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Streit um SeeuferPotsdam vor Enteignung

Stadt kündigt erste Enteignungsanträge an. Bund will für seine Areale viel Geld sehen.

Wenigstens auf dem See gibt es keine Zäune Bild: dpa

Im Streit um den Uferweg am Groß Glienicker See geht die Stadt Potsdam in die Offensive: Am 2. November soll das Stadtparlament einen Beschluss verabschieden, der eine Enteignung der Grundstücke erlaubt. Noch im November sollen erste Enteignungsanträge gestellt werden, teilte die Stadt mit. Für Entschädigungen sind 2 Millionen Euro eingeplant, ob sie ausreichen, ist ungewiss.

Der Streit um die Ufergrundstücke schwelt seit Jahren. Derzeit haben Anwohner den Weg streckenweise verbarrikadiert. Gleichzeitig streiten Bürgerinitiativen für ein freies Ufer. Die Anwohner wollen ihre Grundstücke nicht für einen Weg auf dem ehemaligen Mauerstreifen freigeben. Die Stadt Potsdam betrachtet den Weg als öffentliche Grünfläche. Ein ähnlicher Streit blockiert den Weg am Griebnitzsee. Im Gegensatz zum dortigen Fall indes blieb eine Klage gegen den Bebauungsplan am Groß Glienicker See erfolglos.

Konkret geht es um 41 Grundstücke, von denen 27 Privatbesitzern gehören und 14 der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Benötigt würden jeweils die Flächen für den Uferweg, sagte am Freitag ein Sprecher der Stadt. Potsdam streitet nicht nur mit störrischen Uferanrainern, sondern auch mit der Bima: Die nämlich will an den Meistbietenden verkaufen - das sind derzeit Privatmenschen. Die Bima sei per Gesetz zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet, sagte der regionale Verkaufsleiter Stephan Regeler. "Wir haben teils konkurrierende Gebote erhalten und wollen sukzessive verkaufen."

Potsdam pocht auf ein Vorkaufsrecht. Über den Preis müsse diskutiert werden, sagte der Sprecher. Er gehe von weniger als 100 Euro pro Quadratmeter aus. Nach einer gütlichen Einigung klingt die Antwort der Bima auf dieses Ansinnen nicht: Er nehme zur Kenntnis, dass Potsdam ein Vorkaufsrecht für sich verbuche, sagte Regeler.

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11 Kommentare

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  • O
    ole

    In diesem Falle würde ich nicht von Enteignung sondern von einer Resozialisierungsmaßnahme sprechen.

  • K
    K.M.Enzer

    >Nie wieder darf es in Deutschland Enteignungen geben. Die DDR und das Dritte Reich mahnen

     

    Selten so viel Ahnungslosigkeit in nur zwei kurzen Sätzen gelesen! DDR und Drittes Reich sind immer gut als Drohung, um 'arme' Bürger(in) in Angst und Schrekcen zu versetzen.

     

    Enteignungen gibts in der ach-so-tollen Bundesrepublik schon lange. Einfach mal das GRUNDGESETZ lesen, kann nicht schaden ...

  • P
    P.U.Baer

    Nie wieder Enteignungen? Dann wird es aber wirklich nichts mehr mit irgendwelchem Bau von Umgehungsstraßen, Autobahnen, Flughäfen etc.

     

    - ob sich das die Bau- und Autofahrerlobby bieten lassen wird.

     

    Seeufer und Spreeufer für alle!

  • G
    Griebnitzseeanwohner

    In rund 20 Jahren hat die Stadt Potsdam im Streit um den Uferweg am Griebnitzsee so ziemlich alle auch nur entfernt möglichen Fehler gemacht — angefangen bei dem Versäumnis, den Uferstreifen gleich nach der Wende anzukaufen. Schon damals waren den DDR-sozialisierten Verwaltungsbürokraten die marktwirtschaftlichen Bundespreise zu hoch. Offenbar hat auch die jüngere Generation nicht viel dazu gelernt und will es den Seeblockierern in Glienicke aber mal so richtig zeigen – leider ohne jedes Augenmaß für Verhältnismäßigkeiten.

  • M
    Mika

    Seegrundstücke in Privathand sind Enteignung des Bürgers

  • S
    Stev

    Potsdam versucht, der fortschreitenden Enteignung der Allgemeinheit zugunsten "Meistbietender" (über und unter dem Tisch) zu verhindern. Dem ist Erfolg zu wünschen.

    Die größte Enteignungswelle der letzten Jahrzehnte läuft gerade über den Bankensektor. Enteignung des Steuerzahlers (inkl. öffentlicher Infrastruktur) zugunsten der Banken.

  • Y
    yberg

    wasn nu los.ooch in unsrer republik wird für öffentliche baumaßnahmen enteignet,dazu genügt ein einziger blick in die amtsblätter.populistisch

    auf die pauke hauen bringt nix.

     

    es gibt dafür vorgegebene verfahrensweisen,dieauf antrag über alle instanzen gerichtlich überprüft werden.

     

    bedenklich is eher,daß der bund die bürger für ihr erholungsbedürfnis bezahlen läßt,indem er ne kostenlose hinterlassenschaft der täterä meistbietend verkloppt.

     

    als schmankerl zum schluß noch der hinweis ,daß der ddr bürger maximal 100-300 euro staatsschulden an der backe hatte,heute nach seiner rettung aus dem sozialistischen jammertal schlapp 22-25 DAUSEND,da is doch der hinweis von ganz oben,der bund habe nix zu verschenken,HOHN.

  • EA
    Enzo Aduro

    @Bürgerin

    Naja, das ist zu hoch gegriffen.

    Ohne Enteignungen kann man Infrastruktur nicht bauen. Die Ansäßigen können kein Vetorecht gegen die Demokratie haben.

  • F
    fotodrescher

    Wenn Gemeinnutz vor Eigennutz geht, muss es sogar Enteignungen geben. Sonst könnte ja Bauer Lindemann mit seinem Rübenacker den Bau einer Bahntrasse oder Autobahn verhindern. Im Gegensatz zum Handeln in der DDR erhalten aber Enteignete eine angemessene Entschädigung, die sich an Immobilienrichtwerten orientiert.

  • AM
    Andreas Menzel

    Enteignungen für das Gemeinwohl sind schon immer Tagesgeschäft, ob an Straßen, Gehwegen, Radwegen oder Flughäfen. Das jetzt anstehende Enteignungsverfahren ist ein rechtsstaatliches Verfahren.

     

    An Seeufern wird selbst im nicht als kommunistisch in Verdacht stehendem Bayern enteignet. Was in Bayern möglich ist, muss doch auch in Brandenburg gehen! Die Eigentümer haben die öffentlichen Grünflächen mit dem NVA Kolonnenweg für wenige €/m2 erworben, wissend, dass sie seit 15-20 Jahren öffentlich zugänglich sind. Der Weg ist gewidmet, erst nach den Niederlagen am Griebnitzsee kamen 8 von 24 Eigentümern auf Sperrungen und bekamen von obersten Gerichten gesagt, dass ihre Zäune Unrecht sind. Einige scheinen nur auf eine satte Entschädigung aus zu sein. Potsdams umstrittenen Führungsspitze hat sich nun nach ihrem Griebnitzsee-Desaster für diesen Verfahrensweg entschieden.

  • B
    Bürgerin

    Nie wieder darf es in Deutschland Enteignungen geben. Die DDR und das Dritte Reich mahnen!