Streit um Zypernkrise: Doch keine vorbildliche Rettung
Der Eurogruppenchef meinte, die Zypern-Rettung könnte in Zukunft als Vorbild gelten. Dann gab's Kritik, die Börse stürzte ab und jetzt will er es doch nicht so gemeint haben.
PARIS afp | Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Äußerungen von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem kritisiert, wonach die Maßnahmen zur Zypern-Rettung als Vorbild bei anderen Euro-Krisenstaaten dienen könnten. „Es war falsch von Herrn Dijsselbloem zu sagen, was er gesagt hat“, bekräftigte das französische EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré am Dienstag im Sender Europe 1. „Die Erfahrung mit Zypern ist kein Vorbild für den Rest der Eurozone, weil die Situation ein Ausmaß erreicht hatte, das mit keinem anderen Land vergleichbar ist.“
Dijsselbloem hatte am Montag nach der Einigung auf das Rettungspaket für Zypern, das eine massive Beteiligung von Anlegern und die Abwicklung einer Bank vorsieht, angedeutet, der Plan könne künftig bei der Rettung anderer Euro-Krisenstaaten als Vorbild dienen. „Das Risiko vom Finanzsektor zu nehmen und es der Öffentlichkeit aufzubürden, ist nicht der richtige Ansatz“, sagte der niederländische Finanzminister der Financial Times.
Wenn Banken Risiken eingingen, mit denen sie nicht umgehen könnten, könne die Konsequenz daraus lauten: „Das ist das Ende der Geschichte“. Die Börsen hatten mit starken Kursverlusten reagiert, auch der Wert des Euro sank.
Am Montagabend distanzierte Dijsselbloem sich in einer kurzen Erklärung von seinen Interview-Äußerungen. „Zypern ist ein besonderer Fall mit einmaligen Herausforderungen“, erklärte der Eurogruppenchef. Wirtschaftliche Anpassungsprogramme seien auf die Situation eines Landes „maßgeschneidert“, es würden keine „Modelle oder Schablonen“ verwendet.
Die Euro-Finanzminister hatten dem vom Staatsbankrott bedrohten Zypern in der Nacht zu Montag Hilfen von bis zu zehn Milliarden Euro zugesagt. Im Gegenzug muss Zypern seinen als aufgebläht geltenden Bankensektor umstrukturieren und mit der Laiki-Bank die zweitgrößte Bank des Landes abwickeln.
Aktionäre, Gläubiger und Inhaber großer Bankguthaben der Laiki-Bank dürften massive Verluste hinnehmen müssen. Bei der Bank of Cyprus, bei der besonders viele Ausländer Geld angelegt haben, soll auf Guthaben über 100.000 Euro nach Angaben der zyprischen Regierung ein Abschlag von 30 Prozent fällig werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“