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Streit um "Gefällt mir"-ButtonLobby wettert gegen Weichert

Schleswig-Holsteins oberster Datenschützer Weichert macht im Streit um Facebooks "Gefällt mir"-Button ernst. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft wehrt sich.

Facebook: gefällt Datenschützer Weichert nicht. Bild: dapd

Der Streit um die "Gefällt mir"-Buttons von Facebook geht weiter. Ein Gespräch der Kieler Staatskanzlei mit Schleswig-Holsteins oberstem Datenschützer Thilo Weichert verlief ergebnislos, wie Staatssekretär Arne Wulff am Donnerstag mitteilte. Weichert hatte öffentliche Stellen und die Staatskanzlei aufgefordert, ihre Facebook-Fanseiten und "Gefällt mir"-Buttons zu löschen, weil dort Daten ohne die Einwilligung von Nutzern weitergegeben würden.

Die Datenschützer beanstanden insbesondere die Facebook-Fanseite Schleswig-Holsteins, die über die Internetseite des Landes zu erreichen ist. Darüber hinaus mahnte der Chef des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) öffentliche Stellen ab und drohte Unternehmen Bußgelder an, falls die Forderungen der ULD nicht umgesetzt würden.

Acht der 16 Bundesländer haben eine Facebook-Fanseite. Regierungssprecher Knut Peters betonte deshalb, Kiel wolle bis nach der Innenministerkonferenz warten, um so ein abgestimmtes Vorgehen der Länder zu ermöglichen. Erst dann solle entschieden werden, ob Weicherts Bedenken mit den Grundsätzen der Informationspflicht und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen seien, sagte Staatssekretär Wulff.

Erwartungsgemäß gefällt Weicherts Intiative dem Verband der deutschen Internetwirtschaft "eco" überhaupt nicht. Diese stoße sogar in der eigenen Staatskanzlei auf Unverständnis, bemängelt eco in einer Presseerklärung am Freitag. Weicherts Vorgehen "gegen ein alltägliches Kommunikationsmittel" und seine Drohungen gegen Unternehmen seien völlig kontraproduktiv.

Der "Gefällt mir"-Button

Der "Gefällt mir"-Button erfüllt für Facebook eine Schlüssel-Funktion. Website-Betreiber können die kleine Schaltfläche mit dem gehobenen Daumen in ihre Online-Präsenz einbinden. Klickt ein Nutzer darauf, wird das im Facebook-Profil des Nutzers im Bereich "Aktivitäten und Interessen" vermeldet.

Das ist der sichtbare Teil, im Hintergrund findet ein Austausch von Informationen statt. Die Software hinter dem Button sorgt dafür, dass eine Verbindung zwischen der entsprechenden Website und dem Nutzer-Profil hergestellt wird. Die Folge ist, dass der Website-Betreiber Einträge auf die Pinnwand des Facebook-Mitglieds schicken kann und die Möglichkeit hat, Werbung besser auf die Nutzer zuzuschneiden. Damit das System funktioniert, wird über den "Gefällt mir"-Button auch geprüft, ob Facebook den Nutzer kennt, der gerade eine Webseite ansteuert. (dpa)

"Sinnloser und gefährlicher Kampf"

"Dr. Weicherts Kampf gegen Unternehmen und die Bevormundung von Internetnutzern ist sinnlos und gefährlich. Nach außen entsteht der Eindruck, dass Datenschützer die Kommunikation ins 20. Jahrhundert zurückführen wollen", so Oliver Süme, Vorstand für Recht, Regulierung und Politik bei eco. Außerdem sei der Datenschutz der deutschen Internetwirtschaft im internationalen Vergleich vorbildlich.

Die ULD sieht das anders. Bei der Benutzung der Buttons oder Fanseiten würden Daten übermittelt, die nicht in der Einwilligungserklärung von Facebook stünden, erläutern die Datenschützer. Facebook hingegen betonte, dass keine Informationen von Nichtmitgliedern gesammelt würden, Weicherts Bedenken konnte die Firma damit aber nicht zerstreuen. Die Industrie und Handelskammer (IHK) Schleswig-Hosteins kündigte indes an, es notfalls auf einen Prozess gegen Weicherts Maßnahmen ankommen zu lassen.

Bereits im August hatte die ULD alle offiziellen Stellen in Schleswig-Holstein aufgefordert, ihre Fanseiten bei Facebook und die "Gefällt mir"-Buttons bis Ende September zu entfernen und mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro gedroht.

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6 Kommentare

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  • B
    Bitbändiger

    Mehr und mehr gefällt mir dieser Weichert!

     

    Es bedarf eigentlich keiner besonderen Intelligenz, um zu erkennen, dass ein Unternehmen, das eine begehrte (und, falls in ihrer Funktionalität transparent und zuverlässig überwacht, durchaus sinnvolle) Software weltweit kostenlos anbietet und Unmengen privater Daten hostet, sehr wahrscheinlich zumindest Kostendeckung, wenn nicht gar Profit erwartet (soweit übrigens völlig legal).

     

    Leider gibt es eine Menge Indizien und Belege, dass Facebook sich weder um Privatsphäre (= Menschenrecht) noch um nationale Datenschutzgesetze schert - schließlich sitzt man in den USA und damit in einem faktisch rechtsfreien Raum.

     

    Soweit die Opfer bewusste Facebook-Nutzer sind, mag man sie noch mit blauäugigen Kaffeefahrt-Teilnehmern gleichsetzen. Wenn aber schon die "Gefällt-mir"-Existenz auf einer Website zu einer Datenübergabe an Facebook führt, ist das kriminell. Und ich habe keinerlei Verständnis für all die Behörden, Medien und Wirtschaftsunternehmen, die dieser kriminellen Vereinigung durch Kollaboration noch einen Anstrich von Seriosität verleihen (leider zählt auch die taz dazu).

     

    Traurig ist vor allem der Ausblick: Irgendwann wird sich, dank allseitiger kostenloser Werbung, diese lächerliche "Freunderei" so durchgesetzt haben, dass man mit einem normalen, privaten Mail niemanden mehr erreicht.

  • B
    Björn

    Was im Artikel und erst recht im kleinen Kasten fehlt ist, dass auch ohne Interaktion des Nutzers, allein über den eingebundenen Button, facebook mitverfolgt welche Seiten besucht werden. Dabei ist es nicht einmal notwendig, dass der Nutzer bei facebook angemeldet ist, denn dafür reichen auch die von facebook plazierten Cookies.

    Deswegen gehen immer mehr Seiten dazu über ein zweistufiges System zu nutzen, bei dem der Button erst aktiviert werden muss.

  • N
    Norbert

    Wir brauchen ein europäisches Internetrecht. Zumindest aber ein einheitlich deutsches Internet- und Datenschutzrecht. Es kann nicht sein, dass jeder der 16 Landesdatenschutzbeauftragten seine eigene Rechtsauffassung zum Anlass für eine Abmahnungswelle nimmt ohne dies höchstrichterlich abgesichert zu haben.

     

    Im übrigen fällt auf, dass er nicht facebook direkt angreift, sondern andere für die potentiellen Verstöße von Facebook in Haftung nimmt. Er versucht auch gar nicht erst, sein verhalten mit anderen Datenschützern abzustimmen. Offenbar geht es ihm mehr um die eigene Aussenwirkung. Wie man es richtig und wesentlich effektiver macht zeigt der Jurastudent Max Schrems (23).

  • IB
    IEhrengard BEcken-Landwehrs

    Endlich wagt es ein Datenschützer in Bezug auf Facebook den Mund aufzumachen und mit Strafen zu drohen. Es ist nachweisbar (!), daß bei FB ALLE Abläufe gespeichert werden (streiten sie aber ab!). Es ist desweiteren bekannt, daß die Buttons in FB verseucht und sehr gefährlich sind. Mich überrascht daher der Bericht und die Maßnahmen von Dr. Weichert nicht. Im Gegenteil, es wundert mich, daß bisher noch nichts dagegen unternommen worden ist! Erwartungsgemäß Stehten die Kommunen jetzt Kopf und wehren sich. Es wird ALLERHÖCHSTE Zeit, daß Die Herrschaften aufwachen! Und die dementsprechende Lobby sollte sich sehr ruhig verhalten, oder, die Frage sei in diesem Zusammenhang erlaubt, steckt sie mit drin um sich an der Datensammlung zu beteiligen?!

    FB in Amerika ist für uns unerreichbar, FB hat aber in Irland eine Cooperation und unterliegt somit dem EU-Recht! Herr Dr. Weichert, lassen Sie sich auf keinen Fall in Ihrem Vorhaben beirren! Ich bin kein Freund von Datenschützern, aber hier gebe ich ihnen absolut Recht!!!!!!!!!!!

  • FN
    Felix Nagel

    Anstatt gemeinsam FB zu besseren Datenschutz zu nötigen bekriegen sich die staatlichen Stellen gegenseitig. *kopfschüttel*

  • D
    Demokrat

    Es ist gut, wenn sich jemand mal um die Einhaltung von Recht und Gesetz kümmert. Über die Einbindung von den Facebook-Skripten hat die Firma tatsächlich eine weitreichende Wissen über das, was im Internet passiert. Jeder Klick kann auf einem Facebook-Server gespeichert werden.

    Allerdings kann sich jeder recht einfach dagegen schützen: Firefox nutzen und das Add-On No-Skript installieren. Zudem gibt es einen Add-Blocker, der den ganzen Werbekram ausblendet. Ich bin immer überrascht, wie voll gestopft das Internet mit Werbung ist - wenn ich mal an einem Rechner ohne Add-Blocker sitze.