Studie zu multiresistenten Bakterien: KI gegen Krankenhauskeime

Gegen einen resistenten Keim wurde ein neuer Wirkstoff entdeckt. Zu dem Durchbruch verhalf eine künstliche Intelligenz.

Sir Alexander Fleming hält eine Petrischale in den Händen

Der schottische Bakteriologe Sir Fleming war einer der Entdecker des Antibiotikums Penicillin Foto: United Archives/imago

Antibiotika haben die medizinische Praxis revolutioniert. Noch bis vor rund 150 Jahren konnten Pa­ti­en­t:in­nen mit einer infizierten Wunde froh sein, wenn sie nur das verletzte Körperteil verloren – und nicht ihr Leben. Heute stoppen Antibiotika jeden Tag gefährliche bakterielle Infektionen.

Das Problem ist nur: Die Bakterien leisten zunehmend Widerstand. Durch den breiten Einsatz von Antibiotika hat die Evolution in den letzten Jahren neue, besonders aggressive Erreger hervorgebracht. Vor allem für Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind sie lebensgefährlich. Schätzungen zufolge sterben jedes Jahr weltweit mehr als 1,2 Millionen Menschen durch eine Infektion mit resistenten Keimen.

Wenn keine neuen Wirkstoffe entdeckt werden, steigen die Todeszahlen. Aber traditionelle Methoden zur Entwicklung neuer Antibiotika sind extrem aufwändig – und kaum lukrativ. Einige Pharmakonzerne haben sich in den letzten Jahren deshalb gänzlich aus der Antibiotikaentwicklung zurückgezogen.

Ein besonders schonungsloser Krankenhauskeim ist Acinetobacter baumannii. Der Erreger hält sich hartnäckig auf Oberflächen und zählt laut Weltgesundheitsorganisation zu den gefährlichsten antibiotikaresistenten Keimen der Welt. Der Kontakt kann Lungenentzündungen, Wundinfektionen und in seltenen Fällen Hirnhautentzündungen verursachen.

Die Studie

Forschende aus den USA und Kanada haben jetzt einen vielversprechenden Wirkstoff gegen das Bakterium entdeckt. Der Durchbruch gelang dank künstlicher Intelligenz, wie es in der neue Studie im Fachmagazin Nature Chemical Biology heißt.

Bislang nutzten Wis­sen­schaft­le­r:in­nen aufwändige Screening-Methoden, um antibiotische Substanzen zu finden. Für die neue Entdeckung trainierten die Forschenden einen Deep Learning Algorithmus. Dieser prognostiziert die Struktur einer potenziellen antibakteriellen Substanz, die gegen A. baumannii wirken könnte. So entdeckte das Team den neuen Wirkstoff Abaucin.

Was bringt’s?

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Im Labor und in Experimenten mit Mäusen zeigte Abaucin bereits die erhoffte antibiotische Wirkung. Die neue Substanz gilt auch deshalb als besonders vielversprechend, weil sie sehr spezifisch gegen A. baumanii wirkt. Dadurch sinkt das Risiko, dass beim Erreger schon nach kurzer Zeit wieder eine Resistenz entsteht. Im nächsten Schritt könnte nun die Entwicklung eines neuen Medikaments beginnen.

Die Anwendungsmöglichkeiten von KI für die Antibiotikaforschung stimmen hoffnungsvoll. Die Entwicklung neuer antibiotischer Medikamente könnte auf Dauer effizienter und günstiger werden. Durch den KI-Einsatz steigen die Chancen, dass die Medizin in Zukunft auf eine Reihe fundamental neuer und vor allem wirksamer Antibiotika bauen kann.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.