Studie zu Paketlieferanten: Linke für Verbot von Subunternehmen
Lange Arbeitstage, miese Arbeitsbedingungen – eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung blickt auf die Situation von Paketzusteller*innen.
![Ein Paketzusteller mit vielen Paketen an einer haustür Ein Paketzusteller mit vielen Paketen an einer haustür](https://taz.de/picture/7084850/14/Arbeitsbedingungen-Paketzusteller-1.jpeg)
Cezanne fasste damit das Fazit der Studie und des Abends zusammen: Die Arbeitsbedingungen der rund 130.000 Lieferant*innen von Amazon, DHL Express und Co. können nur verbessert werden, wenn sie direkt und sozialversicherungspflichtig bei den Auftraggebern angestellt werden und Subunternehmen abgeschafft werden.
Rund 40 Pakete bekommt jeder Mensch in Deutschland pro Jahr nach Hause geliefert. Die Coronapandemie bescherte der Branche einen Boom. Und der wiederum bedeutet: mehr Druck auf diejenigen, die die Pakete zu den Kund*innen bringen. „Treppe rauf, Treppe runter, bis zu 200-mal am Tag. Das ist der Takt der Arbeit, die Paketzusteller*innen den ganzen Tag, oft mehr als zehn Stunden lang, oft sechs Tage die Woche verrichten“, schreiben Arps und Tügel im Vorwort.
Schaffen die Lieferant*innen das Pensum nicht, verlieren sie ihren Job beim Subunternehmen, berichtete Arps am Dienstagabend auf dem Podium. In normalen Arbeitszeiten sei das nicht zu schaffen, oft tragen die Lieferant*innen – meist Männer – die Pakete noch spät am Abend aus.
Wie lang die Arbeitszeiten tatsächlich sind, erfahre man nur in persönlichen Gesprächen mit den Beschäftigen, wie Tina Morgenroth von der Beratungsstelle Faire Mobilität des DGB berichtete. Die Arbeitszeit könne zwar mittlerweile automatisch erfasst, aber weiterhin manipuliert werden: Die Scanner würden erst eingeschaltet, wenn die Autos vom Hof der Paketlager fahren, und ausgeschaltet, sobald das letzte Paket ausgeliefert ist.
Mittagspausen würden automatisch abgezogen, ob sie eingehalten werden oder nicht. Überstunden würden oft nicht bezahlt, Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall verweigert. Dennoch: „Die meisten schlucken die Bedingungen, bis der Lohn ausbleibt“, so Morgenroth. Erst dann suchten sie nach Unterstützung.
Warum das funktioniert? Weil die meisten der Zusteller*innen aus dem (osteuropäischen) Ausland kommen, kein oder kaum Deutsch sprechen und ihre Rechte nicht kennen. Und weil sie ohne Sprachkenntnisse und wegen weiterer bürokratischer Hürden keine Chance auf einen anderen Job haben.
Kleine Verbesserungen für die Fahrer*innen sieht das Mitte Juni vom Bundestag reformierte Postgesetz vor. 2025 soll es in Kraft treten. Ein Verbot von Subunternehmen in der Branche hat die FDP jedoch verhindert. Deshalb, so Cezanne, müsse nun wenigstens dafür gesorgt werden, dass alle Fahrer*innen auch bei Subunternehmen sozialversicherungspflichtig angestellt werden.
Dann wäre auch eine gewerkschaftliche Organisierung der Zusteller*innen einfacher, ergänzt Studienautor Jan Ole Arps. Denn: Eine gewerkschaftliche Strategie für den Sektor, der in zig Unternehmen und Subunternehmen zersplittert ist, gebe es nicht. Das müsse sich ändern: „Ich wünsche mir, dass sich bei Verdi eine Taskforce Subunternehmen gründet.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche