piwik no script img

Streit um Jüdisches Museum eskaliert

■ Barzel sieht Intrigen. Kultursenator weist Vorwürfe zurück

Der Streit um die Unabhängigkeit des Jüdischen Museums eskaliert. Nachdem die Jüdische Gemeinde zu Berlin am Mittwoch ihre Mitarbeit am Museum eingestellt hatte, erhob gestern der Leiter des Jüdischen Museums, Amnon Barzel, schwere Vorwürfe gegen die Kulturverwaltung und den Chef der Stiftung Stadtmuseum, Reiner Güntzer. „Man will das Museum sterben lassen“, sagte Barzel der taz.

Die jüdische Seite sei isoliert worden, das Museum habe keine Autonomie, keine Verwaltung, keinen eigenen Etat. Güntzer sei voller Vorbehalte. „Wir kannten die Verwaltungssatzung vorher nicht, niemand hat uns gefragt“, kritisierte Barzel. Briefe der Jüdischen Gemeinde an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen und Kultursenator Peter Radunski (beide CDU) zur Frage der Autonomie seien nicht beantwortet worden.

Anlaß dieses Streits ist die neue Verwaltungssatzung des Museums. Darin wird das Jüdische Museum als eine Hauptabteilung des Stadtmuseums Berlin eingeordnet.

Radunski wies die Vorwürfe zurück. Die Autonomie des Jüdischen Museums habe nie zur Disposition gestanden. „Sämtliche Verfahren und Regelungen wurden immer in Abstimmung mit den führenden Vertretern der Jüdischen Gemeinde zu Berlin getroffen“, sagte Radunski. Die Wünsche seien berücksichtigt worden. Gleichzeitig bat Radunski die Gemeinde um ihre weitere Mitarbeit.

Stadtmuseums-Chef Güntzel bestätigte, daß das Jüdische Museum keinen eigenen Etat habe. Es werde aber über Haushaltstitel für den Programmbereich autonom verfügen können. Das beinhalte unter anderem Ausstellungen und Publikationen. Das Jüdische Museum werde rund 400.000 Mark erhalten. „Selbständig und gleichzeitig integriert sein geht nicht“ sagte Güntzer.

Die neue Satzung mache ein Engagement der Jüdischen Gemeinde beim Aufbau des Museums unmöglich, bekräftigte gestern der Sprecher der Gemeinde, Peter Ambros. Es sei jetzt nicht mehr möglich, eine autonome Museumskonzeption zu entwickeln und zu realisieren.

Die Verwaltungssatzung sei der vorläufige Höhepunkt einer schon seit zwei Jahren andauernden Unterdrückung des Jüdischen Museums, sagte Amnon Barzel. Er wolle jetzt einen unabhängigen Untersuchungsausschuß zusammenstellen. Dieser solle die Vorgänge um das Jüdische Museum untersuchen. „Zurücktreten werde ich auf keinen Fall.“ Matthias Benirschke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen