■ QUERBILD: Striptease
Alles, was wir schon immer über Erotik wissen wollten, wird in Striptease schonungslos entlarvt. Nach 117 Minuten steht endgültig fest: An Sex denken nur Perverse, die einzig wahre Liebe liegt in der Mutterliebe. Und nicht jede Stripteasetänzerin ist eine Nutte.
Das jedenfalls beweist Erin Grant (Demi Moore), eine zur Stripperin mutierte FBI-Sekretärin und Mutter, in penetrant moralinsaurer Sauberkeit. Durch ihren Berufswechsel verfolgt sie natürlich höhere Ziele, denn sie braucht viel Geld für einen Anwalt, um das Sorgerecht für ihre Tochter zu erstreiten.
Gemeinerweise ist das Töchterlein nämlich ihrem Ex-Ehemann zugesprochen worden, einem drogensüchtigen Kriminellen. Warum, bleibt völlig unverständlich, doch jedem Zuschauer mit Herz leuchtet sofort ein, daß die Kleine zurück zur Mutti gehört. Bis es soweit ist, müssen sich noch ein korpulenter Jüngling (er endet als Wasserleiche mit Brille) und ein schmierlappiger konservativer Politiker (Burt Reynolds) in die Stripperin verlieben. Die jedoch denkt nur an ihre Tochter und spannt alle konsequent für ihre Zwecke ein.
Die völlig krude Story zwischen der Sentimentalität von Nicht ohne meine Tochter und albernen Gags ist eigentlich nebensächlich, im wesentlichen geht es um eins: den perfekt modellierten Body von Hollywoods höchstbezahlter Filmschauspielerin Demi Moore.
Mal windet sie sich vor Voyeuren im Striplokal, mal im akkurat geknoteten Handtuch vorm Spiegel zuhause und mal auf dem Couchtisch vor zwei triefenden Politikeraugen. Erotischer Höhepunkt ist schließlich die Großaufnahme ihrer mehrfach umgestalteten, silikongestärkten Brüste.
Bei der ganzen Auszieherei verströmt sie den Sexappeal einer Barbiepuppe. Auch in punkto Gelenkigkeit und Figur ähnelt sie dem blonden Kunstgeschöpf bis aufs Haar. Von Erotik keine Spur, auch Küßchen gibt es nur fürs Töchterlein, die ihre Rolle recht überzeugend spielt – schließlich ist sie wirklich Demi Moores Tochter. Burt Reynolds scheint als bigotter Kongreß-Abgeordneter ebenfalls seine Traumrolle gefunden zu haben. Mühelos wechselt er zwischen strahlendem Zahnpastalächeln und lüsternem Sabbermund.
Zwölf Millionen Dollar Gage hat Demi Moore für diesen Film ausgehandelt. Schon vor dem Kinostart in den USA legte sie in der Talkshow von David Letterman einen Striptease zur Verkaufsförderung hin, auch Ehemann Bruce Willis (Die Hard und Twelve Monkeys) zog sich kürzlich an selber Stelle bis auf Perücke und Bikini aus. Schließlich geht es um so hehre Ziele wie den Familienzusammenhalt. Kira Moll
Siehe Filmübersicht
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