piwik no script img

Studie zum Hitzerekord im Jahr 2023Warum mehr wolken­verhangene Tage gut fürs Klima sind

Der Hitzerekord im Jahr 2023 stellte Kli­ma­for­sche­r*in­nen vor ein Rätsel. Eine Studie liefert nun eine Erklärung für die Hitze: fehlende Wolken.

Von den Wolken strahlt das Sonnenlicht ins Weltall zurück und kommt gar nicht mit voller Kraft auf dem Boden an Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Berlin taz | 2023 war ein außergewöhnlich heißes Jahr: Mit 1,48 Grad über dem vorindustriellen Durchschnitt kratzte es bereits an der politisch wichtigen 1,5-Grad-Grenze. Es war 0,3 Grad heißer als das Vorjahr und 0,2 Grad über dem vorherigen Rekord im Jahr 2016. Für Jahresdurch­schnittstemperaturen des ganzen Planeten ist das viel. Ein Klimawissenschaftler bezeichnete die Temperaturen als „gobsmackingly bananas“ – ein Ausdruck, den man vorsichtig mit „vollkommen Banane“ übersetzen könnte.

Dass in der Klimakrise alles heißer wird, ist naheliegend – aber Kli­ma­wis­sen­schaft­le­r*in­nen konnten sich nicht erklären, warum genau 2023 so heiß war. Mit dem Abklingen des El-Niño-Wetterphänomens, das Luft- und Meeresströmungen verändert, hätten die Temperaturen eigentlich wieder sinken müssen. Sie taten es aber nicht.

Neben dem Klimawandel und dem El-Niño-Phänomen gibt es weitere Erklärungsansätze, warum die Temperaturen im Jahr 2023 so hoch waren. Dazu zählen die stärkere Sonnenaktivität und ein Unterwasservulkanausbruch. Trotzdem bleibt eine Lücke von 0,2 Grad, die nicht erklärt werden können und nun heiß diskutiert werden.

Einen Erklärungsansatz haben drei Forscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung und des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage nun gefunden und in der Zeitschrift Science veröffentlicht. Sie schreiben: Es sind die Wolken. Insbesondere habe es 2023 weniger niedrige Wolken gegeben. Von denen strahlt das Sonnenlicht ins Weltall zurück und kommt gar nicht mit voller Kraft auf dem Boden an – was die Erde weniger erwärmt.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Hätte die Wolkenbedeckung nicht abgenommen, so die Berechnung der Forscher, wäre 2023 um 0,23 Grad kühler ausgefallen und vielleicht gar nicht zum Rekordjahr geworden. Für ihre Studie untersuchten die Forscher die Albedo der Erde, also ihr Rückstrahlvermögen. Dieses sinkt schon seit Jahrzehnten, weil es jedes Jahr weniger Eis an den Polen gibt und deshalb die weiße Fläche des Planeten sinkt. Für 2023 zeigten Satellitenbeobachtungen allerdings eine besonders niedrige Albedo. Ein Vergleich mit Temperaturdaten zeigte zudem, dass die größten Hitzerekorde dann und dort stattfanden, wo im vergangenen Jahr die niedrigen Wolken fehlten.

Ein Rückkopplungseffekt des Klimawandels?

Die Frage, warum 2023 zu so einem außergewöhnlichen Hitzejahr wurde, ist auch mit dieser Studie nicht endgültig beantwortet. Dennoch sinkt mit ihr der Eindruck für Klimaforscher*innen, dass das Klima inzwischen so verrückt spielt, dass es gar nicht mehr erklärbar ist.

Wie aber kommt es, dass es derzeit weniger Wolken gibt? Helge Gössling, einer der Autoren, denkt, es könnte am Klimawandel liegen. Das würde bedeuten, dass die Erderhitzung Bedingungen schafft, die für noch mehr Hitze sorgen – ein fataler Rückkopplungseffekt. „Wir könnten einer globalen Klimaerwärmung von über 1,5 Grad Celsius bereits näher sein als bislang gedacht“, so Gössling „Die verbleibenden Treibhausgasemissionen, die mit diesen Haltelinien des Paris-Abkommens verbunden sind, müssten entsprechend nach unten korrigiert werden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Wie aber kommt es, dass es derzeit weniger Wolken gibt? Helge Gössling, einer der Autoren, denkt, es könnte am Klimawandel liegen."

    Vor einem halben Jahr gabs in der Nature eine Studie zu genau diesem Thema. [1]



    Nur wurde dort klar benannt warum es zu weniger Wolkenbildung kommt: 2020 wurde der Schwefeldioxidausstoss von Schiffen stark begrenzt. Dadurch ging die Wolkenbildung zurueck was zu einer Temperaturerhoehung gefuehrt hat. Die Temperaturerhoehungen seit 2020 gehen laut der Studie zu 80% auf dieses Phaenomen zurueck.

    Zudem gab es 2022 den Ausbruch des Unterwasservulkans Hunga-Tonga der noch nie gemessenene Mengen an Wasser in die Stratosphaere katapultiert hat. Das berichtete das Jet Propulsion Laboratory der NASA [2]. Wasser hat den groessten Anteil am Treibhauseffekt, dementsprechend wurde dieser durch den Vulkanausbruch verstaerkt was ebenfalls zu erhoehten Temperaturen gefuehrt hat.

    [1] www.nature.com/art...7-024-01442-3#Fig5



    [2] www.nasa.gov/earth...into-stratosphere/

  • Sollten wärmere Temperaturen nicht zu mehr Wasser(dampf) in der Atmosphäre führen und damit nicht auch zu mehr Wolken? Oder ist jetzt so viel Wasser in der Atmosphäre, dass die Luft schneller mit Wasser gesättigt ist und die Wolken alles schneller wieder abregnen?