piwik no script img

Studie zur Antibabyspritze abgebrochenSpritzus interruptus

Eine Studie zur Antibabyspritze für den Mann wurde jetzt abgebrochen. Die Männer litten an Depressionen, Gewichtszunahme, Sexproblemen oder Akne.

Pieks, rein mit den Hormonen, Spermien unwirksam. Darauf müssen Frauen und Männer jetzt noch länger warten. Bild: reuters

HALLE/MÜNSTER dpa | Die Idee einer Antibabyspritze für den Mann ist mehr als 30 Jahre alt. Aber bislang ist kein derartiges Präparat bis zur Marktreife gelangt. Auch eine Ende 2009 gestartete Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in acht Ländern mit insgesamt 400 Testpersonen brachte keinen Erfolg. "Die Studie ist bereits im März gestoppt worden, weil die Spritze in der jetzigen Zusammensetzung nicht funktioniert", sagt der Leiter der Studie, Prof. Michael Zitzmann, Androloge und Endokrinologe am Centrum für Reproduktionsmedizin der Universität Münster.

"Bei 90 Prozent der Männer hat es funktioniert, aber 10 Prozent, das ist einfach zu viel", sagt Zitzmann mit Blick auf die Nebenwirkungen. Insbesondere bei älteren Familienvätern traten unangenehme Folgen auf, darunter Depressionen, Gewichtszunahme oder Akne. Dabei wurde die Verhütungsspritze vor Beginn der großen WHO-Studie in mehreren kleineren nationalen Studien getestet, ohne dass dabei derartige Nebenwirkungen auftraten.

In Halle beteiligten sich 43 Männer. Generelle Bedingung war, dass alle Probanden im Alter zwischen 18 bis 45 Jahren in einer festen Partnerschaft leben und die Frauen mit dem Test einverstanden sind. Derzeit befinden sich die Teilnehmer in der Nachbetreuung.

Unverträglichkeit zu hoch

"Die Erwartungen sind nicht erfüllt worden", sagt der Leiter der Studie in Halle, Hermann Behre, der auch Direktor des Zentrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie des Universitätsklinikums Halle ist. "Zwar haben in Halle neun von zehn Männern die Spritze vertragen, aber insgesamt ist der Anteil der Unverträglichkeit zu hoch." Die komplette Auswertung der Studie werde im Oktober vorliegen. "Aber wir können schon jetzt davon ausgehen, dass es in dieser Form nicht funktioniert", bestätigt Behre.

Den Männern wurde die Antibaby-Spritze alle acht Wochen gegeben. Als Wirkstoffe kamen Substanzen zur Anwendung, die bereits zur Behandlung von anderen Beschwerden zugelassen sind. Ansonsten wären langwierige Zulassungsverfahren notwendig geworden. Die Testosteronzufuhr von außen bewirkte, dass die Hoden die Produktion des körpereigenen Testosterons einstellten und als Folge auch tatsächlich keine Samenzellen erzeugt wurden.

Innerhalb der nächsten 5 Jahre keine Marktreife

"Wir müssen jetzt ganz neu anfangen, das Ergebnis ist offen", sagt Zitzmann. Allerdings rechnet er nicht mehr damit, dass eine Verhütungsspritze für den Mann innerhalb der nächsten fünf Jahre zur Marktreife gebracht werden kann.

Auch die Pharmaindustrie ist skeptisch. Ein Forschungsprojekt auf Basis einer Hormonspritze und eines Implantates wurde nach der Übernahme der Schering AG durch die Bayer AG im Jahr 2007 eingestellt. "In den nächsten 10 bis 15 Jahren gibt es dafür keine Marktchancen", sagt Friederike Lorenzen von der heutigen Bayer HealthCare Pharmaceuticals der Bayer Pharma AG (Berlin). Auch die im Verband Forschender Arzneimittelhersteller (Berlin) organisierten 43 Pharmafirmen forschen den Angaben zufolge nicht an einem Verhütungsmittel für den Mann.

"Wir sind näher dran, als wir glauben"

Dennoch: Behre sieht weiterhin große Chancen für eine Antibaby-Spritze für den Mann. "Wir sind an einem Erfolg näher dran, als manche glauben." Der Mediziner favorisiert die reine Testosteron-Spritze. "In China wurde eine derartige Testosteronspritze an über 1000 Männern mit Erfolg getestet. Die Ergebnisse liegen seit 2009 vor", sagt der Wissenschaftler.

"Die Antibaby-Spritze für den Mann soll die Pille für die Frau nicht verdrängen oder ablösen", betont Behre. Die Spritze biete aber Paaren die Möglichkeit, sich die Verantwortung bei der Verhütung zu teilen. Außerdem wäre sie eine gute Alternative, wenn die Frau die Pille aus gesundheitlichen Gründen nicht verträgt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • ML
    mit Leib und Seele Mann

    ...schön wie wichtig gleichberechtigung für die frauen hier ist. Im sinne von geteiltes leid ist halbes leid, werden die männer dazu verurteilt gefälligst auch zu leiden wenn es die frauen tun. am besten pressen sie bei der geburt wo die frau ja solche schmerzen hat auch einen 7pfund schween klumpen hackfleisch aus ihrem after damit es fair ist. Achja und für die nächsten paar jahrzehnte dürfen nur die frauen wählen, damit die ganzen bösen machos mal sehen wie das ist.

    es gibt meines wissens mehrere arten der pille mit unterschiedlichen nebenwirkungen, es gibt die spiralle, die spritze für die frau, das kondom für die frau und weiteres. Für männer gibt es aktuell nur kondome.

    Mmn macht das auch nichts da meines erachten nachs das Kondom DAS effektivste verhütungsmittel ist. man kann es immer dabei haben, man braucht keine fremdhormone, es ist nahezu idiotensicher in der anwendung, es gibt verschiedene geschmacksrichtungen,es gibt im dunkeln leuchtende, es gibt welche mit noppen. dazu noch verhindern sie als einzige zuverlässig geschlechtskrankheiten.

    Wenn eine spritze da mithalten soll muss sie schon deutliche vorteile bringen 10% chance auf nebenwirkungen sind das nicht gerade.

    Wenn ich wagen habe der optimale aktive und passive sicherheit hat, 180km/h schnell fahren kann, 1l auf 100km verbraucht und der noch dazu Platz für den ganzen familien urlaub hat, dann kauf ich mir aquch keinen trabi dem ein rad fehlt.

  • S
    sophie

    Und diese Nebenwirkungen der Pille werden bei Frauen nicht nur bei der Verhütung in Kauf genommen, sondern auch, weil frau nach Ansicht der mediziner zu viele Körperhaare oder Muskeln hat. Was ist dagegen schon ne Depression oder eine Gewichtszunahme?

  • E
    Emil

    @Alex/andra:

     

    "Depressionen, Gewichtszunahme, Sexproblemen oder Akne..." ...das sind aber alles Probleme, die Frauen grds. haben, auch ohne Antibabypille, darum sind die meisten ja auch so uninteressant. :-)

  • DJ
    Delphina Jorns

    Nach meiner persönlichen Statistik treten gravierende Nebenwirkungen bei mehr als 10% der heute mit Hormonen verhütenden Frauen auf. Das war zum Zeitpunkt der Markteinführung noch drastischer.

    Dass es für die Spritze für den Mann keinen Markt gibt ist ein kulturell-politisches Phänomen das sich so schnell nicht ändern wird.

    +++

  • A
    Alex/andra

    ..."Die Männer litten an Depressionen, Gewichtszunahme, Sexproblemen oder Akne..."

     

    Ach nee. An diesen Problemen leiden die Frauen zum größten Teil auch, wenn sie die Pille nehmen. Bloss das hier niemand irgendwelche Versuche abbricht!

  • J
    Johannes

    Diese Spritze passte doch wunderbar in den Zeitgeist, da die Frauen aufgrund der Reduktion und des Verlustes ihrer Feminität nur noch immer abnehmendere sexuelle Begierden auszulösen in der Lage sind, soll auch dem Mann seine Depriphase als Antsisexlegitimation gegönnt sein.

     

    Warum sich solch einem unfundierten und oberflächlichen Zeitgeist-Kreischhals namens Frau widmen, wenn man viel mehr sachlichen und intellektuellen Spass jederzeit mit sich selbst haben kann? Hahahaha

  • E
    eva

    Wie interessant.

    Die armen Männer litten unter Gewichtszunahme, Akne, Depressionen.

    Genau damit haben fast alle Frauen, die die Pille nehmen, auch zu kämpfen.

    Nur dass das weder die Frauenärzte noch - offenbar - die Forscher je störte.

    Frauen beissen die Zähne zusammen und denken, es muss ja sein, also schlucke ich die Pille - mitsamt bitteren Nebenwirkungen.

    Männern kann man das nicht zumuten. Die würden ja leiden!