Streit um Bankdaten für die USA: Cohn-Bendit attackiert Barroso
Der Grüne Cohn-Bendit verlangt, das EU-Parlament ins Verfahren zur Weitergabe von Bankdaten einzubinden. Kommissionspräsident Barroso muss das nicht, weil der Lissabon-Vertrag noch nicht in Kraft ist.
BERLIN dpa | In der Debatte um das Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten europäischer Kunden an die USA hat der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, den Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, kritisiert. Er forderte Barroso auf, die EU-Volksvertreter in das Vorhaben einzubinden oder die Pläne sofort zu stoppen.
"Sonst wird es einen Riesen-Putsch im Parlament geben. Barroso spielt mit dem Feuer", sagte Cohn-Bendit der Berliner Zeitung. Er fügte hinzu: "Es wird immer klarer, dass Barroso das Parlament nicht ernst nimmt."
Die EU-Kommission braucht das Mandat der 27 Mitgliedsstaaten, um mit den USA ein vorläufiges Abkommen zur weiteren Nutzung europäischer Bankdaten auszuhandeln. Die Kommission und die USA halten die Überwachung von Bankdaten für nötig, um Erkenntnisse über die Finanzierung von Terrornetzwerken zu gewinnen. Die EU-Botschafter hatten bereits vergangene Woche grünes Licht dafür gegeben.
Hintergrund ist, dass der Finanzdienstleister Swift ("Society of Worldwide Interbank Financial Telecommunications") seinen Hauptserver aus den USA nach Europa verlagert, und so den US-Zugriff auf die Bankdaten europäischer Kunden eigentlich erschweren wollte. In der Swift-Datenbank sind Überweisungsdaten von 8000 Banken aus mehr als 200 Ländern gespeichert.
Der US-Geheimdienst CIA greift seit den Anschlägen vom 11. September 2001 auf diese Daten zu. Die Kommission betont, im Kampf gegen den Terror müssten Sicherheitslücken vermieden werden. Auch in der Bundesregierung hieß es, Finanzwege von Terrornetzwerken müssten stillgelegt werden.
Datenschützer und Politiker von den Linken bis zur CSU hatten sich bereits am Wochenende empört über die Pläne geäußert. Abgeordnete des Bundestags und des Europaparlaments forderten die Bundesregierung auf, das geplante vorläufige Abkommen der EU-Kommission mit den USA zu verhindern. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) müsse bei dem Treffen mit seinen Amtskollegen am Montag in Brüssel das von der EU-Kommission gewünschte Verhandlungsmandat ablehnen.
Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin sagte der Berliner Zeitung: "Es ist vollkommen unverhältnismäßig und überzogen, dass die Bankdaten ohne jeden Tatverdacht übermittelt werden sollen. Dass die EU diese pauschale Ausspähung zulassen will, darf nicht akzeptiert werden." Die Bundesregierung dürfe "diesem Angriff auf die Grundsätze des Datenschutzes auf keinen Fall zustimmen".
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