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Studie zur Deutschen EinheitBier vs. Schnaps

Wie sehr sind Ost und West 25 Jahre nach dem Mauerfall vereint? Eine Studie sagt: bei Geld, Autos und Alkohol nicht so, beim Sex schon.

Auf die Einheit! Foto: dpa

Berlin taz | Wessis sind arrogant, finden die Ossis. Sich selbst halten sie für fleißig und bescheiden. Viele Westdeutsche glauben zwar auch, dass die aus den neuen Bundesländern irgendwie anders sind, haben von „dem Ossi“ aber eigentlich kein genaues Bild. In den Köpfen ist die deutsche Teilung 25 Jahre nach der Wende noch präsent.

Das ist ein Ergebnis der Studie „So geht Einheit“ vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Die Befragungen zeigen aber auch: Die mentale Mauer bröckelt. Bei Menschen, die nach 1989 geboren sind, nehmen Vorurteile ab. „Besonders dann, wenn Kontakte zu Menschen aus dem anderen Landesteil bestehen“, sagt Stephan Sievert vom Berlin-Institut.

In vielerlei Hinsicht haben sich Ost und West fast gänzlich angeglichen. Das gilt beispielsweise für die Lebenserwartung und das Alter bei der ersten Schwangerschaft. Auch die jahrelangen Abwanderungsströme der Ostdeutschen in den Westen halten sich mittlerweile mit den entgegengesetzen fast die Waage. Fragt man beide Gruppen, wofür sie ihr Geld ausgeben, lautet die gesamtdeutsche Antwort: Wohnung, Auto, Essen.

Ein Blick auf die Markenvorlieben zeigt jedoch gewisse historisch-lokale Verbundenheiten. Die Wessis fahren am liebsten BMW, die Ossis bevorzugen – entsprechend ihrer bescheidenen Art – den Škoda. Im Westen trinkt man Beck’s, in Brandenburg und Co eher Radeberger, noch lieber aber harten Alkohol.

Nur halb so viel Vermögen

Wirtschaftlich klaffen die beiden Teile Deutschlands weiterhin auseinander. Die Befunde sind nicht neu: Ostdeutsche verdienen im Durchschnitt ein Viertel weniger als die Menschen im Westen, ihr Vermögen ist sogar nur halb so groß.

Die Daten der Studie sind umfangreich. Mit Vorsicht sollten allerdings die Erklärungen genossen werden. Denn jeder Statistiker weiß: Korrelation ist nicht gleich Kausalität und die naheliegende Erklärung nicht immer richtig. Für die niedrigen Löhne in den neuen Bundesländern hat Sievert beispielsweise nur eine Begründung: zu geringe Produktivität. „Dass von den Betrieben, die von der Treuhand verkauft wurden, ein Großteil gleich schließen musste, zeigt ja, dass es da ein massives Produktivitätsproblem gab.“

Während die wirtschaftliche Angleichung der Realisierung harrt, lässt aber zumindest ein Befund hoffen, dass die Mauer in den Köpfen weiter schrumpft: Im Bett ist den Deutschen völlig schnurz, ob Ossi oder Wessi neben ihnen einschläft.

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2 Kommentare

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  • Seltsam! Die Ossis halten die Wessis für arrogant, haben aber kein Problem damit, neben einem einzuschlafen?

     

    Hm. Was könnte das bedeuten? Es könnte bedeuten, dass Arroganz, wenn sie schon nicht positiv besetzt ist im Osten, dann doch zumindest kein No-Go darstellt. Das wäre nach all der Abwickelei der letzten zweieinhalb Jahrzehnte immerhin verständlich. Arroganz, hat der Durchschnitts-Ossi in 25 Nachwendejahren gelernt, ist immerhin ein relativ verlässliches Zeichen für Zukunftsfähigkeit. Passen würde diese Erklärung auch zum Durchschnitts-Wessi. Der schaut sich seine potentiellen Partner gar nicht so genau an, bevor er mit ihnen in die Kiste hüpft. Eine eventuelle Arroganz ist ihm eher egal, denn arrogant ist er ja selbst – und er kann prima damit leben.

     

    Ich weiß, ich weiß: Es kann auch alles völlig anders sein. Korrelationen sind noch keine Kausalitäten. Aber bitte: Irgendwie muss man sich die Welt als Ossi doch erklären! Es gibt da immer noch dieses Gefühl der Unsicherheit. Nach 25 Jahren hat man zwar schon fast die Hälfte der materiellen Basis eines Durchschnittswessis erwirtschaftet, die Jahre aber, in denen man quasi bei Null gestanden hat (wir hatten gar nichts in der DDR, nicht wahr?) wirken halt nach.

     

    Na, wie auch immer. Mir, jedenfalls, käme ein arrogantes Ar... äh: ein arroganter Artgenosse ja eher nicht ins Bett, sei er nun Ossi oder Wessi. Er kann so reich sein wie er will. Geld bietet keine Sicherheit, so viel hab ich gelernt in meinen ersten 50 Jahren. Ob meine Kinder, die schon eher Wessis sind als Ossis an dem Punkt, das irgendwann genau so sehen? Wir werden seh'n. So lange sie nicht unsanft wachgerüttelt werden, kann es mir eigentlich egal sein als besorgtem Elternteil.

  • "Während die wirtschaftliche Angleichung der Realisierung harrt, lässt aber zumindest ein Befund hoffen, dass die Mauer in den Köpfen weiter schrumpft: Im Bett ist den Deutschen völlig schnurz, ob Ossi oder Wessi neben ihnen einschläft."

     

    Die Deutschen sind echt sowas von liberal! Ein Traum!