamer als Mädchen, bei Tagesmüttern dagegen waren beide Geschlechter gleich schnell.

Ahnert verwies darauf, dass die Tagespflege in Österreich professioneller organisiert sei: „Wir waren überrascht, auf welch hohem Niveau Kindertagespflege in Niederösterreich angeboten wird“, erklärte sie. So seien Tagesmütter besser vernetzt als in Deutschland, sodass Krankheitsfälle und Urlaube mit anderen Tagesmüttern abgesprochen werden konnten. „Die Mütter werden mit diesen Problemen nicht alleingelassen“, so Ahnert.

750.000 Plätze bei Tagesmüttern

Die Tagespflege soll in Deutschland beim Betreuungsausbau bis 2013 eine größere Rolle spielen: 30 Prozent der 750.000 neuen Betreuungsplätze sollen bei Tagesmüttern entstehen. In der anschließenden Diskussion bemängelte Thomas Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut, dass es in Deutschland keine Standards für die Qualifizierung und kein Tarifsystem für Tagesmütter gebe. Die Verdienstspanne reicht von 1,80 Euro pro Kind und Stunde bis zu sieben Euro in manchen Regionen Baden-Württembergs.

Stefan Haddick vom Familienministerium verwies auf das Aktionsprogramm Kindertagespflege: An 160 Modellorten werden Vernetzung und Ausbildung der Tagesmütter und -väter gefördert. Auch werden ihre Löhne bei Festanstellungen in Gemeinden oder bei freien Trägern ab sofort bezuschusst. Eigentlich zuständig für eine Verstetigung des Programms sind die Länder. Die zeigen sich in puncto Tagespflege bisher aber eher schwerfällig.

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8 Kommentare

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  • F
    Fränkin

    Also ich bin auch TM und was ich erstmal aufklären möchte ist das Tagesmütter nicht ausgebildet werden. Seit ich 1.1.2006 sieht das Gesetz eine Grundausbildung von 30std. vor. Erst dann bekommt man eine Pflegeerlaubnis, erst nur für 1Kind dann wird das langsam gesteigert.In den ersten 2 Jahren nur bis zu max. 3Kindern. Nach 60std. bekommt man eine sogenannte Qualifizierung wodurch die TM jetzt den vollen Stundensatz verdient. Nach der Grundausbildung folgt der weiterführende Aufbaukurs von 80std.. Abgeschlossen wird die Ausbildung mit dem Curriculum und einen Pädagogischen Konzept. Es besteht ein enger Kontakt zum Jugendamt weil man als Kooperationspartner zusammen arbeitet. Außerdem hat man 2mal im Monat Gruppenabend vom Jugendamt und regelmäßige Fortbildungen. Es wurde viel ausgebaut um sogenannte schwarze Schafe abzuschaffen und um das Betreuungsmodell TM zu stärken und mit anderen pädagogische Betreuungsmöglichkeiten konkorenzfähig zu sein. Ich denke nicht, das es so gemeint war, das eine Grippe dem Kind schadet sondern das ein Kind unter 3 Jahren noch sehr sensibel ist und in einen familiären Umfeld leichter z.b.die Trennung von den Eltern verkraften oder eine neue Bindung zuzulassen.Gefördert wird bei allen Möglichkeiten.Auch bei den Kindern die zuhause sind wird nicht unterstellt das es schadet oder falsch ist, sondern das der Kontakt zu anderen Kindern wesentlich geringer ausfällt und dadurch natürlich der Umgang mit der Gruppe und anderen Kindern nicht so geschult ist. Es gibt Vorzüge der TM worin wir uns auch von Einrichtungen unterscheiden z.B. kleinere Gruppe,familiäres Umfeld und Alltagskompetenzen. Ich wollte auch noch mal vor Augen halten, das wenn in einer Kindergrippe 1Betreuer krank o.Urlaub hat, der 2te Betreuer mit 12 Kleinkindern und Babys alleine ist.Aber ein Ausfall der Betreuung findet natürlich nicht statt.Das das Modell TM auch für arbeitende Eltern funkioniert, hat jede Komune andere Reglungen um eine Ersatzbetreuung bei Ausfall o.Urlaub der TM anzubieten.

    Bei uns in Erlangen gibt es beim Fachdienst Kindertagespflege eine sogenannte Ersatzbetreuung, die von 3Erzieherinnen bewerkstelligt wird.Die abgebenden Eltern müssen mit ihren Kind 4 Eingewöhnungsnachmittage kommen um Anspruch auf die Ersatzbetreuung zu haben.Weiterführend zur Eingewöhnung in der Ersatzbetreuung gehen wir TM alle 2Wochen mit den kindern in die Kindergruppe,die in den selben Räumlichkeiten der Ersatzbetreuung stattfindet.So haben die Kinder einen regelmäßigen Bezug zur Ersatzbetreuung.Ich finde diese Reglung sehr gut, aber man sollte eine einheitliche Reglung finden um das betreuungsmodell TM zu festigen.

  • J
    JOSI

    Ich bin Tagesmutter aus Oberasbach und betreue 5 kleine kinder im Alter von 1- 3 Jahren und kann von mir behaupten das ich eine gute Qualifizierte Tagesmutter bin . Die Eltern meiner Kids sind wahnsinnig glücklich mich gefunden zu haben und ihre Kinder in einer familieren Umgebung aufwachsen dürfen und nicht irgendwo in einer Krippe wo sie in dem Alter leider verloren sind und nie das bekommen wie bei uns Tagesmuttis. Ich bin gerne Tagesmutter und habe selber 4 Kinder und das wir so schlecht bezahlt werden können die kleinen Mäuse nichts dafür und würden sie mit Sicherheit nicht deswegen schlecht behandeln sondern wie das eigene Kind. Wir treffen uns die Woche auch mit anderen Tagesmütter damit die Vertretung im Krankheitsfall statt findet und ausserdem haben die meisten auch eine liebevolle Oma die gerne mal dafür einspringt und auf das Enkelkind aufpasst.

  • DQ
    Der Querulant

    Grundsätzlich stimme ich dem Artikel durchaus zu, hat die größte Studie aller Zeiten, die amerikanische NICHD-Studie doch genau dieses und noch mehr gezeigt.

     

    Das allerdings Tagesmütter besser sein sollen als die genetischen Eltern, das entbehrt doch wohl jeder Grundlage. Da scheint dann doch wieder die Ideologie und das Betreuungsgeld durch, oder?

  • H
    Hamburgerin

    Das Kind in Hamburg lebte bei drogenabhängigen Pflegeeltern und dieser Umstand hat mit der Qualität und den Rahmenbedingungen von Tagespflege durch Tageseltern überhaupt nichts zu tun.

     

    Interessant aber der Hinweis auf die bessere Vernetzung der Tagesmütter in Österreich, denn der Aspekt der höheren Verlässlichkeit war für mich ein ausschlaggebender bei der Entscheidung für eine Krippe, die ich auch nicht bereut habe.

  • S
    Sükran

    Es ist traurig das in diesem Land eine Putzfrau mehr verdient als Tagesmütter die unser Wertvollstes nämlich unsere Kinder betreuen...

  • C
    Christy

    Das es beim ersten Mal nicht klappte, hier der zweite Versuch:

     

    Nette Überschrift, stimmt aber für Deutschland oft nicht. Ich habe für meine Kinder Plätze in Krippen in zwei verschiedenen Großstädten im Westen gesucht und war heilfroh, dass ich keine der sich bietenden Tagesmütter nehmen mußte.

     

    Wenn ich dagegen die Krippen sehe, in denen die Minis waren, hell, geräumig, mit Menschen, die sich um die Kinder kümmern in einer Anzahl, dass man es ihnen auch zutrauen kann, dazu ausgebildetes Personal, eine Offenheit in der Kommunikation.

     

    Ich traue vielen der Tagesmütter nicht und wie ich erfuhr, ist bei Krankheit tote Hose und man kann anfangen zu organisieren, weil eine Person nun einmal nur eine Person ist....

     

    Deutschland hat wohl viel zu tun, wenn wir einen Standard erreichen wollen, bei dem man sagen kann, dass eine Tagesmutter einer Krippe vorzuziehen ist.

  • C
    Christy

    Nette Überschrift, stimmt aber für Deutschland oft nicht. Ich habe für meine Kinder Plätze in Krippen in zwei verschiedenen Großstädten im Westen gesucht und war heilfroh, dass ich keine der sich bietenden Tagesmütter nehmen mußte.

     

    Wenn ich dagegen die Krippen sehe, in denen die Minis waren, hell, geräumig, mit Menschen, die sich um die Kinder kümmern in einer Anzahl, dass man es ihnen auch zutrauen kann, dazu ausgebildetes Personal, eine Offenheit in der Kommunikation.

     

    Ich traue vielen der Tagesmütter nicht und wie ich erfuhr, ist bei Krankheit tote Hose und man kann anfangen zu organisieren, weil eine Person nun einmal nur eine Person ist....

     

    Deutschland hat wohl viel zu tun, wenn wir einen Standard erreichen wollen, bei dem man sagen kann, dass eine Tagesmutter einer Krippe vorzuziehen ist.

  • K
    Karolina

    Vielen Dank für diesen kurzen, aber wichtigen Artikel und den Verweis auf das erschreckend geringe Gehalt von Tagesmüttern in Deutschland.

    1,80€-7€/h ist zum Einen eine riesige Spannbreite für die selbe Tätigkeit und zum Anderen, wenn man überelegt wieviel Verantwortung und Arbeit in der Pflege, Entwicklung von Fähigkeiten und liebevollem Umgang mit den Kindern steckt, doch ein sehr sehr geringer Preis.

    Nur ist in Deutschland leider kaume eine Überprüfung, Qualifizierung der Tagesmütter/-väter nötig, so dass man Kleinkinder, wie in Hamburg Harburg geschehen, Drogenabhängigen in Obhut gibt und dann sicherlich 1,80€/h eine der Qualität der Betreuung adäquate Bezahlung ist....

    Wenn Kinder die Zukunft sind, warum liegt den Behörden in Deutschland so bedrückend wenig an ihnen?