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Studie zum ArbeitslosengeldALG I verliert an Bedeutung

Einem Expertenbericht zufolge wurde die finanzielle Hilfeleistung in den vergangenen Jahren weniger genutzt. Viel mehr Menschen hätten direkt Hartz IV beantragt.

Schreck bei Vertragsende: Die Höhe des ALG I reicht für viele nicht zum Leben. Bild: dpa

DUISBURG/ESSEN epd | Das Arbeitslosengeld I hat einer Studie zufolge in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung verloren. Nur noch etwa 30 Prozent aller Arbeitslosen würden durch die Arbeitslosenversicherung erfasst, erklärte das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen am Dienstag. Knapp 70 Prozent hingegen fielen unter Hartz IV und seien den Job-Centern zugeordnet, oftmals, weil die Voraussetzungen für das Arbeitslosengeld nicht erfüllt würden oder die Leistungsdauer überschritten worden sei.

Viele der Arbeitslosengeldbezieher müssten zudem mit Bezügen auskommen, die oftmals nicht zum Leben reichen, erklärten die Forscher, die Daten der Bundesanstalt für Arbeit auswerteten. Arbeitslosengeld I wird in der Regel für bis zu einem Jahr gezahlt, bei älteren Arbeitslosen auch bis zu zwei Jahren.

2011 habe jeder fünfte Mann und fast jede zweite Frau (45 Prozent) mit weniger als 600 Euro im Monat auskommen müssen. Damit lagen sie unter Hartz IV, also der Grundsicherung einschließlich der Wohn- und Heizkosten, in Höhe von 671 Euro im Monat.

Offenbar sei vielen Betroffenen nicht bekannt, dass sie im Falle geringer Arbeitslosengeldbezüge Anspruch auf Aufstockung haben, erklärte das Institut. Lediglich jeder zehnte kurzzeitig Erwerbslose habe im vergangenen Jahr davon Gebrauch gemacht.

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10 Kommentare

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  • WF
    Was fehlt: Altersarmut

    Auch die Rente verliert an Bedeutung - und Massen-Altersarmut droht!

     

    Männer, die 2012 in den Ruhestand gegangen sind, hatten in Westdeutschland im Durchschnitt nur 29,6 Versicherungsjahre. Frauen im Westen sogar nur 18 Versicherungsjahre.

     

    Bei einem Jahresentgelt brutto 2013 von 24.000 Euro, liegt die Armutsrente in Westdeutschland bei 595 Euro (bzw. für Kaltmiete).

     

    Bei einem Jahresentgelt brutto von 31.200 Euro bei 773 Euro.

     

    Bei einer Armuts-Rente müssen wir auch die Abschläge und zusätzlich die Beiträge für die KV+PV berücksichtigen.

     

    Die künftige Massenarmut großer Bevölkerungsteile, - ohne die Einbeziehung der realen Produktivitäts-Steigerungen und Mehrwertschöpfung (- dies geht an die Hundts-BDA und BDI-DAX-Siemens AG)-, wird auch weiterhin erfolgreich medial unterschlagen. -

     

    Wäre es nicht so (die geistige Manipulation der Bevölkerung), so hätten wir bereits heute, auch bei den braven bundesdeutschen Michels, eine soziale Revolution und einen gewaltsamen Aufstand im Wirtschafts- und Regierungsviertel von Berlin-Mitte!

  • G
    Gasti

    Es gibt wohl noch einen Grund, warum man auf Aufstockung des ALI oder Gehalts verzichtet: Die Sippenhaft im Hartz IV System. Es werden v.a. Frauen sein, die einen Partner haben.

     

    wir drängen in Zeiten der Emanzipation damit Frauen in die Abhängigkeit eines Mannes.

     

    kenn das von ner Ex-Kollegin:

     

    sie bekam keinen Arbeitsvertrag mehr, wurde arbeitslos. Erst nimmt man AL I, dann wird man dauerhaft Hausfrau und lebt vom Einkommen des Mannes, findet nur noch Minijobs und wird halt Hausfrau -- Hausfrau ist ja besser als Hartz, früher hätten sie ja einen eigenständigen Anspruch Arbeitslosenhilfe gehabt.

  • Was auch vorallem Behörden bekannt sein sollte, ist die Voraussetzung zum Bezug von ALG II. Danach muss jede Einkommensart ausgeschöpft sein, bevor ALG II bezogen werden darf. Hierunter fallen auch ALG I- Bezüge. Somit ist der Verzicht auf selbiges ausgeschlossen, wenn Anspruch darauf besteht. Es handelt sich um einen klaren Gesetzesverstoß gegen § 12 a SGB II ( Vorrangige Leistungen), wohlgemerkt mit Wissen der Jobcenter.

    Eigenartig ist, dass Kommunen nicht darauf aufmerksam werden, wird doch deren Kostenübernahme für Unterkunft und Heizung der vermeintlich reinen Hartz4- Bezieher dadurch anteilmäßig stärker beansprucht. Es wäre ein Skandal.

    • H
      Hans
      @lions:

      Ja, aber es gibg hier um ALG-II-aufstockende ALG-I-BezieherInnen bzw. ALG-I-Bezieherinnen, die eben nichts von der Möglichkeit des Aufstockens wissen.

      Und ja, natürlich wird nur das ALG-II vom Jobcenter aufgestockt, was an ALG-I unter dem ALG-II-Satz liegt.

       

      Das System ist halt bekloppt.

  • @AHA

    Wie wärs denn damit, dass immer mehr Menschen derart kurzzeit-befristet eingestellt werden, dass die nötige Arbeitszeit zur Bezugsberechtigung von ALG I gar nicht mehr erreicht werden kann ?

    Oder damit, dass die Leute mit Teilzeit und/oder Minilöhnen beim Arbeitsamt gar nicht mehr die Berechnungsgrundlage für ein den Lebensunterhalt deckendes ALG I vorweisen können ?

    Bitte erst das Hirn einschalten und dann schreiben !

    Gewiss gibt es auch Arbeitsfaule unter den Arbeitslosen, aber bei den inzwischen geringen Bezugssätzen an Unterstützungszahlungen (ALG II) und der realtiv geringen Bezugsdauer (ALG I) ist die Anzahl der "Faulen" inzwischen eine Minderheit unter Arbeitslosen, schlicht deshalb, weil die wenigsten gern freiwillig in "Armut per Gesetz" leben wollen.

  • S
    Steffi

    ALG 1 Bezieher können Wohngeld beantragen. Nicht gewusst?

    • @Steffi:

      Reicht in vielen Fällen nicht aus, um über die Hartz4-Grenze zu kommen.

  • K
    KAOS

    Hallo, bitte achtet in Euren Artikeln doch auf eine eindeutige Ausdrucksweise. Wenn Ihr nur "Arbeitslosengeld" schreibt, ist nicht klar, dass damit ALG I gemeint ist, es gibt nämlich auch ALG II, das ist das, was umgangssprachlich HARTZ IV genannt wird. Das macht Sätze wie "Viele der Arbeitslosengeldbezieher müssten zudem mit Bezügen auskommen, die oftmals nicht zum Leben reichen", oder .."seien den Job-Centern zugeordnet, oftmals, weil die Voraussetzungen für das Arbeitslosengeld nicht erfüllt würden", missverständlich. Die Leute HABEN ja Anspruch auf Arbeitslosengeld, aber eben auf ALG II und nicht ALG I.

  • A
    Aha

    Viel mehr Menschen hätten direkt Hartz IV beantragt. Für ALG I muß man vorher auch gearbeitet haben.

    • A
      Arne
      @Aha:

      Dass die direkt HartzIV beantragt haben, steht in diesem Artikel nur in der Überschrift. In dem Artikel ist davon nix zu lesen.

      Da heißt es einfach nur, dass immer weniger Menschen Anspruch auf ALG I haben, weil entweder die Beschäftigungsdauer seit der letzten Arbeitslosigkeit zu knapp war oder aber der Verdienst so gering, dass ein ALGI-Anspruch unter dem Hartz-Satz liegt.

      Dank CDUCSUFDPSPDGRÜNEN haben wir den Kommunismus schon bei den Sozialbezügen. Da ist es egal, ob sie 30 Jahre, 2 Monate oder überhaupt nie gearbeitet haben. Nach spätestens einem Jahr bekommen alle das Gleiche.