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Streit um MerchandisingrechteFC St. Pauli verkauft sich selbst

Seit Jahren liegen der FC St. Pauli und der Vermarkter Upsolut im juristischen Clinch. Nun kauft der Verein seinen Vermarkter.

Für jede Jahreszeit der rechte Fanartikel: Christbaumschmuck vom Kiez Foto: Upsolut

HAMBURG taz | Der Rechtsstreit ist beendet, die Lösung orginell. Denn die eine Konfliktpartei kauft die andere einfach auf. Der Gekaufte ist der Hamburger Sport-Vermarkter Upsolut. Der Käufer ist der Fußball-Zweitligist FC St. Pauli, der seine Merchandising-Rechte vor Jahren an Upsolut abtrat. Für 1,265 Millionen Euro wird der Verein zu Beginn 2016 alleiniger Gesellschafter von Upsolut, übernimmt auch die 80 MitarbeiterInnen der Firma und dazu noch die Vermarktung von Zweitliga-Konkurrent Union Berlin.

2004 hatte Ex-St.Pauli-Präsident Corny Littmann 90 Prozent der Merchandising-Rechte des Vereins an Produkten mit seinem Logo, für einen siebenstelligen Betrag an Upsolut verkauft, um den damals hoch verschuldeten Drittligisten vor Kollaps und Konkurs zu bewahren. Unter Ausnutzung der finanziellen Notlage und damit „sittenwidrig“, so die Vereinsjuristen später, hätte sich Upsolut eine extrem lange Vertragslaufzeit bis 2034 gesichert. Eine Argumentation die das Hamburger Landgericht 2010 zurückwies, das Oberlandesgericht in der Revision 2013 aber bestätigte.

Da der Fall inzwischen beim Bundesgerichtshof anhängig war, drohte ein rechtskräftiges Urteil noch drei, vier Jahre auf sich warten zu lassen. Beide Parteien strebten aufgrund der hohen verfahrenskosten und großen Prozess-Unsicherheiten eine außergerichtliche Lösung an und einigten sich jetzt nach streng geheimen Verhandlungen. Der Verein, der selbst 10 Prozent an Upsolut hielt, kauft den Gesellschaftern, der französischen Lagadère-Gruppe und dem Norderstedter Textilunternehmen Miles seine 90-Prozent-Anteile an dem Vermarkter ab. Der Vertrag wurde am Montag unterzeichnet. „Der FC St. Pauli hat eine wegweisende Weichenstellung für die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Clubs vorgenommen“, jubeliert das Vereins-Präsidium, das die zum Jahresende und Mitte 2016 fällig werdenden beiden Kaufraten aus Rücklagen und liquiden Mitteln finanziert.

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1 Kommentar

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  • Ich wollt', ich wär' ne Bank!

     

    Angenommen, ich bin pleite und brauche dringend Geld. Die Bank will mir keins geben. Also verkaufe ich mich an ein Unternehmen, das sich für clever hält und mich einen sittenwidrigen Vertrag unterschreiben lässt. Anschließend saniere ich mich mit dem eingenommenen Geld. Habe ich das geschafft habe, kaufe ich mich selbst zurück – zusammen mit dem damaligen Käufer.

     

    Interessant wäre nun, welcher Betrag zwischen den 1,265 Millionen Euro von 2004 und dem "siebenstelligen Betrag" von 2015 liegt, wie hoch also die "Zinsen" sind, die die französische Lagadère-Gruppe und das Norderstedter Textilunternehmen Miles einstreichen durften nach 11 Jahren. Gut möglich, dass auch diese Zahl, nun ja, sittenwidrig hoch ist. Sonst wäre sie vielleicht genannt worden.