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Streit um Bau der ElbphilharmonieHochtief hat die Hosen voll

Das Hamburger Prestigeprojekt ist nun auch im Baukonzern umstritten. Interne Kritiker monieren, die Verträge seien zu riskant.

Baustelle bis mindestens 2017. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Verträge zur Fertigstellung der Hamburger Elbphilharmonie sorgen nun auch im Bauunternehmen Hochtief für Unmut. Vor der Hauptversammlung des größten europäischen Baukonzerns am Dienstag in Essen soll es interne Kritik an den Vereinbarungen zwischen der Stadt Hamburg und Hochtief geben. Diese hatte der seit sechs Monaten amtierende Vorstandschef Marcelino Fernández in den Grundzügen persönlich mit Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ausgehandelt.

„Früher hätte man uns so einen Vertrag um die Ohren gehauen“, zitiert jetzt die Wirtschaftswoche einen Hochtief-Manager. „Die Garantien, die wir da übernehmen, sind hochriskant. Niemand kann heute sagen, in welcher Höhe Hochtief dafür zahlen muss.“

Der Konzern übernimmt für einen „Globalpauschalfestpreis“ von 575 Millionen Euro Garantien für alles, was noch zu bauen und zu planen ist, sowie für eine externe Qualitätssicherung und den Übergabetermin Oktober 2016. Für die Stadt erhöhen sich die Kosten dadurch um weitere 195 Millionen Euro.

Einschließlich aller weiteren Nebenkosten und den Leistungen Dritter wird Hamburg damit insgesamt 789 Millionen Euro berappen müssen. Verpasst Hochtief Zwischentermine, kann die Stadt sofort kündigen und erhält bei Mängeln Geld zurück.

Bürgermeister Scholz: „Wir haben keinerlei Risiken mehr“

„So einen Vertrag gibt es nicht nochmal“, schwärmte Scholz trotz der hohen Kosten vor zwei Wochen, als er die Verträge präsentierte: „Wir haben keinerlei Risiken mehr.“ Das sehen jedoch nicht alle so: „Von einmalig wasserdichten Verträgen hat Ole von Beust 2006 auch geschwärmt“, warnt Norbert Hackbusch, Haushaltspolitiker der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft: „Wie toll die neuen Verträge sind, zeigt sich erst im Konfliktfall.“

Seit eineinhalb Jahren ruhen die Arbeiten an dem 110 Meter hohen Konzerthaus mit der spektakulären Glasfassade direkt im Hamburger Hafen. Im Dezember 2003 hatte der damalige Senat unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) den Bau beschlossen. 2005 wurden die Kosten auf 186 Millionen Euro veranschlagt, davon 77 Millionen als öffentlicher Anteil. Im April 2007 begann der beauftragte Konzern Hochtief mit den Arbeiten, die Fertigstellung war für Herbst 2010 vorgesehen.

Nach dem jetzigen Zeitplan soll die Bürgerschaft bis Ende Juni den Verträgen zustimmen, damit ab Juli wieder gebaut werden kann. Die Eröffnungsfeierlichkeiten sollen in genau vier Jahren über die Bühne gehen – im Frühjahr 2017.

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8 Kommentare

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  • SG
    Schmidt Georg

    naja, nicht vergessen-es wurden-wie beim BER laufend Nachbesserungen und Änderungswünsche nachgereicht, natürlich nur dass allerbeste-allerfeinste-da wird schnell mal eine Wand wieder rausgerissen oder ein paar Pfeiler erneuert, oder das Glas passt nicht usw, nehmen wir den Berliner Bahnhof-Mehdorn hat ihn komplett verändert, kürzer ? gemacht, die Bauausführenden liefen Sturm, nix zu machen-der Herr bestimmte,

  • W
    willibald

    Zitat: "Wir haben keinerlei Risiken mehr!"

     

    Na Genosse Scholzomat, wenn du da mal nicht etwas zu früh jubilierst, man sollte bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend loben.

    Wenn es darum ging, dem Parteifußvolk ein X für ein U vorzumachen, waren die die alte spd und ihre willigen Vollstrecker ja schon immer Spitzenklasse.

    Siehe, u.a., den Personenkult um den Genossen Gerd und das von ihm verschuldete Hartz-IV-Elend ...

  • SG
    Schmidt Georg

    PS Olympiadach München, für die Erstellung wurden 5 Kräne entwickelt, ich war mal auf einer Baustelle, da wurde so ein Kran aufgebaut, so ein Monstrum sieht man nicht alle Tage, ob man die Kosten durch Vermietung rein bekam ??

  • SG
    Schmidt Georg

    falsch, das Münchner Olympiadach war mit 17 Millionen DM veranschlagt, hat aber dann letztendlich 177.000.000 DM gekostet, der Architekt wollte 17.000.000 DM Honorar, man einiget sich dann auf 14.000.000 DM, also bitte nicht sich Illussionen hingeben ! und wenn man die 177.000.000 DM auf die heutige Zeit umrechnet, Lohn-Lebenshaltungskosten dürfte man locker auf eine Summe von 200.000.000€ kommen!

  • B
    bau

    das gibt es schon seit einigen jahren/jahrzehnten und heisst einfach vertragsstrafe: es werden konditionen (termine) ausgehandelt, wenn diese nicht eingehalten werden, muss die firma strafe zahlen. ganz einfach und normaler ablauf unter verantwortungsbewussten baubeteiligten.

    übrigens auch kein problem für eine seriöse firma. denn wenn es verzögerungen gibt, für die die firma nichts kann, wird sie auch nicht zur verantwortung gezogen. nur, wenn es ihre verantwortung ist, steht sie in der pflicht.

    dass die stadt hamburg dafür aber noch knapp 800 millionen draufzahlt ist absolut unnötig. und wiederum eine verschwendung von steuergeldern.

    ich persönlich habe einmal bei einem bauprojekt (in berlin) mit hochtief gerabeitet und kann nur sagen, dass hochtief so korrupt sind, wie es das deutsche gesetzt zulässt. manchmal auch noch darüber hinaus.

    bei dem projekt in berlin kam die bauleitung hochtief auf die schliche. dann musste der vertrag/die betriebsinterne kostenkalkulation von hochtief offengelegt werden. und als nun ihr spiel aufgeflogen war, ist hochtief sofort selbst aus dem vertrag ausgestiegen. sie wären nur geblieben, hätten sie bauleitung und bauherrschaft über den tisch ziehen können.

    hochtief wird niemals etwas tun, womit sie nicht immens viel verdienen. bei hochtief gibt es eine ganze rechtsabteilung, die nur gesetzeslücken sucht und mit tricks den bauherren und -damen das geld aus der tasche zieht. das hat wohl auch schon ganz gut in hamburg geklappt. und wenn sie 800 millionen zusätzlich dafür bekommen, dass sie eigentlich nur das tun, für was sie schon bezahlt wurden, haben sie mal wieder erfolgreich jemanden reingelegt. und das gejammer ist natürlich programm: so verschleiern sie, dass sie einen sehr guten deal gemacht haben. und der bürgermeister hat das gefühl, besonders schlau zu sein. aber er wurde nur besonders gekonnt betrogen.

    gegenmittel (wie auch beim BER): gute fachleute (Bauherren/-damen Stadverwaltung und Bauleitung), die ihre arbeit machen und dafür sorgen, dass andere auch ihre arbeit machen. dafür gibt es genug rechtsgrundlagen.

  • D
    dauermecker

    Die Preisentwicklung bei der Elbphilharmo(!)-nie passt doch ins sattsam bekannte Bild: erst werden Billiglösungen durchs Parlament gepaukt, um die durchschnittlich begabten Rechnungsprüfer zu beruhigen, dann werden - kaum muss der ersten "Spaten" in die Hand genommen werden - allerlei unvorsehbare Risiken "plötzlich" entdeckt, damit die Parlamente im PSEUDO-ZUGZWANG Gelder wie beim Zockerspiel drauflegen. Der Fall der Hamburger Baupolitik ist aber mehr als typisch, es ist eine unmoralische Sauerei, weil jeder weiß, dass dort in Zukunft staatlich hochsubventionierte Musik für die High Society gespielt wird.

  • G
    grafzahl

    Hallo,

     

    kann mal jemand die Zahlen überprüfen. Das stimmt doch hinten und vorn nicht. Woher will Hamburg knappe 800 Millionen nehmen? Einst waren es 77 Millionen? Was denn nun: Hamburg muss wie viel bezahlen? Und überhaupt...

     

    Oder bin ich verdreht?

  • F
    friedbert

    Wer sagt der taz, Hamburg und HochTief,

    dass die Elbphilharmony überhaupt keine

    spektakuläre Glasfassade hat.

    Eine halbwegs spektakuläre Glasfassade

    hatte das Münchner Olympiastadion

    in Zeltkonstruktionsweise oder die

    BayernArena, und die waren noch einigermaßen

    preiswert zu bekommen. Ein paar Glasbögen auf dem

    Dach und ein bißchen Bunkerbau über Wasser sind läppisch.

    Worin soll hier ein Fortschritt gegenüber

    den Baudenkmälern der Arabischen Emirate liegen??

    Worin soll die Eleganz der bildenden Künste

    der europäischen Klassizismus und Jugendstils

    übertroffen werden? Das ist nichts mit Seele!

    Jeder Hauptbahnhof ist technisch anspruchsvoller

    und mindestens 50 Shoppingmalls in Deutschland ebenso "spektakulär",

    wie dieses vermeintliche "Bauwunder", teuer, pseudo,

    langweilig-mehr nicht! Kein Spiel der Kulturepochen,

    keine bildende Kunst verwirklicht, keine

    bautechnische oder architektonische Innovation

    erstmal realisiert! Anspruch und Wirklichkeit

    klaffen wirklich weit auseinander!