Studie zu Geschmacksverstärkern: Schöne Grüße aus der Glutamat-Hölle
Im Essen vieler Europäer steckt zuviel Glutamat, warnt die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit. Das kann gesundheitsschädlich sein.
Glutaminsäure und ihre Salze kommen natürlicherweise, aber auch als künstliche Zusatzstoffe in Lebensmitteln vor. Werden sie zum Beispiel Kartoffelchips, Fertiggerichten oder Instant-Suppen beigemischt, müssen sie als „Geschmacksverstärker“ mit den E-Nummern 620 bis 625 oder den wissenschaftlichen Bezeichnungen wie „Mononatriumglutamat“ im Zutatenverzeichnis genannt werden.
Glutamat hat aber auch eigenen Geschmack: „Umami“, der weder süß, sauer, salzig noch bitter, sondern würzig-herzhaft und Fleischbrühen-ähnlich ist. Geringe Mengen finden sich zum Beispiel in Erbsen oder Tomaten, hohe beispielsweise in Parmesan-Käse.
Gerade das künstlich zugesetzte Glutamat wurde verdächtigt, etwa zu Übergewicht, Krebs oder Alzheimer beizutragen. Diese Befürchtungen ließen sich laut Efsa nicht bestätigen.
Das China-Restaurant-Syndrom
Gut belegt ist dagegen das so genannte China-Restaurant-Syndrom, von dem zuerst Besucher asiatischer Gaststätten in den USA berichteten: Nach dem Genuss glutamathaltiger Speisen hatten einzelne Personen vorübergehend ein Kribbeln im Halsbereich, ein Hitze- und Engegefühl und/oder Kopfschmerzen. Die Efsa stellt nach Analyse der wichtigsten Studien zum Thema fest, dass bei „einigen Individuen“ die Symptome in Abhängigkeit von der Dosis zu- oder abnähmen. Allerdings sei nach wie vor unbekannt, wie genau dieser Mechanismus im Körper funktioniert.
Diese Symptome seien in Studien in Verbindung mit Glutamatdosen von mehr als 42,9 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag gebracht worden. Für Kopfschmerzen lag die Grenze bei 85,8 Milligramm, für erhöhten Blutdruck bei 150 Milligramm und für erhöhten Insulinspiegel bei 143 Milligramm.
Deshalb hat die Efsa nun erstmals eine „akzeptable tägliche Aufnahmemenge“ (ADI) unterhalb dieser Werte festgelegt: Ein Leben lang täglich 30 Milligramm hält sie für unbedenklich. Diese Zahl basiert auch auf der höchsten Dosis, bei der Wissenschaftler keine nachteiligen Wirkungen auf Versuchstiere beobachtet haben.
Doch aus Umfragen und Branchendaten hat die Behörde ermittelt, dass viele Europäer mehr zu sich nehmen. Das gilt sogar, wenn man nur das zugesetzte Glutamat betrachtet, bei 1 bis 9 Jahre alten Kinder mit durchschnittlichem Konsum. Wenn der Konsum hoch ist, sind auch Säuglinge und die bis 17-Jährigen betroffen.
Vorsicht vor Salzgebäck und Tiefkühlpizzen
Die größte Quelle ist „Feingebäck“. Darunter seien zum Beispiel Salzgebäck, Cracker oder Tiefkühlpizzen zu verstehen, sagte ein Efsa-Sprecher der taz. Säuglinge nehmen das meiste künstliche Glutamat aus Suppen und Brühen auf. Dabei ist Hefeextrakt nicht einmal berücksichtigt. Der enthält natürliches Glutamat und wird als Geschmacksverstärker etwa in Suppenpulver benutzt, gilt aber rechtlich gesehen nicht als Zusatzstoff.
Was tun, um die Glutamat-Dosen auf das gesunde Maß zu senken? Die Behörde empfiehlt der EU-Kommission, die erlaubten Höchstmengen des Zusatzstoffes in Lebensmitteln zu ändern – vor allem bei Feingebäck, Suppen, Brühen, Soßen, Fleisch, Würz- und Nahrungsergänzungsmitteln. Zudem seien neue Limits für die gesundheitsschädlichen Substanzen Blei und Arsen in den Glutamat-Zusätzen nötig.
„Wir haben an der Efsa-Stellungnahme nichts auszusetzen“, sagte Julia Gelbert, Zusatzstoffexpertin des deutschen Industrieverbands Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde. Er werde der Kommission helfen, Lebensmittelkategorien zu ermitteln, bei denen Glutamat wirklich nötig sei.
Niemand hält Konsumenten dazu an, Lebensmittel mit natürlichem Glutamat aus dem Speiseplan zu streichen. Stattdessen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung: „Der Verbraucher kann durch gezielte Lebensmittelauswahl und bewusste Ernährung die Aufnahme von zugesetzten Glutamaten minimieren.“ Deutschlands einflussreichste Vereinigung von Ernährungswissenschaftlern rät schon lange, insbesondere im Essen für Kinder auf Geschmacksverstärker zu verzichten, „da durch den standardisierten Geschmack auch der Sinn für die Geschmacksvielfalt natürlicher Lebensmittel verloren geht.“
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