Streit um Online-Werbung: Google und Facebook im Dauerclinch
Wenn Programmierer auf Facebook Werbung einsetzen wollen, dürfen sie künftig keine Google-Ads verwenden. So setzt sich ein länger schwelender Streit fort.
Online-Werbung ist nicht nur für Facebook wichtig, sondern auch für zahlreiche Entwickler, die Programme für die Plattform, sogenannte Apps, bereitstellen. Egal ob ein Zombie-Spiel, virtuelle Grußkarten oder Anwendungen zum besseren Freundesmanagement - darin platzierte Werbung soll das investierte Geld wieder hereinholen und kostenlose Dienste finanzieren.
Im Bereich der Facebook-Werbung haben Programmierer künftig weniger Auswahl: Die im Web sonst so populären Google-Reklamearten "Adsense" und "Doubleclick" sind seit Ende letzter Woche verboten. Zu diesem Zeitpunkt führte der Netzwerkbetreiber eine offizielle Liste der zugelassenen Werbedienstleister ein. Kurz ist die Übersicht der "Ad Provider" mit 40 Anbietern nicht, doch der größte Anbieter fehlt nun, was einigen Entwicklern bereits Kopfzerbrechen bereitet. Die Betroffenen müssen sich nun einen neuen Geldgeber suchen, spätestens in einigen Wochen sollen Apps mit Google-Anzeigen abgedreht werden.
Offizieller Grund für die Maßnahme: Facebook erlaubt künftig nur noch solchen Werbedienstleister den Zugriff, die sich an "Platrformregeln" halten. In diesen steht zum Beispiel, dass sich Ad Provider verpflichten müssen niemals Facebook-Nutzerdaten zu verwenden. Der Netzwerkriese hatte zuvor allerlei Probleme in diesem Bereich: So landeten etwa die Facebook-Nutzer-IDs bei Dienstleistern und Werbekunden, die damit potenziell Werbeprofile bilden konnten.
"Nutzerdaten, Facebook-Nutzer-IDs und alle anderen durch die Facebook-Schnittstelle erhaltenen Daten" dürften nicht mehr "direkt oder indirekt" empfangen werden, heißt es nun. Selbst aggregierte Informationen, also Daten, die von mehreren Nutzern stammen und relativ schwer zurückverfolgt werden können, dürfen Werbedienstleister nicht mehr bekommen - außer Facebook genehmigt dies ausdrücklich. Warum Google die neuen Plattformregeln bislang nicht unterzeichnet hat, ist momentan unklar. Möglicherweise will das Unternehmen nicht, dass Facebook künftig wieder Herr aller seiner Daten ist.
Die Werbeblockade ist nur der letzte Vorfall in einem seit Herbst schwelenden Kleinkrieg zwischen Google und Facebook, der bisweilen auf dem Rücken der Nutzer ausgetragen wird. Den Erstschlag führte der Suchmaschinenbetreiber durch: An einem Wochenende im November verbot Google plötzlich Facebook den Zugriff auf die Adressdaten von Google-Mail-Nutzern. Zuvor war es mit wenigen Klicks möglich gewesen, alle in Google Mail enthaltenen Kontakte nach Facebook mitzunehmen.
Die Begründung für die Aktion fand sich in einer kleinen, aber gewichtigen Änderung der Bedingungen, die Google allen Nutzern seiner Programmierschnittstelle - und damit eben auch Facebook - abverlangt: Wer diese sogenannte API nutzen wolle, müsse künftig dafür Sorge tragen, dass die eigenen Nutzer ebenfalls "alle Kontaktdaten zu einem anderen Dienst oder einer Anwendung ihrer Wahl exportieren" könnten. Das müsse mindestens "genauso einfach und schnell" gehen wie bei Google, hieß es damals süffisant in den Richtlinien.
Da Facebook aber gerne auf seinen Daten sitzt, stellte dies ein großes Problem für den Netzwerkkonzern dar. Zwar existierte seit einiger Zeit die Möglichkeit, selbst eingestellte Fotos, Statusbotschaften und anderen "User Generated Content" in einem praktischen Zip-Paket herunterzuladen. Doch das betrifft auch noch nicht die wichtigsten Daten, die Facebook hat: die detaillierte Liste mit den Freundeskontakten und all ihren Informationen - also das, was man auch zu einem Konkurrenten von Facebook mitnehmen könnte. Freundesdaten sind nur teilweise exportierbar. Und deshalb griffen Googles AGB-Änderungen so gut.
Facebook umging das Problem anfangs, indem die Firma ein Werkzeug zum Datenimpor bereitstellte - das war etwas umständlich, funktionierte aber mit Hilfe einer Anleitung gut. Mittlerweile ist das nicht mehr möglich. Ob Google sich beschwerte oder Facebook selbst die Entscheidung traf, um Google auf die ein oder andere Art zu "bestrafen", ist bislang unklar. Doch der Reklamebann ist nun der nächste Schlag im Kleinkrieg. Wie es weitergeht, wissen Facebook und Google allein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels