Streit um kaputte Öko-Wahlplakate: Zu grün für die SPD
Umweltfreundlich, aber nicht unwettertauglich: Nachdem Hagel die Wahlplakate der SPD zerstört hat, wollen die Sozialdemokraten nicht mehr dafür zahlen.
KÖLN taz | Der Streit um angeblich mangelhafte Öko-Wahlkampfplakate der SPD geht in eine neue Runde: Die Solinger Agentur Kompla zieht vor Gericht und will offene Rechnungen in Höhe von mehr als 400.000 Euro einklagen. Die Agentur weist die Kritik an ihren Produkten zurück und ist empört über das Vorgehen der SPD.
„Wir haben nie eine offizielle Reklamation erhalten“, sagt Geschäftsführerin Silke Lahnstein. Dafür hat sie in den vergangenen Wochen 104 Musterbriefe bekommen, in denen SPD-Kandidaten oder Parteifunktionäre ankündigen, die gelieferten Plakate nicht zu bezahlen.
Es ist ein Streit unter Genossen. Geschäftsführerin Lahnstein ist selbst Sozialdemokratin und die Nichte des ehemaligen SPD-Finanzministers Manfred Lahnstein. Der Streit dreht sich um sogenannte Eco-wave-Plakate, die erstmals im Bundestagswahlkampf eingesetzt werden sollten. Diese Plakate sind umweltfreundlich, weil sie Wasser nicht abweisen, sondern aufnehmen und danach trocknen. Sie müssen aber besonders stabil angebracht werden.
Nachdem Sozialdemokraten im Juli in Niedersachsen die ersten Öko-Pappen aufgehängt hatten, zerstörte ein extremes Unwetter mit schwerem Hagelschlag die Parteiwerbung. „Das ist ein Sonderfall gewesen“, sagt Lahnstein. „Die Plakate sind witterungsbeständig und halten ein normales Gewitter aus.“
Nahles bestellte traditionelle Plakate
Doch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles interessierte das nicht. Ohne das Gespräch mit Lahnstein zu suchen, beschloss sie den Rückruf der Plakate und beauftragte eine Firma im Saarland mit der Herstellung neuer, traditionell hergestellter Plakate.
In einer Telefonkonferenz am 30. Juli informierte sie die mehr als 200 Teilnehmer offenbar mit drastischen Worten über den Vorgang. „Andrea Nahles sprach eben in der Telefonschalte von Betrug!“, heißt es in einer Zusammenfassung, die an Kandidaten und Wahlkämpfer ging.
Damit die SPD-Wahlkämpfer nicht auf den Kosten der Eco-wave-Plakate sitzen bleiben, hat der Parteivorstand das Musterschreiben für die Einschreiben an die Agentur Kompla über einen großen Verteiler verschickt. Bleibt Lahnstein auf den offenen Rechnungen sitzen, wird auch die Druckerei der SPD-Reklame kein Geld sehen. „Hier geht es auch um Jobs“, sagt Lahnstein.
Die SPD geht auf Tauchstation. „Aufgrund der laufenden juristischen Auseinandersetzung, die wir als Geschädigte gegen den Anbieter angestrengt haben, bitten wir um Verständnis, dass wir derzeit keine weiteren Fragen beantworten können“, erklärt die stellvertretende Parteisprecherin Lena Daldrup.
Die Sache wirft ein bezeichnendes Licht auf den inneren Zustand der SPD. Hämische Presseberichte über die vermeintlich nicht regenfesten Plakate erschienen erst nach der von Nahles anberaumten Telefonkonferenz. Sozialdemokratin Lahnstein würde es bedauern, wenn ihre Partei durch den Streit Stimmen verlieren würde. Wäre es nach ihr gegangen, wäre der Streit geräuschlos beigelegt worden. „Die SPD hat diese Sache selbst in die Presse gegeben“, ist sie überzeugt.
Leser*innenkommentare
DANIEL
Gast
Da sollte die TAZ mal bei den Wahlkämpfenden nachfragen: Nicht Hagel, sondern ein Gewitterschauer zerlegt die Plakate. Ggf. mal bei der SPD Hannover nachfragen.
Sabine van de Griend-Lahnstein
Nochmalige Stellungnahme zum Thema Wahlplakate
Massives öffentliches, von der Presse unterstütztes Auftreten, der Geschäftsführerin Silke Lahnstein von der Fa. Kompla aus Solingen und daraus entstandenen Irritationen unter den Kunden der Fa. Lahnstein, sowie auch die öffentliche Wahrnehmung in dieser Angelegenheit, veranlasst mich zu einer nochmaligen ausführlicheren Stellungnahme.
In der Presse wird die Fa. Kompla und deren Geschäftsführerin, welche seit erst ca. 5 Jahren aktiv ist, mit der Fa. Lahnstein Werbung KG aus Erkrath gemeinsam genannt.
Somit könnte der Eindruck entstehen, die Fa. Lahnstein Werbung KG aus Erkrath oder aber die Familie Lahnstein, würde in einen Rechtsstreit mit der SPD verwickelt sein.
Dem ist nicht so.
DIES WEISE ICH HIERMIT AUSDRÜCKLICH ZURÜCK !
Es handelt sich ausschließlich um die Fa. Kompla und deren Geschäftsführerin Silke Lahnstein.
Die Fa. Lahnstein Werbung KG ist seit beinahe 50 Jahren Lieferant der SPD , ohne jemals mit der SPD in einen Rechtsstreit verwickelt gewesen zu sein und steht in keiner Verbindung mit dem gesamten Vorgang.
Zu der Fa. Kompla und deren Geschäftsführerin Silke Lahnstein besteht weder eine rechtliche noch geschäftliche Verbindung.
Mit freundlichem Gruß
Sabine van de Griend - Lahnstein
Sabine van de Griend-Lahnstein
Erst einmal möchte ich mich bei Rolf Kuntz bedanken. Allerdings bedarf es auch hier der Richtigstellung:
Bitte erlauben Sie zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Die Fa. Lahnstein und auch Herr Manfred Lahnstein hat in keinster Weise auch nur irgendetwas mit dieser Thematik zu tun.
Ich habe die Fa. Lahnstein, welche seit nunmehr fast 50 Jahre Lieferant der SPD und der Gewerkschaften ist und auch weiterhin bleiben wird, vor 10 Jahren übernommen. Die Fa. Kompla mit der Geschäftsführerin Silke Lahnstein ist erst seit ca. 5 Jahren auf dem Markt und frequentiert zu unserem Unmut den gleichen Kundenkreis.
Das aufgrund der in der Presse dargestellten Vermengung der geschäftlichen, sowohl auch der privaten Sachlage auch jetzt für die Fa. Lahnstein Werbung KG, Probleme wirtschaftlicher Art heraufbeschworen werden ist ja wohl nicht von der Hand zu weisen!!
Ich bitte dringend um Klarstellung !!!! und um Kenntnisnahme meiner offiziellen Stellungnahme.
Rolf Kuntz
Nun liebe vorherige Kommentatoren. Bleiben wir doch mal auf dem grünen Teppich und lassen dieses pseudointelligente Ausgekotze. Ich komme aus dem Werbemittelbereich und kenne auch die Firma Lahnstein seit Jahrzehnten als seriösen Partner.
Sie können aus diesem Beitrag genau so wenig wie ich explizite Details herauslesen. Aber ich weiß aus Erfahrung wie die Kunden des Werbemittelhandels ticken. In deren Köpfen sind Werbemittel vorrangig Produkte einer unteren Sekundärebene welche die Kurzzeitpräferenz einer Werbeaktion im Preis widerzuspiegeln hat. Diese Zuordnung ist ökonomisch heutzutage so selbstverständlich wie Minijobber oder Werksverträge und die gewichtigste Qualifikation bei der Verhandlung mit Lieferanten und Herstellern ist die Beherrschung des Satzes “billiger, billiger, billiger“.
Das bewegt sich alles im legalen Rahmen und die Innovationen dieses Systems lassen uns seit Jahren freudig auf unsere Schnäppchen blicken. Blickt man allerdings in das System erkennt man Strukturen ähnlich der abgehobenen Bankenwelt. Große Etats laufen ausschließlich über hochrangige Marketingagenturen mit schillernden Namen. Nicht weil die produktfachlich kompetent sind, sondern weil unsere Hierarchien bei der Vergabe solcher Etats eben nicht mit Hinz und Kunz verhandeln (wollen). Da fehlt dann der Glamour wenn man sich durch die Vergabe von Großaufträgen auch selbst in Szene setzen kann. In der Praxis werden aber dann diese Aufträge flugs nach unten auf diese Bäh-Ebene weitergereicht. Und diese Bäh-Ebene hat keine Ahnung welche hochgeistigen Ergüsse vorher zwischen den Köpfen der Glamourebene geschwebt sind und die Bäh-Ebene wird so zum Prügelknaben eines Prestigeerhalt.
Ich hör immer alte Tante
Gast
@Martin und Noeffbaux:
Wenn man den ganzen Artikel liest, erschliessen sich plötzlich die Zusammenhänge...
Frau Nahles als Generalsekretärin (das ist doch so was wie eine Geschäftsführerin?) sollte doch wissen, wie man eine Reklamation richtig macht. Das ist einfach recht unprofessionell.
"Das Wir entscheidet" - und dann reicht es nicht mal für einen Telefonanruf bei der entsprechenden Druckerei, ich finde das spricht Bände.
Rolf Kuntz
Nun liebe vorherige Kommentatoren. Bleiben wir doch mal auf dem grünen Teppich und lassen dieses pseudointelligente Ausgekotze. Ich komme aus dem Werbemittelbereich und kenne auch die Firma Lahnstein seit Jahrzehnten als seriösen Partner.
Sie können aus diesem Beitrag genau so wenig wie ich explizite Details herauslesen. Aber ich weiß aus Erfahrung wie die Kunden des Werbemittelhandels ticken. In deren Köpfen sind Werbemittel vorrangig Produkte einer unteren Sekundärebene welche die Kurzzeitpräferenz einer Werbeaktion im Preis widerzuspiegeln hat. Diese Zuordnung ist ökonomisch heutzutage so selbstverständlich wie Minijobber oder Werksverträge und die gewichtigste Qualifikation bei der Verhandlung mit Lieferanten und Herstellern ist die Beherrschung des Satzes “billiger, billiger, billiger“.
Das bewegt sich alles im legalen Rahmen und die Innovationen dieses Systems lassen uns seit Jahren freudig auf unsere Schnäppchen blicken. Blickt man allerdings in das System erkennt man Strukturen ähnlich der abgehobenen Bankenwelt. Große Etats laufen ausschließlich über hochrangige Marketingagenturen mit schillernden Namen. Nicht weil die produktfachlich kompetent sind, sondern weil unsere Hierarchien bei der Vergabe solcher Etats eben nicht mit Hinz und Kunz verhandeln (wollen). Da fehlt dann der Glamour wenn man sich durch die Vergabe von Großaufträgen auch selbst in Szene setzen kann. In der Praxis werden aber dann diese Aufträge flugs nach unten auf diese Bäh-Ebene weitergereicht. Und diese Bäh-Ebene hat keine Ahnung welche hochgeistigen Ergüsse vorher zwischen den Köpfen der Glamourebene geschwebt sind und wird so zum Prügelknaben eines Prestigeerhalt.
Plakatierer
Gast
@Rolf Kuntz Hallo Herr Kunz, natürlich können wir "expliziten Details" der geschilderten Problematik aus dem Artikel nicht herauslesen (es reicht ja durchaus, dass die Botschaft "die Sozis können es nicht" ankommt). Dennoch unterstellen Sie solche Details, vor allem was die Motivation des Kunden in diesem Fall angeht. Daher zu Ihrer Kenntnis: Den Wahlkreisen der SPD wurden die klassischen Plakate angeboten, und zusätzlich zu einem deutlich höheren Preis die Ecos. Wer die Etats der Wahlkreise kennt, kann die Entscheidung für die ökologische Variante einschätzen. Dafür wird man jetzt ausgerechnet in der taz geprügelt ...
Martin
Gast
Zusammenhangsloser Titel und dem Affen Zucker gegeben. Neben kleineren Tageszeitungen, scheint es (noch) keine Meldung bei anderen größeren Meinungsmachern wert zu sein.
Aber immerhin, zum vorführen der alten Tante hats gereicht ;)
Weitermachen!
noeffbaux
Gast
Diese Partei ist so peinlich, da passt es auch, dass die zu blöde zum Plakatieren sind. Auf ewig Königin Merkels Juniorpartner in der ganz großen Koalition. Narren.
no we can not
Gast
Sie können es nicht.