piwik no script img

Streit um Islamisten eskaliertSomalia wirft UN-Gesandten raus

UN-Chef Nicholas Haysom hatte tödliche Gewalt gegen Demonstranten missbilligt. Der Streit dreht sich um einen einstigen Islamistenführer.

Baidoa im Südwesten Somalias: Dort erschoss die Polizei Demonstranten Foto: reuters

Berlin taz | Die Regierung Somalias, die für ihr Bestehen komplett auf das Wohlwollen der internationalen Gemeinschaft angewiesen ist, macht Front gegen die UNO. Die Regierung in der Hauptstadt Mogadischu erklärte am Mittwoch den UN-Sonderbeauftragten für Somalia zur unerwünschten Person. Der seit September amtierende Südafrikaner Nicholas Haysom „wird nicht benötigt und kann in diesem Land nicht arbeiten“, hieß es.

Grund für diesen außergewöhnlichen Schritt ist Haysoms Kritik am Umgang der somalischen Regierung mit dem Versuch eines ehemaligen Führers der islamistischen Shabaab-Rebellen, ein Staatsamt zu erringen.

Mukhtar Robow hatte für die Präsidentschaft der Autonomieregion im Südwesten Somalias kandidiert, war aber am 13. Dezember von den Behörden mit Unterstützung äthiopischer Truppen verhaftet worden. Ihm wurde vorgeworfen, eine Miliz gebildet zu haben, eine in Somalia nicht ungewöhnliche Tätigkeit.

Die Verhaftung führte zu Demonstrationen in Baidoa, gegen die die lokale Polizei gewaltsam vorging. Nach UN-Angaben wurden 15 Zivilisten getötet und 300 festgenommen.

Fragekatalog an Somalias Regierung

Der UN-Beauftragte Haysom hatte daraufhin die Regierung um Aufklärung gebeten. Er verlangte Auskunft darüber, welche Truppe Robow festgenommen habe, auf welcher rechtlichen Grundlage dies geschehen sei, welche Sicherheitskräfte zwischen dem 13. und 15. Dezember bei den Demonstrationen präsent waren, wer sie befehligte und wer wem welche Anweisungen gab.

Der Fragekatalog, der an Ermittlungsakten eines Anklägers erinnert, sorgte in Mogadischu offenbar für Empörung.

Für Somalias schwache Zentralregierung, deren Macht vor allem auf Tolerierung durch lokale Machthaber und auf finanzielle und militärische Unterstützung aus dem Ausland gründet, ist Haysom ein idealer Gegner: Er ist ein weißer Südafrikaner und die UNO ist für die Regierung als Partner weniger wichtig als die Afrikanische Union, wenn man von humanitären Belangen absieht.

Doch als ehemaliger Rechtsberater von Nelson Mandela und UN-Sonderbeauftragter in Afghanistan genießt Haysom internationalen Respekt. Seine schlechte Behandlung dürfte kaum auf internationales Verständnis stoßen.

Gegner der Regierung wittern bereits die Chance auf einen diplomatischen Punktsieg. Die international nicht anerkannte Republik Somaliland – der seit 26 Jahren unabhängige Norden Somalias – erklärte umgehend, sie trage die Ausweisung nicht mit und Haysom sei bei ihr willkommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!