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Studie zum Verhalten von BienenDer Pollentransport hat es in sich

Die Uni Göttingen hat Netzwerke von Wildbienen und Pflanzen auf geschützten Wiesen erforscht. Dies hilft, das Aussterben von Arten vorherzusagen.

Manchmal trinken sie nur, ohne Pollen mitzunehmen: Zwei Wildbienen tun sich an einer Sonnenblume gütlich Foto: dpa/Boris Roessler

Bremen taz | Bienen haben eine zentrale Bedeutung für unser Ökosystem. Mit ihrer Fähigkeit zu bestäuben, tragen sie zum Erhalt der biologischen Vielfalt bei. Forschende der Universität Göttingen haben sich von 2016 bis 2020 mit Blütenbesuchsnetzwerken und Pollentransportnetzwerken von Wildbienen befasst – also damit, wie oft eine Biene zu einer Blüte fliegt, ob sie Pollen mitnimmt oder nur den Nektar trinkt.

Dabei wurde analysiert, wie diese Bienen-Blumen-Besuche und Bienen-Pollen-Transport-Interaktionen auf die Fragmentierung ihrer Lebensräume reagieren. Das Team forschte dafür auf 29 Kalkmagerrasen in der Nähe von Göttingen. Kalkmagerrasen sind Wiesenlandschaften mit kalkhaltigen Böden, auf denen diverse Blumen und Gräser wachsen. Früher dienten sie als Weideland, aufgrund der geringen Erträge kommt dies heute nur noch selten vor, und viele Kalkmagerrasen stehen unter Naturschutz.

Angeführt wurde das Team von dem Ökologen Felipe Librán-Embid, der mit der zugehörigen Studie promovierte. Der 35-Jährige wurde dabei von Teja Tscharntke von der Universität Göttingen und Ingo Grass von der Universität Hohenheim betreut. „Solche Daten zum Pollentransport sind in der Forschung bislang noch selten vertreten, weil sie so kompliziert zu analysieren sind“, sagt Felipe Librán-Embid.

Die Identifizierung der Pflanzenart des Pollens erforderte die Zusammenarbeit mit Pollenexpert*innen. Auch die Analyse von Metanetzwerken sei noch selten, da die Methode erst 2018 von der Forscherin Carine Emer entwickelt worden sei.

Mit Freun­d*in­nen Bienen gezählt

Die Erhebungen im Feld bestanden zum Großteil aus der Beobachtung der Wildbienen mit bloßem Auge. „Man wird trainierter“, sagt Librán-Embid. Für seine Promotion lernte er, 200 Pflanzen-, Bienen- und Schmetterlingsarten der Region zu erkennen. Erhoben wurde 2018 im Frühling und Sommer, wenn das Wetter stimmte.

„Bestäuber fliegen nicht bei jeder Witterung. Es galt die Regel, dass es bei über 15 Grad Celsius funktionierte, wenn es sonnig war, oder bei über 18 Grad Celsius bei jedem Himmelszustand ohne Regen oder starken Wind“, erklärt Librán-Embid. Er zählte gemeinsam mit wissenschaftlichen Hilfskräften und Freund*innen. Vereinzelt wurden schwer identifizierbare Bienen mit einem Netz gefangen und unter einem Mikroskop untersucht.

Für die Analyse, wie die Bienen-, Blumen-, und Pollen-Transport-Interaktionen auf die Fragmentierung von Lebensräumen reagieren, wurden die erhobenen Daten der 29 Wiesengebiete kombiniert. Dies ergab, dass 37 Prozent der Interaktionen zwischen Pflanzen- und Wildbienenarten sowohl dem Pollentransport als auch dem Blütenbesuch dienten. 28 Prozent der Interaktionen waren ausschließlich im Pollentransport nachweisbar, während 35 Prozent nur im Blütenbesuch stattfanden.

Eine Analyse der gesamten Netzwerke zeigte: Der Anteil der einzigartigen Interaktionen auf jedem Kalkmagerrasen nahm mit der Vielfalt der Landschaft zu.

Je vielfältiger die umgebenden Nutzpflanzen, desto besser ist es für das Pflanzen-Bestäuber-Netzwerk

Anhand der Daten zu den Interaktionen zwischen Wildbienen und blühenden Pflanzen sowie über den Pollentransport der Bienen konnte neben der lokalen Ebene auch die regionale Metanetzwerk-Ebene erforscht werden, erklärt Librán-Embid. „Metanetzwerke eignen sich für die Beschreibung fragmentierter Lebensräume wie der untersuchten Kalkmagerrasen. Ein Metanetzwerk beschreibt auf der einen Ebene ein Fragment von Lebensraum.

Auf der anderen Ebene geht es um die Interaktionen, die dort stattfinden. Man hat also eine Pflanzenbestäuber-Interaktion, die mit dem Standort verbunden ist, an dem sie vorkommt. Wenn man sich dann alle Fragmente in einer Region ansieht, kann man dieses Metanetzwerk konstruieren“, erklärt Librán-Embid.

Dann beschreibt er das Potenzial dieser Metanetzwerke: „Sie können einzigartige Interaktionen sichtbar machen, die nur in einem Fragment in einer Region stattfinden, aber auch Interaktionen zwischen den Fragmenten.“ Das sei bedeutungsvoll für die Funktionalität eines Bestäubungsnetzwerks, weil man dann sehen könne, wo die Funktionen noch vorhanden und wo sie verloren gegangen seien.

„Es ist eine Möglichkeit, das Aussterben von Arten vorherzusagen, da Interaktionen immer vor den Arten verschwinden, sagt Librán-Embid. „Das kann als Frühwarnung dienen, um Umweltschutzmaßnahmen zu ergreifen, bevor es zu spät ist.“

Als weitere Erkenntnis aus der Studie beschreibt er: „Diese geschützten Wiesen sind in eine Agrarlandschaft eingebettet. Sie sind also von Flächen umgeben, auf denen Nutzpflanzen angebaut werden. Je vielfältiger die umgebenden Landnutzungstypen sind, desto besser ist es für das Pflanzen-Bestäuber-Netzwerk des geschützten Kalkmagerrasen-Fragments.“

Für den Schutz artenreicher Gebiete sei also auch die Diversifizierung ihrer Umgebung nötig. Etwa, indem mehr darauf geachtet werde, welche Pflanzen in welcher Reihenfolge angebaut würden.

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2 Kommentare

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  • Ich finde es ausgesprochen interessant und möchte der Taz für die Info danken!



    Das Paper kann man auf ResearchGate finden. Es ist sehr aufschlußreich. Danke!

  • "Für den Schutz artenreicher Gebiete sei also auch die Diversifizierung ihrer Umgebung nötig. Etwa, indem mehr darauf geachtet werde, welche Pflanzen in welcher Reihenfolge angebaut würden."



    Sowie welche Pestizide und Neonictinoide wann (Sonnenschein) und wo und wie ausgebracht werden.