piwik no script img

Streit um BrexitNotfalls doch Brexit-Verschiebung

Premier Johnson will eine Verlängerung der Brexit-Frist, sollte die EU den Vorschlägen aus London nicht zustimmen. Teile der EU übten zuletzt harte Kritik an den Plänen.

Ob mit Abkommen oder ohne – Johnson will den Brexit Foto: ap

EDINBURGH/LONDON dpa/afp | Sollte es zu keinem Deal mit der Europäischen Union kommen, will der britische Premierminister Boris Johnson Berichten zufolge doch eine Verlängerung der Brexit-Frist beantragen. Das geht der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge aus einem Dokument hervor, das am Freitag einem Gericht in Schottland vorgelegt wurde.

Das britische Parlament hatte im September ein Gesetz verabschiedet, das den Premier dazu verpflichtet, einen Antrag auf eine Brexit-Verschiebung zu beantragen, sollte bis zum 19. Oktober kein Abkommen ratifiziert sein. Johnson besteht aber darauf, dass Großbritannien am 31. Oktober aus der EU ausscheiden wird, mit oder ohne Abkommen. Wie er das Gesetz umgehen will, ist bislang unklar.

Abgeordnete wollen nun gerichtlich feststellen lassen, dass Johnson das Gesetz befolgen muss. Bei einer Anhörung vor dem Obersten Gericht Schottlands wurde PA zufolge nun ein Dokument von der Regierung eingebracht, aus dem hervorgeht, dass Johnson den Antrag stellen wird, sollte kein Deal zustande kommen.

Vor Kurzem hatte der Regierungschef noch gesagt, er wolle „lieber tot im Graben“ liegen, als eine Verschiebung der Brexit-Frist zu beantragen. Johnson hatte jedoch stets betont, dass er nicht gegen das Gesetz verstoßen und das Land trotzdem am 31. Oktober aus der Staatengemeinschaft führen werde , „komme, was wolle“. Spekuliert wird daher, dass er trotzdem ein Schlupfloch suchen könnte, um die Brexit-Verschiebung zu verhindern. Einem Antrag auf Verlängerung müssten alle 27 bleibenden EU-Staaten zustimmen.

Harte Kritik an den Brexit-Plänen aus London

Am Donnerstag hatte die britische Regierung die seit Langem geforderten schriftlichen Vorschläge zu einer Revision des Brexit-Abkommens mit der EU vor. Teile der EU üben harte Kritik an den Plänen. EU-Parlamentspräsident David Sassoli hält die neuen britischen Ideen zur Lösung des Brexit-Streits für absolut unzureichend. „Zumindest in ihrer gegenwärtigen Form sind die britischen Vorschläge nicht mal ansatzweise eine Grundlage für ein Abkommen, dem das Europäische Parlament zustimmen könnte“, sagte Sassoli dem Spiegel.

Viele Punkte bleiben weiterhin offen. Einerseits gehe es um die Frage, ob Zollkontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland direkt an der Grenze tatsächlich über technische Möglichkeiten vermieden werden könnten. Anderseits habe die EU auch Probleme mit Johnsons Forderung, dass das nordirische Parlament die Vereinbarung billigen und alle vier Jahre bestätigen soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Themen #Brexit
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • & Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - hoho

    “ Da hat BoJo - erstmalig Lösungsvorschläge unterbreitert und ist gezielt gescheitert.



    50 Jahre Monty Python...“

  • Boris Johnson ist ja nicht ganz dumm.

    Er wird sehr wahrscheinlich einen inakzeptablen Atrag stellen. Verschiebung ohne wirkliche klare Timeline oder klare Ziele außer dem, dass der Brexit kommen soll.

    Mit einem solchermaßen zwar formal korrekten Antrag aber inhaltlich nicht zielfühernder Verlängerung der unseligen Theaters muss dann die EU27 umgehen. Im Zweifel hat diese dann den schwarzen Peter und Johnson den Brexot am 31.10. geliefert.

    Insofern wäre er fein raus und die EU27 die Schuldigen. Was sollte er denn sonst tun?

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Trotzdem sich immer stärker heraus kristallisiert das mit einem Brexit, der sich bei genauerer Betrachtung als England-Exit entpuppt und der mit einer gewaltigen Fake-news Propagandashow künstlich inszeniert wurde

    ---um letztendlich Produktstandards zu verschlechtern und aufzulösen



    ---um Arbeitnehmerrechte einschränken zu können,



    ---um die letzten Reste des Sozialstaats abzubauen,



    ---um das Gesundheitssystem zu privatisieren und



    ---um Politik hinsichtlich der Verhinderung der Klimakatastrophe zu boykottieren

    verschleiert und verwirrt der Hauptverursacher des britischen Disasters Boris Johnson nun mit um 180 Grad entgegengesetzten Stellungnahmen die sich gegenseitig ausschliessen.

    Entweder tod im Graben (do or die) oder Verlängerung - beides zusammen funktioniert nicht.

    Ein weiteres Beispiel wie Johnson Demokratie zerstört und versucht ein auf Lügen aufgebautes radikales wirtschaftliches System zu installieren.

    Das hat in der Geschichte noch nie funktioniert.

  • "....er wolle „lieber tot im Graben“ liegen, als eine Verschiebung der Brexit-Frist zu beantragen...."



    #



    Dann hoffen wir mal, das der "Rettungsdienst" früh genug kommt & es dem NHS (der dann ja vor Geld nicht mehr ein noch aus weiß) gelingt das schlimmste zu verhindern!



    Soviel "persönlichen Einsatz" sollte man BoJo doch nicht zumuten.



    .



    Sitz- oder Hungerstreik vor Downingstreet 10 reichen mMn. allemal aus!



    BoJo sollte vielleicht mal die engl Kolonial-Geschichte bemühen, Gandi hat auf Sicht gegenüber dem Empire gewonnen!(1)



    .



    Gr Sikasuu



    (1) Wenn man den sein Ende (gegen Irre&Gewalttäter gibt es leider keine Sicherung) ausklammert:-(

  • Und spätestends jetzt dürfte auch der letzte Brite und Europäer begriffen haben dass egal im welchen Parlament ob GB, EU oder sonstwo nur machtgeile alte Menschen sitzen die das Geld der Steuerzahler freudig verprassen.

  • Und, am Ende werde die einfachen Menschen wieder leiden, weil die Politik wieder völlig versagt. Traurig, einfach traurig.