Streit um Erzieherstellen: Welche Prognose?

Ab dem Herbst dürften deutlich mehr Kinder den Schulhort nutzen. Doch die Bildungsverwaltung versäumt es, dafür rechtzeitig Personal anzumelden, warnt die Gewerkschaft.

Was man im Hort so macht: Hausaufgaben

Ab dem kommenden Schuljahr ist die Nachmittagsbetreuung im Schulhort für die ersten beiden Schuljahre kostenlos, und auch die bürokratische Bedarfsprüfung fällt weg. Das dürfte mehr Kinder in die Horte bringen – doch die dafür zusätzlich benötigten ErzieherInnen finden im Personalbedarf, den die Bildungsverwaltung für den Haushalt 2020/21 anmelden muss, keine Berücksichtigung.

„Erhöhte Personalbedarfe, die aus dem Wegfall der Bedarfsprüfung in den Jahrgangsstufen 1 und 2 resultieren, sind aktuell nicht prognostizierbar und können daher keinen Eingang in die Dienstkräfteanmeldung finden“, heißt es in einem Schreiben der Bildungsverwaltung an den Hauptpersonalrat.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist erzürnt – zumal die Bildungsverwaltung selbst bereits im Juni 2018 in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz von einem Mehrbedarf von 226 Vollzeitstellen ausgeht, wenn die Horte in den ersten beiden Schuljahren für alle Kinder geöffnet werden.

„Warum die Senatsverwaltung ihre eigenen Schätzungen ignoriert und es einmal mehr verpasst, ihre sinnvollen bildungspolitischen Maßnahmen auch personell abzusichern, das weiß nur Frau Scheeres“, sagt die Berliner GEW-Landesvorsitzende Doreen Siebernik an die Adresse der Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD).

Ein Plus von 270 ErzieherInnen

In Scheeres' Verwaltung verweist man auf Stellenzuwächse, die es sehr wohl gebe: Für 2020 seien – im Vergleich zu 2018/19 – 187 Erzieherstellen mehr angemeldet, für 2021 dann nochmal ein weiterer Mehrbedarf von rund 80 ErzieherInnen.

Allerdings ist dieser „Aufwuchs“ den steigenden SchülerInnenzahlen insgesamt geschuldet – der offene Hort für die ersten beiden Schuljahre spielt keine Rolle.

In jedem Fall würden aber „keine Stellen gestrichen oder gekappt“, wie es die GEW darstelle, betonte ein Sprecher von Senatorin Scheeres. Eine Frage der Perspektive, argumentiert die GEW – denn schließlich könne man rund 300 Stellen, die aufgrund einer 2018/19 angenommenen und nun aber nicht ganz eingetroffenen Schülerzahlprognose doch einfach im Haushalt belassen. Kommen mehr Kinder in die Horte, würden die ja so oder so auf jeden Fall gebraucht. Nein, widerspricht die Bildungsverwaltung, das sei im Haushalt nicht darstellbar.

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Personalräten und Bildungsverwaltung: das kostenlose Schulmittagessen für die Jahrgangsstufen Eins bis Sechs, das ebenfalls ab Herbst kommt. Derzeit läuft eine Abfrage in den Bezirken, wie es um die Kapazitäten der Schulmensen bestellt sind – denn aus etlichen Schulen war bereits zu vernehmen, sie könnten die zusätzlich erwarteten SchülerInnen kaum bewältigen.

Wenn die Essenszeiten ausgedehnt werden, braucht man allerdings auch dafür Aufsichtspersonal, sagt die GEW. Das allerdings ist offenbar gar nicht vorgesehen: „Die Entscheidung, allen Kindern der Grundstufe ein kostenfreies Mittagessen zur Verfügung zu stellen, hat sich dabei nicht bedarfssteigernd ausgewirkt“, heißt es in dem Schreiben der Bildungsverwaltung an die Personalräte.

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