Streit um Migrationsgesetz in Texas: Supreme Court gegen Weißes Haus
Der Oberste US-Gerichtshof lehnt eine einstweilige Verfügung gegen ein umstrittenes Antimigrationsgesetz in Texas ab. Das bleibt dennoch außer Kraft.
Die Entscheidung über eine Deportation zurück nach Mexiko würde lokalen Gerichten obliegen, und eine wiederholte unerlaubte Einreise könnte mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden.
Mit dem Gesetz gibt sich der Bundesstaat Zuständigkeiten, die eigentlich der Bund hat. Ein Rechtsstreit über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes ist anhängig, und aus diesem Grund hatte die Biden-Regierung beim Obersten Gerichtshof der USA beantragt, das Gesetz per einstweiliger Verfügung außer Kraft zu setzen, bis eine endgültige Entscheidung gefällt ist.
Das lehnten die obersten Richter:innen am Dienstag mit der konservativen Mehrheit von 6:3 Stimmen ab und verwiesen die Entscheidung zurück an ein Bundesberufungsgericht in New Orleans. Damit trat das Gesetz kurzfristig in Kraft – nur um wenige Stunden später von ebenjenem Berufungsgericht erneut einstweilig gestoppt zu werden. An diesem Mittwoch will sich das Gericht in einer mündlichen Anhörung in der Sache mit dem Gesetz beschäftigen.
Harsche Kritik von der Biden-Regierung
Die Entscheidung des Supreme Court war allerdings zunächst eine Schlappe für die Biden-Regierung. „Wir sind mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die das Inkrafttreten des schädlichen und verfassungswidrigen Gesetzes in Texas ermöglicht, grundsätzlich nicht einverstanden“, erklärte Regierungssprecherin Karine Jean-Pierre in einer schriftlichen Stellungnahme.
Das Gesetz sei ein weiteres Beispiel dafür, dass Republikaner die Situation an der Grenze für ihre politischen Zwecke missbrauchen, aber kein Interesse daran haben, eine wirkliche Lösung zu finden, sagte Jean-Pierre weiter. Neben der Festnahmebefugnis für lokale Einsatzbehörden bevollmächtigt das Gesetz auch texanische Richter dazu, Abschiebeentscheidungen zu treffen.
Die drei liberalen Richter:innen des Supreme Courts kritisierten die Entscheidung ihrer Kollegen. „Das Gericht erteilt grünes Licht für ein Gesetz, welches das langjährige Machtgleichgewicht zwischen Bund und Ländern auf den Kopf stellt und für Chaos sorgen wird“, schrieb Sonia Sotomayor. Dieser Meinung schlossen sich auch Ketanji Brown Jackson und Elena Kagan an.
Der texanische Gouverneur Greg Abbott zeigte sich hingegen erfreut. Er bezeichnete die Entscheidung des Supreme Court als „eine positive Entwicklung“.
Racial Profiling und konservativer Domino-Effekt
Kritiker bezeichnen das Gesetz als eine grobe Machtüberschreitung. SB4 wird daher auch oft mit äußerst kontroversem Gesetz aus dem Jahr 2010 verglichen. Damals hatte Arizona ein Gesetz erlassen, welches es Polizist:innen im Bundesstaat erlaubt hätte, verdächtige Personen zu stoppen und nach ihrem Aufenthaltsrecht zu befragen. Migrant:innen wären zudem auch dazu verpflichtet gewesen, ihre offiziellen Aufenthaltsdokumente jederzeit bei sich zu führen. Der Supreme Court erklärte das Gesetz 2012 größtenteils als unzulässig.
Wie schon vor mehr als zehn Jahren in Arizona befürchten Menschenrechtsorganisationen, dass das texanische Gesetz zu Bürgerrechtsverletzungen und Racial Profiling führen könnte, also rassistischen Polizeikontrollen aufgrund der Hautfarbe. Und: Wenn der konservative Oberste Gerichtshof in letzter Instanz das texanische Gesetz passieren lässt, dürften alle anderen republikanisch regierten Bundesstaaten schnell mit eigenen Gesetzen nachziehen.
„Wir begeben uns auf einen gefährlichen Weg, bei dem die Politik wichtiger ist als das Gesetz. Das ist äußerst gefährlich und ein Grund dafür, warum die Menschen das Vertrauen in Institutionen verlieren“, erklärte der Rechtsanwalt Cesar Lozano, der in texanischen Grenzstadt Eagle Pass ansässig ist. Lozano ist auch Teil der Eagle Pass Border Coalition, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für eine humanitäre Lösung der Migrationskrise einsetzt.
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