piwik no script img

Streit um Kfz-SteuerRegierung gefährdet ihre Klimaziele

In der nächsten Woche will die Regierung ihr zweites Klimaschutzpaket verabschieden. Nach den gescheiterten Agrosprit-Plänen will die CDU jetzt auch noch Autofahrer schonen.

Kfz-Steuer nach CO2-Ausstoß gestaffelt? Mit der Union nicht zu machen, meckert Unions-Finanzpolitiker Bernhardt. Bild: dpa

BERLIN taz Nach den gescheiterten Agrosprit-Plänen drohen nun zwei weitere Pfeiler der bundesdeutschen Klimapolitik wegzubrechen: Zum einen ist zwischen der CDU und SPD ein wüster Streit um die Neuausrichtung der Kfz-Steuer ausgebrochen. Zum anderen bescheinigt ein Gutachten den Regierungsplänen zum Energiesparen bei weitem nicht die Wirkung, die sie beitragen sollen.

Der Reihe nach: Um das angestrebte Klimaziel - 40 Prozent weniger Kohlendioxid im Jahr 2020 gegenüber 1990 - zu erreichen, hatte das Kabinett politische Ecksäulen formuliert, das so genannte Meseberg-Paket. Im Herbst war der erste Teil vom Kabinett verabschiedet worden, am kommenden Dienstag steht der zweite Teil auf der Tagesordnung. Ein Bestandteil von Paket II: die neue Kfz-Steuer.

Bislang werden Pkw-Steuern nach Hubraum ermittelt, ab 2009 sollen sie nach Kohlendioxidausstoß erhoben werden, damit es eine Lenkungswirkung für mehr Klimaschutz gibt. "Ein Skandal", erklärte der haushaltspolitische Sprecher der FDP Jürgen Koppelin. Union und SPD hätten schon Berufspendler mit der abgeschafften Entfernungspauschale belastet. Koppelin: "Jetzt sollen die Autofahrer wieder zur Kasse gebeten werden."

Die FDP steht mit den Skandalrufen nicht allein da: "Dies ist mit der Union nicht zu machen", wettert etwa der finanzpolitische Sprecher der Union, Otto Bernhardt. "Das sollte der Kollege mal seinen christlichen Ministerpräsidenten sagen", kontert SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Die nämlich haben darauf gedrungen, die Steuer so auszuformulieren, wie sie jetzt ist.

Um das Klimaziel zu schaffen, plant die Regierung 11 Prozent Strom bis 2020 einzusparen - und so die Klimaschuld um 40 Millionen Tonnen Kohlendioxid zu senken. Gutachter haben jetzt nachgerechnet: Mit den Meseberg-Instrumenten seien allenfalls 20 Millionen Tonnen zu erreichen. Das entspräche bestenfalls 5,8 Prozent Stromeinsparung statt der geplanten 11 Prozent, errechnete das Ecofys-Institut im Auftrag der Grünen. Vor allem das überfällige Verbot von ineffizienten Nachtspeicherheizungen und die Vertagung eines verbindlichen Energiemanagments für die Wirtschaft lassen die Regierungspläne zu Luftschlössern werden. "Das Klimaprogramm der Bundesregierung gleicht einem Scherbenhaufen. Viel wurde angekündigt, wenig geliefert", so Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn.

Hinter den Kulissen knirscht es zudem bei der "Kennzeichnungspflicht für Pkws": Um Anreize für den Kauf verbrauchsgünstiger, CO2-armer Autos zu verstärken, will die Regierung eine verbraucherfreundliche und übersichtliche Kennzeichnung einführen. Doch über den Entwurf aus dem Hause von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) herrscht unter seinen Kabinettskollegen keine Einigkeit. Die offizielle Sprachregelung lautet nun, man erwarte zunächst die Vorschläge aus Brüssel. Damit ist die Verordnung, die spätestens im August erlassen werden sollte, gestorben: Ein EU-Regelwerk liegt nämlich bislang noch nicht vor.

Viel Streit also noch, bevor das Kabinett nächste Woche zusammen kommt. Am Dienstag sollen auch eine Heizkostenverordnung, eine Anhebung der Lkw-Maut und die Liberalisierung des Energiemesswesens - Stichwort: "intelligente Stromzähler" - beschlossen werden. Klar ist, das noch vor der Sommerpause das Gesetzgebungsverfahren beginnen muss - soll tatsächlich wie geplant 2009 endlich mit dem Klimaschutz in Deutschland begonnen werden. Nach den Chancen befragt, erklärte Regierungssprecher Tomas Steg: "Uns bleibt noch eine Woche Zeit. Wir bemühen uns."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • BW
    bernhard wagner

    Traurig, aber wahr. Zu bedenken ist dabei: Die leicht (z.B. durch Konzepte wie sie BUND und andere fordern) vermeidbaren CO2 Emissionen allein im Bereich des Kfz Verkehrs töten via Klimawandelfolgen weltweit in den nächsten Jahren mehr als 10.000 Mal so viele Menschen, als z.B. alle bisherigen Beton- oder Holzklotz-würfe von Autobahnbrücken,

    ... die natürlich dumm sind, aber von den volksverummungsmedien umso mehr berichtet werden - im Vgl. zu diesen anderen Klima-Toten (z.B. wg. zusätzlich! klimabedingtem Anstieg von Malaria, Dürrekatastrophen, verschobenem & z.T. heftigeren Monsunregen, Zyklonen u.s.w.).

     

    Die Vorschläge vom BUND oder Friends of the Earth in anderen Ländern, oder Greenpeace etc. sind ja schon bescheiden formuliert, damit sie durchsetzbarer sind, aber eigentlich sind sie noch viel zu wenig.

     

    z.B. wäre es zusätzlich möglich, ab 2010 keine Pkw europaweit mehr neu zuzulassen, die mehr als 30 g CO2 Äquivalente/km je vorgesehenem Sitzplatz emittieren (z.B. mit Ausnahmen für Pkw für behinderte Menschen, Polizei, Notdienste etc, aber z.B. keine Ausnahmen für 'Geschäftsreisende' etc.).

     

    Elektro- und Hybridfahrzeuge, die nicht mit 'sauberem' Ökostrom aufgeladen werden (dafür könnten extra Ladestationen an Tankstellen errichtet werden), wären ebenfalls extra zu besteuern - wie auch sonst alle CO2 Äquivalent-Emissionen, sowie die Risiken der AKW und ihres Mülls, und von all diesen Einnahmen direkt der Ausbau der EE massiv unterstützt werden.