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Studie über InternetsuchtRisikogruppe Mann

0,7 Prozent der Deutschen zwischen 25 und 64 gelten als internetsüchtig. Besonders gefährdet sind Männer, Jüngere, Arbeitslose und Migranten.

Viele hätten hier ein Symbolbild mit abgedunkeltem Raum, vermülltem Schreibtisch und Computer erwartet. Wir aber zeigen lieber Mechthild Dyckmans, die Drogenbeauftragte der Regierung. Bild: dapd

BERLIN taz | Zocken bis spät in die Nacht, nochmal auf Facebook posten, im Chatroom vorbeischauen. Dass die Internetnutzung krankhafte Züge annehmen kann, stellt kaum jemand in Frage. Neben Computerspielen stehen Chatrooms und soziale Netzwerke im Verdacht, in einigen Fällen zur Sucht zu führen.

Neue Auswertungen von 2011 erhobenen Daten haben nun gezeigt: Besonders gefährdet sind Männer, Arbeitslose sowie Menschen mit Migrationshintergrund. So erklärte es am Dienstag die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP). Demnach gelten 0,7 Prozent der 25- bis 64-Jährigen in Deutschland als internetabhängig, doch liegt der Anteil bei Männern mehr als doppelt so hoch wie bei Frauen. Zudem seien die Anteile bei Menschen mit Migrationshintergrund sowie bei Arbeitslosen mit 1,7 Prozent überdurchschnittlich hoch. Geringe Schulbildung führe dagegen nicht zu einem erhöhten Suchtrisiko.

Die Erkenntnisse basieren auf Daten der 2011 veröffentlichten Pinta-Studie. Für diese wurden 15.000 Personen telefonisch zu ihrem Nutzungsverhalten befragt. Die Teilnehmer sollten etwa angeben, wie oft sie wegen intensiver Internetnutzung zu wenig Schlaf bekommen oder Kontakte zu Freunden und Familie vernachlässigen. Der Auswertung von letztem Jahr zufolge liegen die Suchtraten bei jungen Menschen besonders hoch, hier sind Mädchen und junge Frauen stärker betroffen.

„Es gibt dieses Phänomen aber auch bei älteren Menschen“, betonte der Lübecker Psychologe Hans-Jürgen Rumpf, Pinta-Mitautor. So hätten die neuen Auswertungen gezeigt, dass in der Altersgruppe der 45- bis 65-Jährigen zwar weniger Menschen internetabhängig seien, der Anteil mit 0,5 Prozent aber noch immer hoch sei. Nutzer in den älteren Altersgruppen blieben vor allem an Onlinespielen hängen, während für die Jüngeren vermehrt soziale Netzwerke zum Problem würden, so Rumpf.

Skeptiker geben jedoch zu bedenken, dass nicht geklärt sei, ob exzessive Internetnutzung eine eigenständige Sucht ist. Sie könne Folge anderer Störungen wie etwa einer Depression sein. Internetabhängigkeit ist bislang nicht als Verhaltenssucht anerkannt. Dyckmans forderte, den Katalog der Krankheiten darum zu ergänzen.

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16 Kommentare

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  • VH
    Volker hört die Signale

    Das Problem bei der Internetsucht ist, dass das ganze Konzept der Sucht in diesem Zusammenhang mehr als willkürlich ist.

     

    Würde man ähnliche Untersuchungen zur "Nachrichtensucht" machen, würde man erfahren, dass zehn Millionen Deutsche Tagesschau-süchtig sind.

    Für diese Menschen ist es ein wichtiger Bestandteil des Lebens, abends um 20 Uhr die Tagesschau zu gucken. Soziale Kontakte werden vernachlässig, Telefonate abgebrochen, Begegnungen verlegt etc.

    Ähnliches gilt wohl für den Tatort, GZSZ u.a.: Auch jener schwankt irgendwo zwischen sonntäglichem Ritual und Sucht - für viele eine "heilige Zeit", in der eben Tatort geguckt wird und nichts sonst.

     

     

    Nicht überraschend jedoch: Je weniger man zu tun hat, desto mehr Zeit verbringt man mit anderen Dingen.

    Wenn ich aber als junger Mann aus Langeweile tagsüber im Netz rumhänge, ist das noch lange keine Sucht. Wenn ich, sobald ich ne Freundin habe, mehr Zeit mit der verbringe, ist das weder ein kalter Entzug, noch die Flucht in eine neue Sucht.

    Die zunehmende Pathologisierung des Seins ist die wahre Sucht, eine Sucht von Medizinern und Psychologen, die damit Geld verdienen, den Menschen Krankheiten einzureden, um sie behandeln zu können.

    Überraschend ist das nicht: Wenn ich selbstständig meine Zielgruppe praktisch aufwandslos erweitern kann, um so meinen Profit zu vergrößern, werde ich das natürlich tun.

     

    Gerade hier müsste ein Umdenken stattfinden; bezahlen wir Ärzte, solange die Patienten gesund sind, nicht wenn sie krank sind.

    Über Nacht würden wohl 30% der Krankheiten völlig ausgerottet sein, viele weitere würden gar nicht mehr medizinisch oder in einer Weise behandelt werden, dass die Ursache des Leidens beseitigt statt nur die Folgen gelindert werden.

    Nicht nur den Patienten, auch dem Gesundheitssystem würde das gut tun. Und wenn mal der ein oder andere Arzt arbeitslos wäre, ist das sicher auch kein Weltuntergang, die werden sicher ein Pöstchen in der FDP finden.

  • SW
    S. Weinert

    Liest man solche Studien über "Internetsucht", dann fühlt man sich wie jemand, der einen Säugling bei den ersten Schritten beobachtet. Sieht alles ein wenig wackelig aus und zu einem Ziel führt es auch nicht unbedingt.

    Ganz davon abgesehen, dass die hier üblichen Telefonbefragungen sicherlich kein seriöses Mittel darstellen, um ein Suchtverhalten zu diagnostizieren, muss man sich auch fragen, ob die daraus gezogenen Folgerungen überhaupt schlüssig sind. Vor allem scheint ein sinnvolles Ordnungssystem zur Unterscheidung von echtem Suchtverhalten (d.h. das Internet ist Suchtmittel) und nur scheinbarem Suchtverhalten (d.h. das Internet ist nur Mittel zur Suchtbefriedigung) zu fehlen. Einfacher ausgedrückt, ist derjenige, der in der Spielhalle am Automaten sein Geld verliert spielsüchtig, derjenige, der das Gleiche in einem Onlinecasino macht hingegen internetsüchtig? Wohl kaum. Hier ist das Internet lediglich das einfachste und ständig verfügbare Mittel, um eine Sucht zu befriedigen. Ähnliche Fragen ergeben sich in anderen Bereichen. Ist das Spiel "World of Warcraft" aufgrund seines vorhandenen Spielsystems (praktisch endlose Dauer, Belohnungsfunktionen, Gemeinschaftsgefühl) das Suchtmittel oder das Internet, welches das Spiel lediglich verfügbar hält?

     

    Alles noch wenig ausgereift und nicht sehr plausibel. Da muss noch viel Forschungsarbeit investiert werden und eigentlich sollte man von seriösen Wissenschaftlern erwarten, dass sie mit Veröffentlichungen den Zeitpunkt abwarten, an dem sie Tatsachen und nicht bloss Spekulationen vorweisen können.

  • S
    SchwerKrank

    hahaha,

    noch ein online-artikel über internet-sucht.

    sonst noch einER der eigentlich gerade arbeiten sollte?

    ich plädiere für:

    online-beratung, online-selbsthilfegruppen und online-therapie.

    außerdem frage ich mich welche lobie wohl an einer solchen indizierten krankheit interessiert sein könnte?! vielleicht kann mir ja jemand einen entsprechenden link schicken damit ich weiß an wen ich mich vertrauensvoll wenden darf ob der therapie-potentiale und danke im voraus.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Wenn schon Migranten explizit genannt werden dann erlaube ich mir die Frage, ob damit Bürger aus Vietnam und China, Polen und Italien oder doch eher aus der Türkei und dem Libanon gemeint sind.

     

    Wäre die taz so nett, die Daten zu ergänzen?

    Danke.

  • MD
    Michel D

    Daß auch bei Internetsucht der Männeranteil deutlich höher als bei Frauen ist, ist überhaupt nicht überraschend. Im Gegenteil, es paßt doch voll ins Bild.

    Bei anderen Süchten ist es genauso, beim Suizid ist der Männeranteil 8 mal höher, unter Jugendlichen gar 12 Mal, bei Obdachlosigkeit stellen Männer 80 % Anteil, bei HIV 73%.

    Aber hey, was solls? Probleme stören doch nur, wenn Frauen sie haben.

  • K
    kurt

    "Internetnutzung" als ein, einheitliches Verhalten zu konzipieren, das dann ab einer bestimmten Dauer pathologisch sein soll ist doch sehr fragwürdig. Das Internet wird heute benutzt um viele verschiedene Dinge zu tun: Kommunizieren, Fernsehen, Musik hören, Informationen beschaffen und nicht zuletzt auch einfach Arbeiten.

    Wer jetzt danach fragt, wie lange ein Mensch am Tag das Intenet nutzt hat hinterher noch nicht viel erfahren. Ledier gehen die meisten empirischen Studien im Moment genau so vor. Das dann noch zusätzliche Verhaltensmerkmale erhoben werden ändert nichts daran das das grundlegende Konzept noch in den Kinderschuhen steckt. Das heisst natürlich, das es Suchtverhalten im Bezug auf elektronische Medien nicht gibt. Aber das Suchtpotenzial von Bevölkerungsgruppen aus so einer Erhebung bis auf Nachkommastellen zu berechnen, und wie die TAZ das in andeutung tut, zu veralgemeinern ist einfach albern.

  • D
    DerMigrant

    werde ich als Migrant sogar von der Taz mal eben zur Nichtigkeit erklärt? Jedenfalls ist das der Fall, wenn sie sich mit der Internetsucht von in Deutschland lebenden befasst und dabei sich zumindest verbal nur auf solche mit deutschem Pass bezieht. Haben etwa Migranten ohne deutschen Pass keine Internetsucht?

     

    Als Migrant fühle ich mich durch diese Art der Berichterstattung, die sehr verbreitet ist, diskriminiert. Es gibt 7 Millionen von uns. Wir sind statistisch relevant. Wir sollten endlich auch nach unserer Meinung gefragt werden. Ich nach meiner! Ich lebe nicht anders als andere, ich studiere, ich habe hobbies, ich zahle durch meinen Nebenjob in die Sozialkasse ein, ich fahr Bus und Bahn, bewohne ein Haus. Ich bin Teil dieses Landes und das muss in die alltagssprache von Journalisten einfließen. Es gibt eben nicht nur den latenten Sexismus, sondern auch den latenten Rassismus. Und den gibt es genau so oft, scheint es mir.

  • G
    Gregor

    Und was ist mit TV Sucht? Teile meiner Familie verbringen mehr als acht Stunden pro Tag vor dem TV. Sie essen davor und sie schlafen davor. Sie reden nur darueber, was im TV kommt. Wenn sie ueberhaupt reden. Sind sie suechtig? Und ist das gefaehrlich? Inwiefern schadet TV Sucht unserer Volkswirtschaft? Und fuehrt zu langfristigen Schaeden an Koerper und Geist?

  • T
    T.V.

    Medien"sucht"(was halt so genannt wird) gibt's wohl wie OPA schon andeutet mindestens seit es Privatfernsehen gibt. Der Unterschied ist, Bücher bieten Schrift und Bild, Fernsehen Schrift, Bild und Ton, alles passiv konsumiert, der PC dazu noch die aktive Komponente, das Internet dazu noch digitale Kommunikation. Immer mehr Möglichkeiten ans Medium zu fesseln/gefesselt zu werden.

     

    Aber um beim Thema zu bleiben, die Fernsehsucht schätze ich (noch) als häufiger vertretene Sucht ein als Computer-/Internetsucht. Wohl auch verstärkt durch den Kommunikation genannten Austausch über bspw. Serien in Peergroups.

  • J
    jediMaggio

    Manchmal könnte man bei der TAZ die Wände hoch gehen, warum solche Schlagzeilen und Opener immer noch wichtig sind bei Euch! "Risikogruppe Mann" Boah, also wirklich! Männer sind GENAU so EINE Risikogruppe, wie junge Frauen und Mädchen. Diese Gruppe ist sogar häufiger internetsüchtig sind als Jungen. Nur bei den älteren Jahrgängen sind Männer gefährdet. Inzwischen aber, betrachtet man jüngere Altersgruppen, übersteigt der Anteil der süchtigen Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren mit 4,9 Prozent den der Jungen (3,1 Prozent) deutlich.

    Und bei den 14 bis 24 Jahren liegen beide Geschlechter gleichauf.

    Besser recherxhieren und weniger pauschale Urteile täten dem Thema besser.

  • W
    Wudu

    Hehehe,

     

    darüber kann ich irgendwie nur lachen.

    Vor allem, wie man das Internet als übel allen bezeichnet.

    Sicher kann man süchtig von Spielen, Facebook und Co. sein aber dies nun alles in einen Sack zu werfen, halte ich für sehr fragwürdig.

     

    mfg Wudu

  • T
    TAZ-Junkie

    Deutschland gehört zu den Ländern mit dem höchsten Alkoholkonsum. In Europa liegen wir an dritter Stelle – nur Tschechen und Ungarn trinken mehr.

     

    Die volkswirtschaftlichen Folgekosten von Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit betragen etwa 24 Mrd. Euro im Jahr (bei 3,1 Mrd. alkoholbezogenen Steuereinnahmen).

     

    Bundesweit sind mehr als 1,7 Mio. Menschen alkoholabhängig erkrankt.

     

    Mehr als 9 Mio. Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in riskanter Weise.

    Das sind mehr als 10%, dagegen ist die Internetsucht mit 0,7% doch gerade lächerlich gering.

     

    Das die Internetsucht in den Medien zum momentanen Hauptfeind erkoren wird hat auch einen Sinn, denn vor allem Jugendliche benutzen immer mehr das Internet zu Informationsgewinnung, stossen auf die Lügen der TV- und Printmedien und das macht diesen mehr Angst als die Alkoholsucht. An den Alkoholwerbungen verdienen sie und das Volk verdummt gleichzeitig, bis auf die Leser der TAZ, die sind gegen so etwas immun.

  • B
    Bubi

    Ach wieder so ne dämliche Studie etwas rausgefunden

  • DB
    Dietmar Brach

    Wenn ich diesen Artikel lese, stellt sich mir die Frage ob es nicht eine Sucht gibt, die krankhaft versucht in jedem von Menschen priorisiertem Verhalten eine Sucht zu erkennen. Ich glaube ja und denke das Psychologen, Wissenschaftler und Journalisten hier besonders gefährdet sind.

  • FM
    Feathers McGraw

    Kann man mal bitte aufhören von Onlinesucht zu sprechen? Das ist ein unsinniger Begriff der aus den frühen 90ern kam. Man nennt ja auch keine Leute "kneipensüchtig" - das sind dann Alkoholiker.

  • O
    OPA

    Ist das ernst zu nehmen? Natürlich ist der Anteil an Männern höher, da in Deutschland Männer einen wesentlich höheren Anteil der Internetnutzer stellen. Insofern wären Männer nur dann gefährdet, wenn der Anteil der "Internetsüchtigen" prozentual höher wäre als der der Internetnutzer. Abgesehen davon: wie viele Menschen haben zu wenig Schlaf und vernachlässigen soziale Kontakte durch das Fernsehen oder das Lesen von Büchern? Das sind im Gegensatz zum Internet beides Medien, die keinen sozialen Austausch ermöglichen. Redet irgendjemand von Fernseh- oder gar Büchersucht?